Genitalverstümmelungen in NRW

Kleine Anfrage
vom 19.01.2018

Kleine Anfrage 724
des Abgeordneten Thomas Röckemann AfD

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Als weibliche Genitalverstümmelung werden alle Verfahren bezeichnet, bei denen die Genitalien von Mädchen und Frauen verletzt, teilweise oder vollständig entfernt werden. Durchgeführt wird diese barbarische Praxis meist im Alter zwischen 4 und 14 Jahren, wobei das Alter tendenziell sinkt.

Laut Schätzungen von Amnesty international sind weltweit 140 Millionen Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. Hinzu kommt eine große, schwer quantifizierbare Dunkelziffer von Betroffenen. Durch die steigende Migration aus Kulturen, in denen die Verstümmelung junger Mädchen weit verbreitete Praxis ist, hält diese barbarische Sitte zunehmend auch in Deutschland Einzug.

Seit 2013 ist die Verstümmelung weiblicher Genitalien gem. § 226a StGB ein eigener Straftatbestand. Leider ist der Wirkungsbereich dieses Gesetzes sehr gering, da die Verstümmelung häufig im Ausland geschieht oder in den Parallelgesellschaften, in denen sie verbreitet ist, gutgeheißen wird.

Im Jahr 2016 hatte der Landtag einen fraktionsübergreifenden Antrag unter dem Titel „Genitalverstümmelung ist eine Menschenrechtsverletzung der Verletzung von Körper und Seele von Mädchen und Frauen entschieden entgegentreten“ (Drucksache 16/11705) zu dieser Thematik angenommen, in dem vor allem mehr Prävention und Sensibilisierung gefordert wurde. Die Ausarbeitung entsprechender Informationsmaterialien für Betroffene und Fachkräfte in den Bereichen Soziales, Justiz und Pädagogik sollte dabei eine frühzeitige Erkennung und effektive Bekämpfung von Genitalverstümmelungen ermöglichen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie hat sich die Zahl der von Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen in Nordrhein-Westfalen seit 2007 entwickelt?
  2. Wie viele Anzeigen gem. § 226a StGB hat es in NRW seit Einführung des Straftatbestands bis 2018 gegeben? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln)
  3. Bei wie vielen dieser Anzeigen kam es zu einer Verurteilung? (Bitte nach Fall und Urteil aufschlüsseln)
  4. Hält die Landesregierung die bisherige Ausgestaltung von § 226a StGB für ausreichend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele der Genitalverstümmelungen im Ausland geschehen?
  5. Wie beurteilt die Landesregierung die auf Basis des Antrags (Drucksache 16/11705) eingeleiteten Maßnahmen bezüglich ihres bisherigen Wirkungsgrades?

Thomas Röckemann

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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage 724 im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration, dem Minister des Inneren, dem Minister für Arbeit, Ge­sundheit und Soziales, der Ministerin für Schule und Bildung sowie dem Minister der Justiz wie folgt:

Vorbemerkung der Landesregierung

Weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Menschenrechts­verletzung. Die Bekämpfung dieser Beschneidungspraktiken und der Schutz der Opfer sind daher wichtige Anliegen der Politik der Landes­regierung.

Frage 1: Wie hat sich die Zahl der von Genitalverstümmelung be­troffenen Mädchen in Nordrhein-Westfalen seit 2007 entwickelt?

Für Nordrhein-Westfalen liegen keine Zahlen der von Genitalver­stümmelung betroffenen Mädchen vor.

Frage 2: Wie viele Anzeigen gem. § 226a StGB hat es in NRW seit Einführung des Straftatbestands bis 2018 gegeben? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln)

Als Datenbasis für die Beantwortung dient die Polizeiliche Kriminalsta­tistik (PKS). Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der PKS erfolgt nach bundeseinheitlichen, jährlich mit den beteiligten Gremien abgestimmten Richtlinien. Straftaten gemäß § 226a StGB werden seit dem 01.01.2014 in der PKS erfasst.

In der Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2017 wurde in der PKS kei­ne Straftat gemäß § 226a StGB in NRW erfasst. Für 2018 liegen noch keine PKS-Zahlen vor.

Frage 3: Bei wie vielen dieser Anzeigen kam es zu einer Verurtei­lung? (Bitte nach Fall und Urteil aufschlüsseln)

In der Strafverfolgungsstatistik werden Verurteilungen gemäß § 226a StGB seit 2014 erfasst. Für die Jahre 2014 – 2016 weist die Statistik keine Eintragungen aus. Daten für 2017 liegen bislang nicht vor.

Frage 4: Hält die Landesregierung die bisherige Ausgestaltung von § 226a StGB für ausreichend, insbesondere vor dem Hinter­grund, dass viele der Genitalverstümmelungen im Ausland ge­schehen?

Um so genannten „Ferienbeschneidungen“ entgegenzuwirken, bei denen in Deutschland lebende Mädchen zur Durchführung von straf­baren Genitalverstümmelungen vorübergehend ins Ausland verbracht werden, wurde bereits durch das am 27. Januar 2015 in Kraft getrete­ne 49. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs die inländische Verfolgbarkeit von im Ausland begangenen Genitalverstümmelungen (§ 226a StGB) erweitert. Danach gilt gemäß § 5 Nummer 9a Buchstabe b) StGB das deutsche Strafrecht unabhängig vom Recht des Tat­orts für im Ausland begangene Taten nach § 226a StGB, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist oder wenn die Tat sich gegen eine Person richtet, die zur Zeit der Tat ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

Frage 5: Wie beurteilt die Landesregierung die auf Basis des An­trags (Drucksache 16/11705) eingeleiteten Maßnahmen bezüglich ihres bisherigen Wirkungsgrades?

Zur unmittelbaren Unterstützung von Genitalverstümmelung betroffe­ner Mädchen und Frauen fördert die Landesregierung die Arbeit der Beratungsstelle stop mutilation e.V. Darüber hinaus liegt ein weiterer Fokus auf Information und Aufklärung über die Problematik durch das Bildungsportal KUTAIRI der Aktion Weißes Friedensband e.V., Fach­veranstaltungen und Handreichungen sowie Vernetzung in dem The­menfeld maßgeblicher Akteure (Runder Tisch NRW gegen die Be­schneidung von Mädchen). Die Maßnahmen haben wesentlich dazu beigetragen, für das Thema zu sensibilisieren.

Mit freundlichen Grüßen

Ina Scharrenbach