Extremistische Bestrebungen und Sicherheitsgefahren unter Migranten aus dem Jemen in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage
vom 11.11.2024

Kleine Anfrage 4749

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD

Extremistische Bestrebungen und Sicherheitsgefahren unter Migranten aus dem Jemen in Nordrhein-Westfalen

Der anhaltende Konflikt im Jemen, in dem die Huthi-Rebellen eine zentrale Rolle spielen, stellt eine ernste sicherheitspolitische Herausforderung dar. Die Huthi-Bewegung, die Unterstützung aus dem Iran erhält, wird sowohl für die gewaltsame Kontrolle großer Landesteile als auch für extremistische und anti-westliche Propaganda verantwortlich gemacht. Aufgrund der Unterstützung durch den Iran und ihrer eigenen radikalisierten Ideologie übt die Bewegung nicht nur im Jemen, sondern auch international einen zunehmenden Einfluss aus. In der Vergangenheit gab es Berichte, dass die Huthis versuchen, auch im Ausland Unterstützer zu gewinnen, um ihre Ziele propagandistisch und logistisch zu fördern. Dies wirft sicherheitspolitische Fragen hinsichtlich einer potenziellen Einflussnahme auf in Deutschland lebende Personen jemenitischer Herkunft auf, die möglicherweise in Verbindung mit den Huthi-Rebellen stehen könnten.

Angesichts der angespannten Lage im Nahen Osten und der Rolle der Huthi-Bewegung stellt sich die Frage, ob in Nordrhein-Westfalen unter den seit 2017 eingereisten jemenitischen Staatsangehörigen Anhänger oder Unterstützer der Huthi-Rebellen existieren, die extremistische oder staatsgefährdende Aktivitäten entfalten könnten.

In diesem Zusammenhang fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie viele Personen jemenitischer Herkunft sind seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist?
  2. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen über extremistische oder staatsgefährdende Aktivitäten von Personen jemenitischer Herkunft vor, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind?
  3. Welche Informationen liegen der Landesregierung darüber vor, ob unter den Personen aus dem Jemen, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind, Kontakte zu den Huthi-Rebellen oder deren Netzwerken bestehen?
  4. Inwiefern hat die Landesregierung Erkenntnisse über die Teilnahme von Personen jemenitischer Herkunft, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind, an Demonstrationen und Aktionen, bei denen zu Gewalt gegen andere Staaten (z. B. Israel) bzw. zur Unterstützung der Huthi-Rebellen aufgerufen wurde?
  5. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über mögliche organisierte kriminelle Strukturen unter Personen jemenitischer Herkunft, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind?

Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner

 

MMD18-11383


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4749 mit Schreiben vom 24. Januar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten,
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben,
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden und/oder
  • gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Haltung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorurteilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Objekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.

Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a, 234b oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch erfasst, weil sie Staatsschutzdelikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

  1. Wie viele Personen jemenitischer Herkunft sind seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist?

Das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als Registerbehörde geführte Ausländerzentralregister als maßgebliche Datenbank liefert keine Verlaufszahlen zu Einreisen von Drittstaatsangehörigen. Entsprechend liegen der Landesregierung keine Daten im Sinne der Fragestellung vor. Im Übrigen obliegt die Kontrolle aus dem Ausland einreisender Personen der Bundespolizei. Zum Stichtag 30.09.2024 waren in Nordrhein-Westfalen laut Ausländerzentralregister insgesamt 916 Personen mit jemenitischer Staatsangehörigkeit registriert.

  1. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen über extremistische oder staatsgefährdende Aktivitäten von Personen jemenitischer Herkunft vor, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind?

Im Rahmen des KPMD-PMK wird die Staatsangehörigkeit ermittelter Tatverdächtiger zum Zeitpunkt der Tatbegehung erfasst. Nicht erfasst werden hingegen die Herkunft und der Einreisezeitpunkt des Tatverdächtigen in die Bundesrepublik Deutschland.

Seit dem 01.01.2015 bis zum 15.11.2024 wurde eine Straftat von einem Tatverdächtigen mit jemenitischer Staatsangehörigkeit statistisch erfasst. Diese statistische Erfassung umfasst auch Tatverdächtige, die vor dem 01.01.2015 eingereist sind oder von Geburt an in Deutschland leben.

Personen mit jemenitischem Migrationshintergrund sind in Nordrhein-Westfalen nur vereinzelt in islamistischen Gruppierungen aktiv.

Eine abschließende systematische Erfassung des Einreisezeitpunktes des durch die Fragesteller in Bezug genommenen extremistischen Personenpotenzials erfolgt nicht, so dass eine Beantwortung im Sinne der Fragestellung nicht möglich ist.

Im Übrigen wird auf die Darstellung im „Lagebild Islamismus“ (LT-Vorlage 18/2551, S. 49) sowie den Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2023 (LT-Vorlage 18/2489, S. 246 f.) verwiesen.

  1. Welche Informationen liegen der Landesregierung darüber vor, ob unter den Personen aus dem Jemen, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind, Kontakte zu den Huthi-Rebellen oder deren Netzwerken bestehen?

Im Rahmen der polizeilichen statistischen Erfassung findet kein Monitoring hinsichtlich etwaiger Kontakte oder Netzwerkverbindungen von Personen aus dem Jemen, die nach Deutschland eingereist sind, statt.

Ergänzend wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen.

  1. Inwiefern hat die Landesregierung Erkenntnisse über die Teilnahme von Personen jemenitischer Herkunft, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind, an Demonstrationen und Aktionen, bei denen zu Gewalt gegen andere Staaten (z. B. Israel) bzw. zur Unterstützung der Huthi-Rebellen aufgerufen wurde?

Der KPMD-PMK erfasst u. a. politisch motivierte, strafrechtlich relevante Sachverhalte, die bei Demonstrationen oder Versammlungen begangen und polizeilich bekannt werden. Eine Erfassung von Personendaten bei bloßer Teilnahme an o. g. Veranstaltungen ohne selbst tatverdächtig zu sein, findet nicht statt.

Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen.

  1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über mögliche organisierte kriminelle Strukturen unter Personen jemenitischer Herkunft, die seit 2015 nach Nordrhein-Westfalen eingereist sind?

Im Zusammenhang mit der Erstellung des jährlichen Lagebildes „Organisierte Kriminalität Nordrhein-Westfalen“ wird der Einreisezeitpunkt ausländischer tatverdächtiger Personen bei Personen aus Drittstaaten, die zum Zeitpunkt der Erfassung Asylbewerbende, Schutz- und Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge oder Personen mit einer Duldung sowie unerlaubten Aufenthalts sind, erhoben.

Erkenntnisse zu jemenitisch dominierten Gruppierungen der Organisierten Kriminalität, denen tatverdächtige Personen mit jemenitischer Staatsangehörigkeit zugeordnet werden, die zum Zeitpunkt der Erfassung Asylbewerbende, Schutz- und Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge oder Personen mit einer Duldung sowie unerlaubten Aufenthalts waren und die seit 2015 nach Deutschland eingereist sind, liegen nicht vor.

 

MMD18-12615