Ethik und Moral in der ärztlichen Ausbildung müssen gewahrt bleiben, Schwanger-schaftsabbrüche nicht zu verbindlichen Bestandteilen der Medizinstudiums machen.

Antrag
vom 17.10.2023

Antrag

der Fraktion der AfD

Ethik und Moral in der ärztlichen Ausbildung müssen gewahrt bleiben, Schwanger­schaftsabbrüche nicht zu verbindlichen Bestandteilen der Medizinstudiums machen.

I. Ausgangslage

Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im Jahr 2022 mit rund 104 000 gemeldeten Fällen um 9,9 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen, hiervon entfielen allein auf Nordrhein-Westfalen 22 558.1 Im 2. Quartal 2023 wurden rund 26 700 Schwangerschaftsab­brüche in Deutschland gemeldet, somit nahm die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche im 2. Quartal 2023 gegenüber dem 2. Quartal 2022 um weitere 4,5 % zu. Damit setzte sich der seit dem 1. Quartal 2022 beobachtete Anstieg im Vorjahresvergleich fort.2

96,2 Prozent der Schwangerschaftsabbrüche im Jahr 2022 fanden nach der Beratungsrege­lung statt, was bedeutet, es lagen weder medizinische noch kriminologische Indikationen vor. Den sozioökonomischen Hintergrund und der psychosozialen Situation der Frau ungeachtet handelt es sich also um einen Eingriff ohne medizinische Notwendigkeit.

Hinzu kommt, dass es kaum einen Bereich in der Medizinethik gibt, der so kontrovers diskutiert wird wie der Tatkomplex des Schwangerschaftsabbruchs. Täuschen die Fallzahlen der ver­gangenen Jahre einen Routineeingriff vor, so handelt es sich primär noch immer um einen strafrechtlich relevanten Fall. So ist der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland noch immer rechtswidrig, sofern er nicht aufgrund medizinischer oder kriminologischer Indikation stattfin­det, unter bestimmten Voraussetzungen jedoch straffrei.

In seinem Urteil vom 28. Mai 1993 äußerte das Bundesverfassungsgericht, dass die „Men­schenwürde […] schon dem ungeborenen menschlichen Leben“ zukomme.3 Das „Lebens­recht“ komme „Ungeborenen schon aufgrund seiner Existenz“ zu und sei „das elementare und unveräußerliche Recht“.4 Das „Untermaßverbot“ lasse es „nicht zu, auf den Einsatz auch des Strafrechts und die davon ausgehende Schutzwirkung frei zu verzichten“.5 Danach sei „das Strafrecht regelmäßig der Ort, das grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs und die darin enthaltene grundsätzliche Rechtspflicht der Frau zum Austragen des Kindes gesetz­lich zu verankern“.6

Ungeachtet dessen plant die Bundesregierung die Durchführung von Schwangerschaftsab­brüchen zum verbindlichen Bestandteil des Medizinstudiums zu machen. Das erklärte die Bun­desregierung in einer im September 2023 veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Dort heißt es, dass mit der derzeit laufenden Reform der Approbationsordnung für Ärzte der sogenannte Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog Medizin (NKLM) ver­bindlich für das Medizinstudium werden solle.7

Hier werden angehende Mediziner in eine äußerst prekäre Lage gebracht. Die Bundesregie­rung möchte Studenten entgegen ihrer ethischen und moralischen Überzeugungen dazu zwin­gen, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen, sofern sie den Beruf des Mediziners erlernen möchten. Zwar stellt die Bundesregierung klar, dass die Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) es bereits jetzt ermöglicht, dass der Schwangerschaftsabbruch im Medizinstudium gelehrt wird. Für die konkrete Ausgestaltung der Curricula seien jedoch die Länder und dort die medizinischen Fakultäten zuständig. Für die ärztliche Weiterbildung sind ebenfalls die Bun­desländer zuständig, welche ihre Zuständigkeit weitestgehend auf die Ärztekammern übertra­gen haben.8

Gleichwohl die Durchführung eines solchen Eingriffs im Fachbereich der Frauenheilkunde durchaus gerechtfertigt sein kann, so stellt es sich als mindestens fragwürdig dar, ob Studen­ten in anderen Fachbereichen die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches zumutbar ist.

Sinn und Zweck der ärztlichen Ausbildung ist es, den Studierenden grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in allen Fächern zu vermitteln, die für eine umfassende Gesund­heitsversorgung der Bevölkerung erforderlich sind.9 Hierzu zählt eben nicht, ungeborenes Le­ben zu beenden, vielmehr sollte es jedem angehenden Mediziner freigestellt sein, ob und in welchem Umfang er sich mit dem Themenkomplex der Schwangerschaftsabbrüche auseinan­der setzen möchte. Die verpflichtende Auseinandersetzung soll im Schwerpunktbereich belas­sen bleiben. Der verantwortungslose Umgang in der Gesellschaft mit dem Thema Ge­schlechtsverkehr und Verhütung darf nicht zulasten der moralischen Wertevorstellungen der Medizinstudenten abgewogen werden.

II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. die in Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes niedergeschriebene „Würde des Menschen“ auch für Ungeborene anzuerkennen und staatlichem Handeln zugrunde zu legen;
  2. gemeinsam mit den medizinischen Fakultäten des Landes Nordrhein-Westfalen Lehr­pläne zu erstellen, in welchen Schwangerschaftsabbrüche explizit in den Schwerpunkt­bereich der Frauenheilkunde implementiert werden und nicht verpflichtend im allgemei­nen Studium gelehrt werden;
  3. sich dafür einzusetzen, dass, wie beim Beispiel der Berufsordnung der Ärztekammer Niedersachsen, Schwangerschaftsabbrüche ausschließlich von Fachärzten für Frauen­heilkunde übernommen werden dürfen.

Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith

und Fraktion

 

MMD18-6377

 

1 https://www.it.nrw/statistik/eckdaten/schwangerschaftsabbrueche-647

2 Destatis Pressemitteilung Nr. 358 vom 11. September 2023

3 BVerfGE 88, 203, Randnummer 151

4 ebd., Randnummer 151

5 ebd., Randnummer 168).

6 ebd., Randnummer 171

7 https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/abtreibung-soll-verbindliches-thema-im-medizinstudium-wer-den-19184923.html

8 https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/146072/Schwangerschaftsabbruch-soll-Eingang-in-Lernziel-katalog-finden

9 vgl. § 1 Absatz 1 Satz 2 Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO)