Kleine Anfrage 4007
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Erneute Unterstützung des CLAIM-Netzwerks durch das Integrationsministerium – Hat die Landesregierung aus einer ähnlichen Kampagne des Jahres 2020 mit dem damaligen Integrationsminister Dr. Joachim Stamp (FDP) und der Staatssekretärin Serap Güler (CDU) nichts gelernt?
Am 24.06.2020 postete das damalige Integrationsministerium (MKFFI) auf Facebook die Unterstützung einer Aktionswoche der Organisation CLAIM mit dem Thema „antimuslimischer Rassismus“.1 In dem Post waren auf einem Bild die Staatssekretärin Serap Güler (CDU) und der Integrationsminister Dr. Joachim Stamp (FDP) zu sehen, ausgestattet mit einem Schild, das die Aufschrift „Heute wieder“ trug. So machten sie in ihrer Funktion als Staatssekretärin bzw. Integrationsminister Werbung für die Aktionswoche von CLAIM.
Recherchen ergaben damals bei mehreren Organisationen, die dem CLAIM-Netzwerk angehörten, Bezüge zu islamistischen bzw. muslimbrudernahen Organisationen. Dazu zählt insbesondere die Muslimische Jugend in Deutschland (MJD).2 Im Verdacht standen seinerzeit auch Ramsa und Inssan.3 Auch die Landesregierung führte seinerzeit in ihrer Antwort auf unsere Kleine Anfrage aus: „Von 37 Organisationen, die am Netzwerk CLAIM teilnehmen, weisen drei Bezüge zu vom Verfassungsschutz beobachteten Personenzusammenschlüssen auf.“ In der Antwort auf eine Nachfrage hieß es dann von Seiten der Landesregierung: „In Bezug auf drei Mitgliedsorganisationen im CLAIM-Netzwerk gibt es Anhaltspunkte für Bezüge zur Muslimbruderschaft.“
Zwei der zuvor drei genannten Organisationen sind auch vier Jahre später noch Teil des CLAIM-Netzwerks.
Trotz dieser Vorgeschichte machte das Ministerium für Flucht und Integration am 19.06.2024 u. a. auf seiner Facebook-Seite Werbung für eine ähnliche Kampagne wie zuvor 2020. So heißt es dort:
„Antimuslimischer Rassismus ist ein ernstzunehmendes Problem. Er ist leider in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet und für viele Menschen in unserem Bundesland Alltag. Aus der Community erfahren wir, dass sich viele Menschen unsicher und schutzlos fühlen. Einige empfinden auch eine zunehmende Resignation. Bundesweit sind antimuslimische Straftaten im vergangenen Jahr um 140 Prozent gestiegen. Mit den Aktionswochen gegen antimuslimischen Rassismus vom 17. Juni bis zum 1. Juli machen Organisationen, Gesellschaft und Politik nun auf diese demokratiefeindliche Entwicklung aufmerksam. Mit der „#AllianzgegenHass“ stellen wir uns klar gegen antimuslimischen Rassismus und jegliche Form der Diskriminierung und Hetze. Schaut nicht weg! Rassismus darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.“
Nicht nur wird hier erneut ein Begriff des legalistischen Islams genutzt,4 der dazu dienen soll, jegliche – auch legitime – Kritik am Islam zu unterdrücken und zu kriminalisieren, auch die Allianz der Landesregierung mit dem CLAIM-Netzwerk wird hier offenbar erneuert. Die Internetseite https://www.allianzgegenhass.de/ verweist eindeutig auf das CLAIM-Netzwerk. Wie seinerzeit Serap Güler (CDU) im Jahr 2020 beteiligt sich mit Gonca Türkeli-Dehnert (CDU) erneut eine Staatssekretärin der NRW-Landesregierung an der Kampagne. Von Seiten der SPD ist an prominenter Stelle insbesondere erneut der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh vertreten.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele Organisationen, die derzeit am Netzwerk CLAIM teilnehmen, weisen Bezüge zu vom Verfassungsschutz beobachteten Personenzusammenschlüssen bzw. Anhaltspunkte für Bezüge zur Muslimbruderschaft auf?
- Warum ignoriert die Landesregierung – belegt durch ihre erneute Teilnahme an einer Kampagne und trotz der Erkenntnisse des Jahres 2020 – die islamistischen Bezüge bei einzelnen Mitgliedern des CLAIM-Netzwerks?
- Warum schafft es die Landesregierung offenbar nicht, gegen islamfeindliche Straftaten vorzugehen, ohne mit umstrittenen Organisationen zusammenzuarbeiten?
- Wann wird sich die Landesregierung endlich kritisch mit dem Begriff „antimuslimischer Rassismus“ auseinandersetzen,5 um nicht länger dem bewussten Framing des legalistischen Islam aufzusitzen?
