Erreicht die Strategie der 1.000 Nadelstiche gegen Clankriminalität auch die Justiz in Nordrhein-Westfalen?

Kleine Anfrage
vom 26.08.2019

Kleine Anfrage 2895des Abgeordneten Thomas Röckemann vom 26.08.2019

 

Erreicht die Strategie der 1.000 Nadelstiche gegen Clankriminalität auch die Justiz in Nordrhein-Westfalen?

Auf die Gefährdungslage im Bereich der sogenannten „Clan-Kriminalität“ wird durch die Landesregierung seit geraumer Zeit ein besonderes Augenmerk gelegt.

So bewirbt Herr Innenminister Reul seit Jahresbeginn das Vorgehen gegen Clanstrukturen mit den Schlagwörtern der „null Toleranz“ sowie der „Strategie der 1.000 Nadelstiche“.

Das LKA NRW definiert hierbei „Clankriminalität“ als „die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte Begehung von Straftaten unter Beteiligung Mehrerer, wobei in die Tatbegehung bewusst die gemeinsame familiäre oder ethnische Herkunft als verbindende, die Tatbegehung fördernde oder die Aufklärung der Tat hindernde Komponente einbezogen wird und die Tatbegehung von einer fehlenden Akzeptanz der deutschen Rechts- und Werteordnung geprägt ist, sowie die Straftaten einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind.“

Das Innenministerium veröffentlichte durch das LKA NRW ein Lagebild NRW 2018 zur Clankriminalität. Dabei wurden für den Zeitraum von 2016 bis 2018 insgesamt 104 türkisch­arabische Familienclans identifiziert. Ferner wurden 6.449 Tatverdächtigen insgesamt 14.225 Straftraten zugeordnet.

Auch wurde dem Innenausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen am 03.07.2019 der Abschlussbericht des vom LKA NRW im Zeitraum von 2016 bis 2018 durchgeführten Analyseprojekts „Kriminalitäts- und Einsatzbrennpunkte geprägt durch ethnisch abgeschottete Subkulturen“ (KEEAS) vorgelegt. Ziel des Projekts war es, bereits bestehende Auswertungsschwerpunkte zum Thema Familienclans zu erweitern und dieses Phänomen und die Verflechtungen von Angehörigen türkisch-arabischer Großfamilien hinsichtlich ihrer Bedeutung und der Auswirkungen auf die tägliche polizeiliche Einsatzwahrnehmung und Kriminalitätsbekämpfung zu analysieren.

Der Abschlussbericht des Analyseprojekts KEEAS kommt hierbei zu der Schlussfolgerung, dass das „unmissverständliche Signal an die kriminellen Clanangehörigen […] nicht mit dem Polizeieinsatz enden [darf]. Die gerichtliche Hauptverhandlung muss zeitnah stattfinden.“

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden innerhalb der letzten 5 Jahre gegen Clanmitglieder eingeleitet?

2. Wie viele, dieser unter Punkt 1. bezeichneten, Ermittlungsverfahren wurden eingestellt? (Bitte auflisten nach Einstellungsgrund)

3. Bei wie vielen, dieser unter Punkt 1. bezeichneten, Ermittlungsverfahren wurde das Hauptverfahren eröffnet? (Bitte auflisten nach Zeitansatz vom Beginn des Ermittlungsverfahrens bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens)

4. Wie viele, dieser unter Punkt 3. bezeichneten, Hauptverfahren wurden durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossen? (Bitte auflisten nach Deliktsart, Strafmaß bzw. Freispruch)

5. Wie viele, dieser unter Punkt 3. bezeichneten, Hauptverfahren wurden eingestellt? (Bitte auflisten nach Einstellungsgrund)

Thomas Röckemann

 

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Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 23.09.2019

 

Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2895 mit Schreiben vom 23. September 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

1. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden innerhalb der letzten fünf Jahre gegen Clanmitglieder eingeleitet?

2. Wie viele, dieser unter Punkt 1. bezeichneten, Ermittlungsverfahren wurden eingestellt? (Bitte auflisten nach Einstellungsgrund)

3. Bei wie vielen, dieser unter Punkt 1. bezeichneten, Ermittlungsverfahren wurde das Hauptverfahren eröffnet? (Bitte auflisten nach Zeitansatz vom Beginn des Ermittlungsverfahrens bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens)

4. Wie viele, dieser unter Punkt 3. bezeichneten, Hauptverfahren wurden durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossen? (Bitte auflisten nach Deliktsart, Strafmaß bzw. Freispruch)

5. Wie viele, dieser unter Punkt 3. bezeichneten, Hauptverfahren wurden eingestellt? (Bitte auflisten nach Einstellungsgrund).

Die Fragen werden zusammen beantwortet:

Eine gesonderte und umfassende statistische Erfassung gegen Clanmitglieder geführter Ermittlungs- und Strafverfahren erfolgt durch die Staatsanwaltschaften und Gerichte in Nordrhein-Westfalen nicht. Eine über das Lagebild Clankriminalität hinausgehende statistische Erfassung, insbesondere über einen Zeitraum von fünf Jahren, liegt der Polizei NRW nicht vor. Die nach Maßgabe der im Lagebild Clankriminalität NRW 2018 aufgestellte Definition des Begriffs Clankriminalität bietet für den dort erfassten Zeitraum von 2016 bis 2018 aufgrund der darin nur auf einen Teilausschnitt des Kriminalitätsphänomens begrenzten Datenauswertung im Übrigen noch keine valide Grundlage für eine umfassende Beantwortung der Fragen.

 

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