Gesetzentwurf
der Fraktion der AfD
Gesetz über die Offenlegung von Parteimitgliedschaften in den Angeboten des Westdeutschen Rundfunks Köln (Parteimitgliedschaften-Offenlegungsgesetz NRW)
A Problem
Eine zunehmende Zahl von Bürgern ist darüber verärgert, dass in den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und somit auch beim Westdeutschen Rundfunk Köln (WDR) in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Personen als vermeintlich neutrale Experten oder Interviewpartner aufgetreten sind, obwohl sie Mitglieder und zum Teil Funktionäre politischer Parteien sind. Dies schließt zwar nicht aus, dass ihre Expertise und Einschätzung einen Mehrwert haben kann, aber durch das Unterschlagen von Parteimitgliedschaften wird es dem Publikum natürlich erschwert, sich ein eigenes Urteil über eine mögliche Voreingenommenheit (engl. bias) der entsprechenden Personen zu bilden und eine eigenständige quellenkritische Einordnung vorzunehmen.
Dass solche Fälle überhaupt bekannt werden, ist den Recherchen einzelner Bürger zu verdanken, die ihre diesbezüglichen Erkenntnisse über die Sozialen Medien verbreiten. Das erschreckende Ausmaß dieser Fälle wird im institutionell-etablierten Journalismus und auch der Politik bisher nicht kritisch reflektiert. Fälle der Nichtnennung von Parteimitgliedschaften werden in privaten Medien nur vereinzelt und von öffentlich-rechtlichen Medien überhaupt nicht aufgegriffen und problematisiert.
Aufschlussreich ist insoweit eine im Internet abrufbare Auswertung für den Januar 2024 (https://twitter.com/JuWeiMa/status/1752378877463146852), in der die gesammelten Recherchen – unter anderem – des gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kritisch eingestellten „ÖRR Blog.“ aufgelistet sind:
Datum | Sender | Format | Interviewte Person | Parteizugehörigkeit | |
04.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | K. | B90/Die Grünen | |
04.01.2024 | ZDF | zdfheute | P. | B90/Die Grünen | |
05.01.2024 | ARD (Das Erste) | Bericht aus Berlin | K. | SPD | |
06.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | E. | B90/Die Grünen |
Datum des Originals: 20.02.2024/Ausgegeben: 23.02.2024
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN – 18. Wahlperiode | Drucksache 18/8112 | ||||
Datum | Sender | Format | Interviewte Person | Parteizugehörigkeit | |
06.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | K. | B90/Die Grünen | |
06.01.2024 | ARD (Das Erste) | Tagesthemen | K. | SPD | |
06.01.2024 | NDR | ndr Info | L. | B90/Die Grünen | |
06.01.2024 | phoenix | phoenix vor ort | G. | B90/Die Grünen | |
06.01.2024 | ZDF | zdf heute | G. | B90/Die Grünen | |
07.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | H. | SPD | |
07.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | J. | FDP | |
07.01.2024 | ARD (Das Erste) | Tagesschau | L. | ÖRR/ÖRR-Umfeld | |
07.01.2024 | ARD (Das Erste) | Tagesschau | G. | B90/Die Grünen | |
07.01.2024 | SWR | Aktuell | L. | ÖRR/ÖRR-Umfeld | |
09.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | D. | B90/Die Grünen | |
09.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | W. | SPD | |
09.01.2024 | ARD (Das Erste) | Tagesschau | G. | B90/Die Grünen | |
09.01.2024 | rbb | / | H. | Die Linke | |
11.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | D. | B90/Die Grünen | |
11.01.2024 | SWR | Landesschau | C. | B90/Die Grünen | |
12.01.2024 | rbb | Abendschau | S. | SPD | |
14.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | K. | SPD | |
14.01.2024 | WDR | presseclub | B. | ÖRR/ÖRR-Umfeld | |
14.01.2024 | ZDF | heute | F. | SPD | |
14.01.2024 | ZDF | heute | O. | Die Linke | |
16.01.2024 | ARD (Das Erste) | Tagesthemen | S. | SPD | |
17.01.2024 | ARD (Das Erste) | Tagesthemen | F. | B90/Die Grü- nen/ÖRR |
|
17.01.2024 | MDR | MDR um 2 | R. | SPD | |
17.01.2024 | NDR | nordmagazin | L. | SPD | |
17.01.2024 | rbb | rbb24 | S. | SPD |
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN – 18. Wahlperiode | Drucksache 18/8112 | ||||
Datum | Sender | Format | Interviewte Person | Parteizugehörigkeit | |
18.01.2024 | BR | Jetzt red i | L. | B90/Die Grünen | |
