Freihandel statt Protektionismus: Das neue „EU-Bürokratiemonster“ CBAM muss gestoppt werden!

Antrag
vom 08.05.2024

Antrag

der Fraktion der AfD

Freihandel statt Protektionismus: Das neue „EU-Bürokratiemonster“ CBAM muss gestoppt werden!

I. Ausgangslage

Bereits seit 2005 existiert mit dem EU-Emissionshandel (EU Emissions Trading System, EU-ETS) ein übergreifendes CO2-Bestrafungsinstrument der Europäischen Union (EU).

Durch die aktuelle Reform des EU-ETS und die damit einhergehende schrittweise Reduzie­rung der kostenlosen Zuteilung von Emissionsberechtigungen (EU-Allowances, EUA) an Un­ternehmen der energieintensiven Sektoren entsteht die anwachsende Gefahr einer Verlage­rung von CO2-Emissionen insoweit, dass diese Unternehmen aus Kostengründen mit ihrer Produktion ins EU-Ausland ausweichen (sog. Carbon Leakage).1

Um diese Produktionsverlagerung und die damit zusammenhängenden CO2-Emissionen zu verhindern, möchte die EU nicht nur die CO2-Emissionen in der EU bestrafen, sondern nun auch die durch Import im Ausland entstehenden CO2-Emissionen. Hierzu implementierte die EU den im Oktober 2023 in seiner Übergangsphase in Kraft getretenen CO2-Grenzausgleichs-mechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM). Beim Import von Waren sollen für die in Drittländern entstandenen CO2-Emissionen von den EU-Importeuren CBAM-Zertifi-kate erworben werden. Der Preis dieser Zertifikate soll sich nach dem wöchentlichen Durch­schnittspreis der europäischen Emissionszertifikate (EUA) richten. Damit sollen Importeure genauso wie Produzenten bestraft werden.2

Der CBAM hat dabei erhebliche Auswirkungen auf einen Großteil der europäischen Industrie. Sämtliche Unternehmen innerhalb der EU, die Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Strom, Dün­gemittel, Wasserstoff sowie bestimmte Vorprodukte und einige damit verbundene Erzeugnisse in ihrer reinen oder verarbeiteten Form aus Drittländern importieren, unterliegen den Vorschrif­ten des CBAM.3

Bis Anfang 2030 wird daneben geprüft, ob Chemikalien, Polymere und andere nachgelagerte Produkte ebenfalls unter den Anwendungsbereich des CBAM fallen werden.4

Von den Vorschriften des CBAM sind lediglich Drittstaaten ausgenommen, die sich am EU-ETS beteiligen oder ein vergleichbares Emissionshandelssystem haben, sowie in sachlicher Hinsicht unter anderem CBAM-Waren, die eine Bagatellgrenze von 150 EUR nicht erreichen.5

Während der zweijährigen Übergangsphase bis Ende 2025 sind die vom CBAM betroffenen Unternehmen verpflichtet, sämtliche direkten und teilweise auch indirekten Emissionen, die bei der Produktion von importierten Waren entstehen, zu ermitteln und zu dokumentieren so­wie einen vierteljährlichen CBAM-Bericht bei den nationalen Behörden, in Deutschland der Bundeszollverwaltung, einzureichen, der Informationen über das Volumen der importierten Waren, ihre eingebetteten Emissionen und den im Drittland gezahlten Kohlenstoffpreis enthält.

Ab der Anfang 2026 beginnenden Regelphase müssen importierende Unternehmen zusätzlich eine Zulassung als CBAM-Anmelder haben und eine entsprechende Anzahl von CBAM-Zerti-fikaten erwerben und abgeben, um eingebettete direkte und indirekte Emissionen abzude-cken.6

Dagegen warnten Experten schon vor dem CBAM-Start vor dessen Einführung:

Bereits die Konformität des CBAM mit welthandelsrechtlichen Vorschriften, die durch die Be­lastung von Importprodukten mit höheren Kosten als gleichartigen in der EU produzierten Pro­dukten hervorgerufen wird, sowie die unterschiedliche Behandlung gleichartiger Produkte aus Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) löst bei etli­chen Fachleuten Zweifel an der WTO-Kompatibilität aus.7 So äußerte nicht nur der Bundes­verband der Deutschen Industrie (BDI) Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des CBAM mit Vorschriften der WTO. Auch eine Vielzahl anderer Experten teilen diese Ansicht.8

Gerade bei internationalen Handelspartnern sorgte die Einführung des CBAM in der Folge für Aufregung. Vor allem Staaten aus Asien und Südamerika betrachten das CBAM als Einmi­schung und lehnen es ab, sich Umweltvorschriften durch die EU diktieren zu lassen. Auch der Vorwurf der Abschottung wurde vorgebracht.9

Die chinesische Regierung warnt indes davor, den Klimawandel als Deckmantel der EU für neue Zölle zu gebrauchen.