- In welchem Umfang haben Mitgliedsorganisationen des CLAIM-Netzwerks seit 2020 Fördermittel aus dem Landeshaushalt bzw. (so bekannt) aus dem Bundes- oder aus kommunalen Haushalten erhalten, beispielsweise über das Programm „Demokratie Leben“? (Bitte im Detail ausführen)
Enxhi Seli-Zacharias
1 Vgl. Lt.-Drucksachen 17/10672; 17/11593 und 17/12708
3 Vgl. https://fowid.de/meldung/islamischer-lobbyismus
4 Vgl. https://www.cicero.de/innenpolitik/bildung-schule-islamismus-islam-rassismus
5 Ebd.
Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 4007 mit Schreiben vom 30. Juli 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
CLAIM bildet eine gesellschaftlich breite Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Das Netzwerk CLAIM setzt sich für ein offenes und gleichberechtigtes Miteinander auf Basis der freiheitlich demokratischen Grundordnung ein. Grundlage und Richtschnur der Arbeit von CLAIM bilden die allgemeinen Menschenrechte und das deutsche Grundgesetz. Alle Mitglieder des Netzwerks erkennen diese Grundlage für eine Zusammenarbeit mit CLAIM an und verpflichten sich mit ihrem Eintritt in die Allianz in einer schriftlichen Erklärung zu diesen Grundsätzen.
Mit Unterstützung der diesjährigen Kampagne von CLAIM im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche gegen Muslimfeindlichkeit positioniert sich die Landesregierung entschieden gegen jegliche Formen von Rassismus, Antisemitismus, Hass und Hetze und für ein respektvolles, friedliches und demokratisches Zusammenleben.
- Wie viele Organisationen, die derzeit am Netzwerk CLAIM teilnehmen, weisen Bezüge zu vom Verfassungsschutz beobachteten Personenzusammenschlüssen bzw. Anhaltspunkte für Bezüge zur Muslimbruderschaft auf?
- Warum ignoriert die Landesregierung – belegt durch ihre erneute Teilnahme an einer Kampagne und trotz der Erkenntnisse des Jahres 2020 – die islamistischen Bezüge bei einzelnen Mitgliedern des CLAIM-Netzwerks?
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz liegen weiterhin keine Erkenntnisse vor, dass das CLAIM-Netzwerk islamistisch beeinflusst wird. Im Übrigen wird auf die Antworten zur Frage 2 der Kleinen Anfrage 361 vom 29.09.2022 (LT-Drs. 18/1085) sowie zur Frage 2 der Kleinen Anfrage 530 vom 07.11.2022 (LT-Drs.18/1505) verwiesen.
- Warum schafft es die Landesregierung offenbar nicht, gegen islamfeindliche Straftaten vorzugehen, ohne mit umstrittenen Organisationen zusammenzuarbeiten?
Eine Zusammenarbeit mit extremistischen Organisationen ist nicht erfolgt. Straftaten werden – unabhängig von dem zugrundliegenden Tatmotiv – gemäß §§ 152 Absatz 2, 160 Absatz 1 der Strafprozessordnung durch die Staatsanwaltschaften und deren Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) verfolgt.
- Wann wird sich die Landesregierung endlich kritisch mit dem Begriff „antimuslimischer Rassismus“ auseinandersetzen, um nicht länger dem bewussten Framing des legalistischen Islam aufzusitzen
Die Landesregierung benutzt Begriffe sachgerecht und erkennt die Argumentationsmuster von Extremisten. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Nachfragen 1-3 zu der Kleinen Anfrage 341, LT-Drs. 18/956, der Großen Anfrage 23, LT-Drs. 18/9680, verwiesen.
- In welchem Umfang haben Mitgliedsorganisationen des CLAIM-Netzwerks seit 2020 Fördermittel aus dem Landeshaushalt bzw. (so bekannt) aus dem Bundesoder aus kommunalen Haushalten erhalten, beispielsweise über das Programm „Demokratie Leben“? (Bitte im Detail ausführen)
Zur Förderung von Mitgliedsorganisationen des CLAIM-Netzwerks aus Mitteln des Landeshaushalts wird auf die anliegende Übersicht (Anlage 1) verwiesen. Im Hinblick auf zwei darin aufgeführte Organisationen wird neben der Zuwendung aus Landesmitteln auch die gleichzeitige Zuwendung aus Bundesmitteln aufgeführt. Kenntnisse über weitere Mitgliedsorganisationen des CLAIM-Netzwerks, die über Bundesmittel oder über Mittel aus kommunalen Haushalten gefördert wurden, liegen der Landesregierung nicht vor.