18.01.2024 | NDR | Hallo Niedersach-
sen |
F. | B90/Die Grünen | |
18.01.2024 | NDR | Hallo Niedersach-
sen |
S. | B90/Die Grünen | |
18.01.2024 | rbb | rbb24 | L. | SPD | |
19.01.2024 | DLF | / | W. | B90/Die Grünen | |
19.01.2024 | NDR | / | M. | B90/Die Grünen | |
19.01.2024 | WDR | Lokalzeit | P. | B90/Die Grünen | |
20.01.2024 | WDR | Lokalzeit | F. | SPD | |
21.01.2024 | hr | hessenschau | H. | ÖRR/ÖRR-Umfeld | |
21.01.2024 | SWR | / | M. | SPD | |
21.01.2024 | SWR | / | K. | SPD | |
22.01.2024 | ARD (Das Erste) | Bericht aus Berlin | Y. | SPD | |
22.01.2024 | ARD (Das Erste) | Bericht aus Berlin | G. | Die Urbane | |
22.01.2024 | ARD (Das Erste) | Bericht aus Berlin | S. | ÖRR/ÖRR-Umfeld | |
22.01.2024 | MDR | Sachsenspiegel | N. | B90/Die Grünen | |
22.01.2024 | NDR | magazin | Z. | Die Linke | |
22.01.2024 | phoenix | / | S. | SPD | |
22.01.2024 | rbb | rbb24 | K. | ÖDP | |
23.01.2024 | NDR | Hamburg Journal | M. | SPD | |
23.01.2024 | NDR | Hamburg Journal | H. | SPD | |
23.01.2024 | rbb | rbb24 | W. | Freie Wähler | |
23.01.2024 | ZDF | mittagsmagazin | J. | Die Linke | |
24.01.2024 | BR | Frankenschau | K. | SPD | |
24.01.2024 | WDR | WDR 3 Mosaik | B. | ÖRR/ÖRR-Umfeld | |
25.01.2024 | NDR | nordmagazin | G. | B90/Die Grünen | |
25.01.2024 | SWR | Kultur | W. | B90/Die Grünen | |
26.01.2024 | rbb | rbb24 | K. | SPD | |
27.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | P. | FDP | |
27.01.2024 | ARD (Das Erste) | Klimazeit | K. | B90/Die Grünen | |
28.01.2024 | SR | Aktuell | M. | ÖRR/ÖRR-Umfeld |
LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN – 18. Wahlperiode | Drucksache 18/8112 | ||||
Datum | Sender | Format | Interviewte Person | Parteizugehörigkeit | |
29.01.2024 29.01.2024 29.01.2024 29.01.2024 29.01.2024 29.01.2024 30.01.2024 |
ARD ARD MDR NDR rbb ZDF WDR |
Tagesschau Tagesschau heute Hamburg Journal rbb24 heute Lokalzeit |
J. Z. J. A. S. O. G. |
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B90/Die Grünen SPD B90/Die Grünen ÖRR/ÖRR-Umfeld Die Linke SPD B90/Die Grünen |
Dem „ÖRR Blog.“ wird dabei vorgeworfen, selbst parteipolitisch nicht neutral zu sein, da der Betreiber ein CSU-Politiker sein soll. Dies hat zu einer Gegenreaktion, dieses Mal offenbar von linker Seite, geführt. Der „OeRR-Blog Watch“ dokumentiert in einer eigenen Recherche über 40 weitere Fälle, in denen Mitglieder von CDU, CSU und Freien Wählern in der gleichen Weise zu Wort gekommen seien (https://twitter.com/OeRRBlogWatch/sta-tus/1756061418019836314).
Kombiniert man beide Recherchen, zeigt sich sehr deutlich, dass es eine eindeutige Bevorzugung der Parteien SPD, CDU, CSU, Grünen, Linken und Freie Wähler im öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Vertreter dieser Parteien kommen mit fast schon beängstigender Regelmäßigkeit ‚inkognito‘ zu Wort. Nach Kenntnis der antragstellenden Fraktion gibt es hingegen keine dokumentierten Fälle von AfD-Mitgliedern und nahezu keine von FDP-Mitgliedern, die in dieser Weise in den Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu Wort gekommen wären.
B Lösung
Bereits jetzt hat der WDR sicherzustellen, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen und der religiösen, weltanschaulichen, politischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtungen im Gesamtprogramm der Anstalt in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet (§ 5 Absatz 5 Satz 2 Nr. 1 WDR-Gesetz), dass die bedeutsamen gesellschaftlichen Kräfte im Sendegebiet im Gesamtprogramm der Anstalt zu Wort kommen (§ 5 Absatz 5 Satz 2 Nr. 2 WDR-Gesetz) und dass das Gesamtprogramm nicht einseitig einer Partei oder Gruppe, einer Interessengemeinschaft, einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung dient (§ 5 Absatz 5 Satz 2 Nr. 3 WDR-Gesetz). Diese Programmgrundsätze sollen weiter vertieft und auch einer direkten Überprüfung zugänglich gemacht werden, indem ein weiterer Programmgrundsatz in das WDR-Gesetz aufgenommen wird, der die Offenlegung von Mitgliedschaften in politischen Parteien im Hinblick auf Personen vorsieht, die in den Angeboten des WDR auftreten.
