Gesetz über die Offenlegung von Parteimitgliedschaften in den Angeboten des West-deutschen Rundfunks Köln (Parteimitgliedschaften-Offenlegungsgesetz NRW)

Gesetzentwurf
vom 21.02.2024

Gesetzentwurf

der Fraktion der AfD

Gesetz über die Offenlegung von Parteimitgliedschaften in den Angeboten des West­deutschen Rundfunks Köln (Parteimitgliedschaften-Offenlegungsgesetz NRW)

A Problem

Eine zunehmende Zahl von Bürgern ist darüber verärgert, dass in den Angeboten des öffent­lich-rechtlichen Rundfunks und somit auch beim Westdeutschen Rundfunk Köln (WDR) in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Personen als vermeintlich neutrale Experten oder Inter­viewpartner aufgetreten sind, obwohl sie Mitglieder und zum Teil Funktionäre politischer Par­teien sind. Dies schließt zwar nicht aus, dass ihre Expertise und Einschätzung einen Mehrwert haben kann, aber durch das Unterschlagen von Parteimitgliedschaften wird es dem Publikum natürlich erschwert, sich ein eigenes Urteil über eine mögliche Voreingenommenheit (engl. bias) der entsprechenden Personen zu bilden und eine eigenständige quellenkritische Einord­nung vorzunehmen.

Dass solche Fälle überhaupt bekannt werden, ist den Recherchen einzelner Bürger zu ver­danken, die ihre diesbezüglichen Erkenntnisse über die Sozialen Medien verbreiten. Das er­schreckende Ausmaß dieser Fälle wird im institutionell-etablierten Journalismus und auch der Politik bisher nicht kritisch reflektiert. Fälle der Nichtnennung von Parteimitgliedschaften wer­den in privaten Medien nur vereinzelt und von öffentlich-rechtlichen Medien überhaupt nicht aufgegriffen und problematisiert.

Aufschlussreich ist insoweit eine im Internet abrufbare Auswertung für den Januar 2024 (https://twitter.com/JuWeiMa/status/1752378877463146852), in der die gesammelten Recher­chen – unter anderem – des gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisch einge­stellten „ÖRR Blog.“ aufgelistet sind:

Datum Sender Format Interviewte Person Parteizugehörigkeit
04.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit K. B90/Die Grünen
04.01.2024 ZDF zdfheute P. B90/Die Grünen
05.01.2024 ARD (Das Erste) Bericht aus Berlin K. SPD
06.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit E. B90/Die Grünen

 

Datum des Originals: 20.02.2024/Ausgegeben: 23.02.2024

 

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN – 18. Wahlperiode Drucksache 18/8112
Datum Sender Format Interviewte Person Parteizugehörigkeit
06.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit K. B90/Die Grünen
06.01.2024 ARD (Das Erste) Tagesthemen K. SPD
06.01.2024 NDR ndr Info L. B90/Die Grünen
06.01.2024 phoenix phoenix vor ort G. B90/Die Grünen
06.01.2024 ZDF zdf heute G. B90/Die Grünen
07.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit H. SPD
07.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit J. FDP
07.01.2024 ARD (Das Erste) Tagesschau L. ÖRR/ÖRR-Umfeld
07.01.2024 ARD (Das Erste) Tagesschau G. B90/Die Grünen
07.01.2024 SWR Aktuell L. ÖRR/ÖRR-Umfeld
09.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit D. B90/Die Grünen
09.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit W. SPD
09.01.2024 ARD (Das Erste) Tagesschau G. B90/Die Grünen
09.01.2024 rbb / H. Die Linke
11.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit D. B90/Die Grünen
11.01.2024 SWR Landesschau C. B90/Die Grünen
12.01.2024 rbb Abendschau S. SPD
14.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit K. SPD
14.01.2024 WDR presseclub B. ÖRR/ÖRR-Umfeld
14.01.2024 ZDF heute F. SPD
14.01.2024 ZDF heute O. Die Linke
16.01.2024 ARD (Das Erste) Tagesthemen S. SPD
17.01.2024 ARD (Das Erste) Tagesthemen F. B90/Die Grü-
nen/ÖRR
17.01.2024 MDR MDR um 2 R. SPD
17.01.2024 NDR nordmagazin L. SPD
17.01.2024 rbb rbb24 S. SPD

 