Aus einer Studie der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) geht zudem hervor, dass der CBAM gerade Entwicklungsländern schadet und voraussichtlich zu keiner nennenswerten Verminde­rung der globalen Emissionen führt. Viele Produkte würden sich verteuern und so am Ende auch die Europäer selbst treffen, so Jong Woo Kang, Ökonom der ADB. „Die EU“, erklärt er, „schießt sich ein Eigentor.“10

So benachteiligt ein fehlendes CBAM-Erstattungssystem für Emissionskosten für EU-Exporte Unternehmen, die vom CBAM betroffen sind, zusätzlich auf dem Weltmarkt. Es drohen Ab­wanderungen in Länder, die nicht zum Zollgebiet der EU gehören.11

Dabei werden besonders Teile wichtiger deutscher Industriebranchen, wie die Automobilpro­duktion, durch den CBAM vor schwierige Aufgaben gestellt. Durch Kostensteigerungen für den Stahlimport ist zu befürchten, dass Autos innerhalb der EU langfristig im Preis steigen wer-den.12

Vor allem aber der massive bürokratische Aufwand für die deutsche Wirtschaft durch die Ein­führung des CBAM erfährt heftige Kritik. Enorme Belastungen und beträchtliche Herausforde­rungen werden befürchtet.

„Auf unsere Unternehmen kommt ein bürokratischer Kraftakt zu, und das ausgerechnet in ei­ner wirtschaftlich angespannten Zeit“, äußert sich Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäfts­führer des Verbands der Chemischen Industrie.13

Stahlhütten müssen beispielsweise den CO2-Ausstoß entlang der gesamten Wertschöpfungs-kette ermitteln, einschließlich des Bergwerks, aus dem das von ihnen verarbeitete Eisen stammt.

„Wenn wir mal ein Ersatzteil brauchen, wird das in Zukunft ein riesiger Aufwand“, beschreibt ein Mitarbeiter der Evonik Industries AG die Situation. „Denn Eisen, Stahl und Aluminium fielen ja unter den CBAM, daher müsse bis zur letzten Schraube nachgewiesen werden, welche Emissionen während der Produktion entstanden seien.“14

Technische Schwierigkeiten bei der Datenübermittlung tragen zusätzlich zur Komplexität bei. „Viele Online-Formulare hatten Kinderkrankheiten“, erläutert ein Steuerexperte der Wirt­schaftsprüfungsgesellschaft KPMG. Immer wieder traten Fehlermeldungen auf, wodurch die EU-Kommission gezwungen war, die Frist für die Einreichung des ersten CBAM-Berichts zu verlängern. Viele Unternehmen sind frustriert.15

Ausländische Produzenten, die am gleichen oder an verschiedenen Standorten mit unter­schiedlichen CO2-Einsatzfaktoren arbeiten, könnten die Produkte für den EU-Markt mit dem niedrigeren CO2-Fußabdruck etikettieren und die Produkte für den Nicht-EU-Markt mit den höheren CO2-Fußabdrücken. Dadurch, dass andere ausländische Märkte in Asien, Afrika und Amerika kein mit dem CBAM vergleichbares System implementiert haben, ist dies ohne wei­tere Probleme möglich.16