C Alternativen
Beibehaltung der bisherigen Rechtslage. Dies hätte zur Folge, dass ein Beitragszahler die Parteimitgliedschaften von Personen, die in den Angeboten des WDR auftreten, höchstens durch eigene Recherche mit Hilfe öffentlicher Quellen in Erfahrung bringen kann.
D Kosten
Der Erfüllungsaufwand für den WDR würde leicht steigen, da er nunmehr ihm oder öffentlich bekannte Parteimitgliedschaften von Personen, die in seinen Angeboten auftreten, offenlegen müsste.
E Zuständigkeit
Nach Artikel 70 Absatz 1 Grundgesetz liegt die Gesetzgebungskompetenz für den Rundfunk beim Landtag.
G e g e n ü b e r s t e l l u n g => PDF
Begründung
A Allgemeiner Teil
Das vorliegende Gesetz verfolgt das Ziel, die bereits geltenden Programmgrundsätze des WDR, die für eine (partei-)politische Ausgewogenheit sorgen sollen, weiter zu vertiefen und eine höhere Transparenz im Hinblick auf die Parteimitgliedschaften der Personen zu schaffen, die in den Angeboten des WDR auftreten. Künftig muss der WDR diese unter bestimmten Voraussetzungen offenlegen. Vor dem Hintergrund dessen, dass jeder das Recht hat, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes), wird hierdurch auch die Urteilsfähigkeit des Publikums sowie die Fähigkeit zur quellenkritischen Einordnung der Inhalte des WDR gestärkt.
Das Gesetz ist bewusst als lex imperfecta angelegt, sodass auch mit Rücksicht auf die Rundfunkfreiheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kein spezifischer Sanktionsmechanismus für die Verletzung des neuen Programmgrundsatzes aufgestellt wird. Es bliebe Aufgabe eines späteren Gesetzgebers, bei fortwährenden und beharrlichen Verstößen gegen den neuen Programmgrundsatz über weitergehende gesetzgeberische Maßnahmen nachzudenken.
B Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Der Begriff von „Angeboten“ wird weit gefasst und nicht qualifiziert. Daher fallen sämtliche Angebote des WDR darunter, insbesondere das Fernsehen, der Hörfunk und im Internet abrufbare Inhalte.
Der Begriff „auftreten“ setzt anders als beispielsweise das bloße „Vorkommen“ in den Angeboten des WDR voraus, dass die Person in einer besonderen Eigenschaft oder mit einer bestimmten Absicht öffentlich in Erscheinung tritt (Duden, 28. völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Schlagwort „auftreten“). Dies ist insbesondere für Interviewsituationen zu bejahen, in denen die Person befragt wird oder eine eigene Stellungnahme abgibt. Die intendierte Nebenfolge hiervon ist, dass davon auch die Journalisten selbst umfasst sind, soweit sie sich in dieser Eigenschaft an das Publikum wenden.
Nicht erforderlich ist hingegen, die Parteimitgliedschaft von Personen, über die lediglich berichtet, informiert oder kommentiert wird, offenzulegen. Ansonsten müsste beispielsweise in einer Dokumentation die Parteimitgliedschaft jeder darin vorkommenden Person genannt werden.
Die Parteimitgliedschaft soll darüber hinaus „möglichst unmittelbar“ dem Publikum offengelegt werden. Es ist also nicht ausreichend, diese erst zu einem späteren Zeitpunkt oder an anderer Stelle (z.B. in einem eigenen Verzeichnis auf der Webseite des WDR) zu nennen. Das Publikum soll die Möglichkeit erhalten, das Gesehene, Gehörte oder Gelesene direkt einzuordnen. Die konkrete Form der Offenlegung wird darüber hinaus aber nicht festgeschrieben; der WDR ist also frei, die genaue Methode der Offenlegung zu gestalten.
Schließlich wird die Offenlegungspflicht auf Fälle beschränkt, in denen die Parteimitgliedschaft der Person öffentlich oder zumindest dem WDR bekannt ist. Es besteht also keine Notwendigkeit, bei einem Interviewpartner über eine kurze Internetrecherche hinaus die Parteimitgliedschaft auszuforschen oder abzufragen. Soweit man eine journalistische Sorgfalt in der bisherigen Praxis unterstellt, müsste sich der Journalist aber ohnehin über den Hintergrund eines potenziellen Interviewpartners informieren (ausgenommen bei bestimmten Formaten wie z.B. des anonymen vox pop, bei dem völlig Unbekannte befragt und gezeigt werden).
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.
Sven Tritschler
Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith
und Fraktion