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN – 18. Wahlperiode Drucksache 18/8112
Datum Sender Format Interviewte Person Parteizugehörigkeit
18.01.2024 BR Jetzt red i L. B90/Die Grünen
18.01.2024 NDR Hallo Niedersach-

sen

F. B90/Die Grünen
18.01.2024 NDR Hallo Niedersach-

sen

S. B90/Die Grünen
18.01.2024 rbb rbb24 L. SPD
19.01.2024 DLF / W. B90/Die Grünen
19.01.2024 NDR / M. B90/Die Grünen
19.01.2024 WDR Lokalzeit P. B90/Die Grünen
20.01.2024 WDR Lokalzeit F. SPD
21.01.2024 hr hessenschau H. ÖRR/ÖRR-Umfeld
21.01.2024 SWR / M. SPD
21.01.2024 SWR / K. SPD
22.01.2024 ARD (Das Erste) Bericht aus Berlin Y. SPD
22.01.2024 ARD (Das Erste) Bericht aus Berlin G. Die Urbane
22.01.2024 ARD (Das Erste) Bericht aus Berlin S. ÖRR/ÖRR-Umfeld
22.01.2024 MDR Sachsenspiegel N. B90/Die Grünen
22.01.2024 NDR magazin Z. Die Linke
22.01.2024 phoenix / S. SPD
22.01.2024 rbb rbb24 K. ÖDP
23.01.2024 NDR Hamburg Journal M. SPD
23.01.2024 NDR Hamburg Journal H. SPD
23.01.2024 rbb rbb24 W. Freie Wähler
23.01.2024 ZDF mittagsmagazin J. Die Linke
24.01.2024 BR Frankenschau K. SPD
24.01.2024 WDR WDR 3 Mosaik B. ÖRR/ÖRR-Umfeld
25.01.2024 NDR nordmagazin G. B90/Die Grünen
25.01.2024 SWR Kultur W. B90/Die Grünen
26.01.2024 rbb rbb24 K. SPD
27.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit P. FDP
27.01.2024 ARD (Das Erste) Klimazeit K. B90/Die Grünen
28.01.2024 SR Aktuell M. ÖRR/ÖRR-Umfeld

 

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN – 18. Wahlperiode Drucksache 18/8112
Datum Sender Format Interviewte Person Parteizugehörigkeit
29.01.2024
29.01.2024
29.01.2024 29.01.2024 29.01.2024 29.01.2024 30.01.2024
ARD
ARD
MDR
NDR
rbb
ZDF
WDR
Tagesschau
Tagesschau
heute
Hamburg Journal
rbb24
heute
Lokalzeit
J.
Z.
J.
A.
S.
O.
G.
B90/Die Grünen
SPD
B90/Die Grünen
ÖRR/ÖRR-Umfeld
Die Linke
SPD
B90/Die Grünen

 

Dem „ÖRR Blog.“ wird dabei vorgeworfen, selbst parteipolitisch nicht neutral zu sein, da der Betreiber ein CSU-Politiker sein soll. Dies hat zu einer Gegenreaktion, dieses Mal offenbar von linker Seite, geführt. Der „OeRR-Blog Watch“ dokumentiert in einer eigenen Recherche über 40 weitere Fälle, in denen Mitglieder von CDU, CSU und Freien Wählern in der gleichen Weise zu Wort gekommen seien (https://twitter.com/OeRRBlogWatch/sta-tus/1756061418019836314).

Kombiniert man beide Recherchen, zeigt sich sehr deutlich, dass es eine eindeutige Bevorzu­gung der Parteien SPD, CDU, CSU, Grünen, Linken und Freie Wähler im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Vertreter dieser Parteien kommen mit fast schon beängstigender Regelmäßig­keit ‚inkognito‘ zu Wort. Nach Kenntnis der antragstellenden Fraktion gibt es hingegen keine dokumentierten Fälle von AfD-Mitgliedern und nahezu keine von FDP-Mitgliedern, die in dieser Weise in den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu Wort gekommen wären.

B Lösung

Bereits jetzt hat der WDR sicherzustellen, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen und der religiösen, weltanschaulichen, politischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtun­gen im Gesamtprogramm der Anstalt in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet (§ 5 Absatz 5 Satz 2 Nr. 1 WDR-Gesetz), dass die bedeutsamen gesellschaftlichen Kräfte im Sendegebiet im Gesamtprogramm der Anstalt zu Wort kommen (§ 5 Absatz 5 Satz 2 Nr. 2 WDR-Gesetz) und dass das Gesamtprogramm nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dient (§ 5 Absatz 5 Satz 2 Nr. 3 WDR-Gesetz). Diese Programmgrundsätze sollen weiter vertieft und auch einer direkten Überprüfung zugänglich gemacht werden, indem ein weiterer Programmgrundsatz in das WDR-Gesetz aufgenommen wird, der die Offenlegung von Mitgliedschaften in politischen Parteien im Hinblick auf Personen vorsieht, die in den Angeboten des WDR auftreten.

