Extremistische Gewaltdelikte in NRW im Jahre 2022

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1038
der Abgeordneten Markus Wagner und Enxhi Seli-Zacharias vom 10.01.2022

Extremistische Gewaltdelikte in NRW im Jahre 2022

Wie die statistische Auswertung des Innenministeriums für das Berichtsjahr 2021 seinerzeit ergab, konzentrierten sich im Bereich der politisch motivierten Kriminalität die Gewaltdelikte in ähnlicher Anzahl auf die Phänomenbereiche „PMK-rechts“ und „PMK-links“.1

In den Phänomenbereichen „PMK-ausländische Ideologie“ und „PMK-religiöse Ideologie“ waren die Zahlen jeweils deutlich geringer.

Dabei wurde – innerhalb der Gruppe der Gewaltdelikte – zwischen folgenden Deliktgruppen differenziert:

  • Tötungsdelikte
  • Brand- und Sprengstoffdelikte
  • Landfriedensbruchdelikte
  • Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr
  • Körperverletzungsdelikte
  • Widerstandshandlungen
  • Raub, Erpressung, Freiheitsberaubung
  • Sexualdelikte

Wie aus zahlreichen parlamentarischen Anfragen in der Vergangenheit hervorging, gab es erhebliche Ungenauigkeiten bei der Einstufung in die Kategorie „PMK-nicht zuzuordnen“. So erfolgte in vielen Fällen insbesondere eine Einstufung in den Phänomenbereich „PMK-rechts“, obwohl kein Täter ermittelt werden konnte. Hierbei sind naturgemäß gewisse Ungenauigkeiten im Ergebnis nicht auszuschließen.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Gewaltdelikte in den oben aufgeführten Deliktgruppen gab es im Jahre 2022 im Phänomenbereich „PMK-rechts“ in NRW? (Bitte differenziert nach Deliktgruppe und der jeweiligen Fallzahl auflisten.)
  2. Wie viele Gewaltdelikte in den oben aufgeführten Deliktgruppen gab es im Jahre 2022 im Phänomenbereich „PMK-links“ in NRW? (Bitte differenziert nach Deliktgruppe und der jeweiligen Fallzahl auflisten.)
  3. Wie viele Gewaltdelikte in den oben aufgeführten Deliktgruppen gab es im Jahre 2022 in den Phänomenbereichen „PMK-ausländische Ideologie“ bzw. „PMK-religiöse Ideologie“ in NRW? (Bitte differenziert nach Deliktgruppe und der jeweiligen Fallzahl auflisten.)
  4. In wie vielen Fällen war die Zuordnung zu einem der Phänomenbereiche nicht möglich? (Bitte differenziert nach Deliktgruppe und der jeweiligen Fallzahl auflisten.)
  5. In wie vielen Fällen erfolgte eine Zuordnung in einen der Phänomenbereiche (PMK rechts, links, ausländische Ideologie, religiöse Ideologie), obwohl kein Täter ermittelt werden konnte? (Bitte differenziert nach der Anzahl der Fälle und den unterschiedlichen Phänomenbereichen auflisten.)

Markus Wagner
Enxhi Seli-Zacharias

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. Verfassungsschutzbericht NRW 2021; S. 41–44


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1038 mit Schreiben vom 7. Februar 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheit­lich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“. Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Ent­scheidungen richten.
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerk­male, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsor­gane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben.
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen aus­wärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden.
  • gegen eine Person wegen der ihr zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Hal­tung, Einstellung und/oder ihres Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorur­teilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religi­onszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten kön­nen sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Objekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftli­chen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) o­der sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.

Darüber hinaus werden Tatbestände gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a Strafgesetzbuch (StGB) sowie Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch erfasst, weil sie Staatsschutzdelikte sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt für das Jahr 2022 ist noch nicht abge­schlossen und die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen mit Stand 18. Januar 2023 sind als vorläufige Zahlen zu betrachten.