II. Der Landtag stellt vor diesem Hintergrund fest:

  1. Der internationale Freihandel ist weltweiter Garant für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand.
  2. Staatlicher Protektionismus, welcher durch tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse ausgelöst wird, gefährdet den freien arbeitsteiligen Welthandel.
  3. Die aktuelle Reform des EU-ETS riskiert weitere Produktionsverlagerungen von ener­gieintensiven Erzeugnissen ins Ausland.
  4. Die Einführung des CBAM provoziert weltweite Streitigkeiten und Handelskonflikte zwi­schen den internationalen Handelspartnern.
  5. Die deutsche Wirtschaft wird durch den CBAM mit hohen Kosten und einem massiven bürokratischen Aufwand belastet.
  6. Der CBAM trägt zu keiner kosteneffizienten Emissionsreduktion bei und setzt keine An­reize zur Emissionsreduktion im außereuropäischen Ausland.
  7. Es besteht der Anreiz, dass ausländische Produzenten ihre Produkte für den EU-Markt umetikettieren und den „CO2-Fußabdruck“ künstlich herunterrechnen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. sich auf allen Ebenen für die Abschaffung des CBAM und der damit einhergehenden Verordnung (EU) 2023/956 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichsystems einzuset­zen sowie
  2. sich auf allen Ebenen für die Abschaffung des EU-ETS und der damit einhergehenden Richtlinien und Verordnungen stark zu machen oder sich hilfsweise auf allen Ebenen für die weitere kostenlose Zuteilung von EUA innerhalb des EU-ETS an Unternehmen der energieintensiven Sektoren unter den Bedingungen, die vor der Einführung des EU-Maßnahmenpakets „Fit für 55“ bestanden, einzusetzen.

Christian Loose

Dr. Martin Vincentz

Andreas Keith

und Fraktion

 

MMD18-9173

 

1 Vgl. https://www.dehst.de/DE/Europaeischer-Emissionshandel/Reform-Perspektiven/Carbon-Leakage-Schutz/carbon-leakage-schutz_node, zuletzt abgerufen am 29.04.2024 um 10:10 Uhr.

2 Vgl. https://taxation-customs.ec.europa.eu/carbon-border-adjustment-mechanism_de, zuletzt abgerufen am 29.04.2024 um 10:30 Uhr.

3 Vgl. Anhang I u. II der Verordnung (EU) 2023/956 vom 10. Mai 2023 zur Schaffung eines CO2-Grenzaus-gleichssystems, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32023R0956, zuletzt abgerufen am 29.04.2024 um 12:00 Uhr.

4 Vgl. https://www2.deloitte.com/de/de/pages/tax/articles/carbon-border-adjustment-mechanism-cbam.html, zu­letzt abgerufen am 29.04.2024 um 12:20 Uhr.

5 Vgl. https://www.ihk.de/duesseldorf/aussenwirtschaft/zoll-und-aussenwirtschaftsrecht/internationale-handelspoli-tik3/news/handelspolitik-co2-grenzsteuer-5197644, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 14:25 Uhr.

6 Vgl. https://www.dehst.de/DE/CBAM/CBAM-verstehen/cbam-verstehen_node.html, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 16:15 Uhr.

7 Vgl. https://www.lto.de/recht/kanzleien-unternehmen/k/grenzausgleich-co2-unternehmen-eu-kommission-wto-rohstoffe-green-deal-klimaneutralitaet-cbam/, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 20:35 Uhr.

8 Vgl. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw19-pa-klimaschutz-co2-grenzausgleichssystem-891514, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 19:40 Uhr.

9 Vgl. https://www.deutschlandfunk.de/klimazoll-co2-grenzausgleichssystem-cbam-eu-100.html, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 17:40 Uhr.

10 Vgl. https://www.welt.de/wirtschaft/energie/plus251205252/EU-Bruessels-Klima-Zoll-frustriert-die-Wirtschaft-und-den-Rest-der-Welt.html, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 18:10 Uhr.

11 Vgl. https://www.ey.com/de_de/tax-law-magazine/cbam-was-wer-wann-wie, zuletzt abgerufen am 29.04.2024 um 21:20 Uhr.

12 https://www.welt.de/wirtschaft/article246984002/Deutsche-Wirtschaft-fuerchtet-enorme-Belastungen-durch-neues-EU-Klimagesetz.html, zuletzt abgerufen am30.04.2024 um 18:40 Uhr.

13 Vgl. https://www.welt.de/wirtschaft/article246984002/Deutsche-Wirtschaft-fuerchtet-enorme-Belastungen-durch-neues-EU-Klimagesetz.html, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 11:40 Uhr.

14 https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/eu-buerokratie-monster-cbma-abgabe-kohlendioxid/, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 18:55 Uhr.

15 Vgl. https://www.welt.de/wirtschaft/energie/plus251205252/EU-Bruessels-Klima-Zoll-frustriert-die-Wirtschaft-und-den-Rest-der-Welt.html, zuletzt abgerufen am 30.04.2024 um 18:15 Uhr.

16 Vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157858/umfrage/groesste-importlaender-weltweit/, zuletzt ab­gerufen am 02.05.2024 um 13:30 Uhr. Darunter die USA, China, Japan, Indien, Hongkong, Südkorea, Mexiko, VAR, Türkei, Taiwan …

Beteiligte:
Christian Loose