C Alternativen

Beibehaltung der bisherigen Rechtslage. Dies hätte zur Folge, dass ein Beitragszahler die Parteimitgliedschaften von Personen, die in den Angeboten des WDR auftreten, höchstens durch eigene Recherche mit Hilfe öffentlicher Quellen in Erfahrung bringen kann.

D Kosten

Der Erfüllungsaufwand für den WDR würde leicht steigen, da er nunmehr ihm oder öffentlich bekannte Parteimitgliedschaften von Personen, die in seinen Angeboten auftreten, offenlegen müsste.

E Zuständigkeit

Nach Artikel 70 Absatz 1 Grundgesetz liegt die Gesetzgebungskompetenz für den Rundfunk beim Landtag.

 

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Begründung

A Allgemeiner Teil

Das vorliegende Gesetz verfolgt das Ziel, die bereits geltenden Programmgrundsätze des WDR, die für eine (partei-)politische Ausgewogenheit sorgen sollen, weiter zu vertiefen und eine höhere Transparenz im Hinblick auf die Parteimitgliedschaften der Personen zu schaffen, die in den Angeboten des WDR auftreten. Künftig muss der WDR diese unter bestimmten Voraussetzungen offenlegen. Vor dem Hintergrund dessen, dass jeder das Recht hat, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes), wird hierdurch auch die Urteilsfähigkeit des Publikums sowie die Fähig­keit zur quellenkritischen Einordnung der Inhalte des WDR gestärkt.

Das Gesetz ist bewusst als lex imperfecta angelegt, sodass auch mit Rücksicht auf die Rund­funkfreiheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kein spezifischer Sanktionsmechanis­mus für die Verletzung des neuen Programmgrundsatzes aufgestellt wird. Es bliebe Aufgabe eines späteren Gesetzgebers, bei fortwährenden und beharrlichen Verstößen gegen den neuen Programmgrundsatz über weitergehende gesetzgeberische Maßnahmen nachzuden­ken.

B Besonderer Teil
Zu Artikel 1

Der Begriff von „Angeboten“ wird weit gefasst und nicht qualifiziert. Daher fallen sämtliche Angebote des WDR darunter, insbesondere das Fernsehen, der Hörfunk und im Internet ab­rufbare Inhalte.

Der Begriff „auftreten“ setzt anders als beispielsweise das bloße „Vorkommen“ in den Ange­boten des WDR voraus, dass die Person in einer besonderen Eigenschaft oder mit einer be­stimmten Absicht öffentlich in Erscheinung tritt (Duden, 28. völlig neu bearbeitete und erwei­terte Auflage, Schlagwort „auftreten“). Dies ist insbesondere für Interviewsituationen zu beja­hen, in denen die Person befragt wird oder eine eigene Stellungnahme abgibt. Die intendierte Nebenfolge hiervon ist, dass davon auch die Journalisten selbst umfasst sind, soweit sie sich in dieser Eigenschaft an das Publikum wenden.

Nicht erforderlich ist hingegen, die Parteimitgliedschaft von Personen, über die lediglich be­richtet, informiert oder kommentiert wird, offenzulegen. Ansonsten müsste beispielsweise in einer Dokumentation die Parteimitgliedschaft jeder darin vorkommenden Person genannt wer­den.

Die Parteimitgliedschaft soll darüber hinaus „möglichst unmittelbar“ dem Publikum offengelegt werden. Es ist also nicht ausreichend, diese erst zu einem späteren Zeitpunkt oder an anderer Stelle (z.B. in einem eigenen Verzeichnis auf der Webseite des WDR) zu nennen. Das Publi­kum soll die Möglichkeit erhalten, das Gesehene, Gehörte oder Gelesene direkt einzuordnen. Die konkrete Form der Offenlegung wird darüber hinaus aber nicht festgeschrieben; der WDR ist also frei, die genaue Methode der Offenlegung zu gestalten.

Schließlich wird die Offenlegungspflicht auf Fälle beschränkt, in denen die Parteimitgliedschaft der Person öffentlich oder zumindest dem WDR bekannt ist. Es besteht also keine Notwen­digkeit, bei einem Interviewpartner über eine kurze Internetrecherche hinaus die Parteimit­gliedschaft auszuforschen oder abzufragen. Soweit man eine journalistische Sorgfalt in der bisherigen Praxis unterstellt, müsste sich der Journalist aber ohnehin über den Hintergrund eines potenziellen Interviewpartners informieren (ausgenommen bei bestimmten Formaten wie z.B. des anonymen vox pop, bei dem völlig Unbekannte befragt und gezeigt werden).

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Sven Tritschler
Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith

und Fraktion

 

MMD18-8112