  1. Wie viele Gewaltdelikte in den oben aufgeführten Deliktgruppen gab es im Jahre 2022 im Phänomenbereich „PMK-rechts“ in NRW? (Bitte differenziert nach Delikt-gruppe und der jeweiligen Fallzahl auflisten.)

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 105 Gewaltdelikte der PMK-Rechts er­fasst, die sich in folgende Deliktgruppen aufteilen:

Deliktgruppe Anzahl der Straftaten
Körperverletzungsdelikte 96
Widerstandsdelikte 3
Erpressungsdelikte 4
Brandstiftungsdelikte 2
Gesamt 105

 

  1. Wie viele Gewaltdelikte in den oben aufgeführten Deliktgruppen gab es im Jahre 2022 im Phänomenbereich „PMK-links“ in NRW? (Bitte differenziert nach Delikt-gruppe und der jeweiligen Fallzahl auflisten.)

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 57 Gewaltdelikte der PMK-Links erfasst, die sich in folgende Deliktgruppen aufteilen:

Deliktgruppe   Anzahl der Straftaten
Körperverletzungsdelikte   23
Widerstandsdelikte   13
Landfriedensbruchdelikte   3
Brandstiftungsdelikte   8
Freiheitsberaubung   1
Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr 8
Raubdelikte   1
Gesamt   57

 

  1. Wie viele Gewaltdelikte in den oben aufgeführten Deliktgruppen gab es im Jahre 2022 im Phänomenbereich „PMK-ausländische Ideologie“ bzw. „PMK-religiöse Ideologie“ in NRW? (Bitte differenziert nach Deliktgruppe und der jeweiligen Fall­zahl auflisten.)

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 82 Gewaltdelikte der PMK-Ausländische Ideologie und 8 Gewaltdelikte der PMK-Religiöse Ideologie erfasst, die sich in folgende Delikt-gruppen aufteilen:

Deliktgruppe   Anzahl der Straftaten
Branddelikte   1
Landfriedensbruchdelikte   9
Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr   1
Körperverletzungsdelikte   29
Widerstandsdelikte   41
Raub   1
Gesamt   82

(PMK-Ausländische Ideologie)

Deliktgruppe Anzahl der Straftaten
Körperverletzungsdelikte 7
Widerstandsdelikte 1
Gesamt 8

(PMK-Religiöse Ideologie)

  1. In wie vielen Fällen war die Zuordnung zu einem der Phänomenbereiche nicht möglich? (Bitte differenziert nach Deliktgruppe und der jeweiligen Fallzahl auflis­ten.)

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 104 Gewaltdelikte der PMK-Sonstige Zuordnung erfasst, die sich in folgende Deliktgruppen aufteilen:

Deliktgruppe Anzahl der Straftaten
Körperverletzungsdelikte 65
Widerstandsdelikte 26
Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs­, Luft- und Straßenverkehr 5
Brandstiftungsdelikte 4
Landfriedensbruchdelikte 2
Sprengstoffdelikte 1
Erpressungsdelikte 1
Gesamt 104

 

  1. In wie vielen Fällen erfolgte eine Zuordnung in einen der Phänomenbereiche (PMK rechts, links, ausländische Ideologie, religiöse Ideologie), obwohl kein Täter er­mittelt werden konnte? (Bitte differenziert nach der Anzahl der Fälle und den un­terschiedlichen Phänomenbereichen auflisten.)

Im Jahr 2022 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 119 politisch motivierte Gewaltdelikte erfasst, obwohl kein Täter ermittelt werden konnte. Diese teilen sich wie folgt auf:

Phänomenbereich Straftaten ohne ermittelten Täter
PMK-Ausländische Ideologie 12
PMK-Links 32
PMK-Rechts 30
PMK-Religiöse Ideologie 0
PMK-Nicht zuzuordnen 45
Gesamt 119

 

Antwort als PDF