Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen

Gesetzesentwurf

Gesetzentwurf
der Fraktion der AfD

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Unter­suchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen

A Problem

Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Un­tersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2002 (GV. NRW. 2003 S. 6), in Kraft getreten am 16. Januar 2003, wurde unter anderem als wesentliche Ände­rung die Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen, wie sie in § 20 a.F. geregelt war, abgeschafft.

Auf Bundesebene sah seinerzeit das Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungs­ausschüsse des Deutschen Bundestages (Untersuchungsausschussgesetz – PUAG) aus dem Jahr 2001 bereits keine Vereidigung von Zeugen vor. Nach der Gesetzesbegründung war dies eine bewusste Entscheidung des Bundesgesetzgebers: „Auf eine mögliche Vereidigung von Zeugen durch einen Untersuchungsausschuss soll ausdrücklich verzichtet werden. Zum einen entspricht ein ausdrücklicher Verzicht der ständigen Praxis der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages. Die gesetzliche Festschreibung widerspricht aber auch nicht der strafverfahrensrechtlichen Praxis, da auch die Gerichte zunehmend von Vereidigungen abse­hen. Eine mögliche Strafbarkeit wegen falscher uneidlicher Aussage bleibt durch die vorge­schlagene Änderung von § 153 StGB gewährleistet.“1

Im Nachgang zur Abschaffung der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen im nord­rhein-westfälischen Gesetz über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsaus­schüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen kam es bzgl. dieses Themenkomplexes zu wei­teren folgerichtigen Änderungen, und zwar wurden in § 4a Absatz 2 im 2. Spiegelstrich die Wörter „und ihre Vereidigung vorzunehmen“ gestrichen und in § 16 Abs. 1 Satz 1 wurden die Wörter „oder die Eidesleistung“ gestrichen.

Ungeachtet dessen ist bis heute in § 21 Absatz 1 Satz 3 geregelt, dass der Untersuchungs­ausschuss in den Fällen der Rechts- und Amtshilfe bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen angibt, ob der Zeuge oder Sachverständige vereidigt werden soll. Prinzipiell ist Amts- oder Rechtshilfe zur Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen stets dann vorzunehmen, wenn der ersuchende Untersuchungsausschuss nicht in der Lage ist, die Ver­nehmung selbst durchzuführen.

Bzgl. der Vereidigung von Zeugen oder Sachverständigen im Rahmen der Rechts- und Amts­hilfe stellt sich die Frage, ob die unverändert vorgesehene Angabe des Untersuchungsaus­schusses zur Vereidigung systemwidrig und inkonsequent ist. Mit der Abschaffung der Verei­digung von Zeugen oder Sachverständigen in nordrhein-westfälischen Untersuchungsaus­schüssen hat der Gesetzgeber immerhin bewusst darauf verzichtet. Gemäß § 20 Absatz 2 a.F. konnten Zeugen und Sachverständige ohnehin nur vereidigt werden, wenn der Untersu­chungsausschuss es wegen der Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahr­heitsgemäßen Aussage für geboten erachtete.

Die in Artikel 41 Absatz 2 Satz 1 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung ausdrücklich normierte Verpflichtung der Gerichte und Verwaltungsbehörden zur Rechts- und Amtshilfe ist zunächst eine klarstellende Regelung. In Artikel 41 Absatz 1 Satz 4 der Verfassung wird auf ein Gesetz verwiesen, welches das Nähere über die Einsetzung, die Befugnisse und das Ver­fahren der Untersuchungsausschüsse regelt. Hieraus folgt, dass Artikel 41 Absatz 1 Satz 4 prinzipiell den Anspruch erhebt, mit der Verweisung auf ein Gesetz die Rechte bei der Erhe­bung der Beweise durch die Untersuchungsausschüsse erschöpfend zu regeln. Im Gegensatz zur Verfassung des Freistaates Bayern, die in Art. 25 Absatz 3 für Untersuchungsausschüsse ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, Zeugen zu beeidigen,2 räumt die nordrhein-westfälische Landesverfassung den vom Landesparlament eingesetzten Untersuchungsausschüssen kein Recht zur Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen ein. Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2002 (GV. NRW. 2003 S. 6) brachte der Gesetzge­ber mit der Abschaffung der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen seine Auffassung zum Vereidigungsrecht eindeutig zum Ausdruck. Die in § 21 Absatz 1 Satz 3 enthaltene Re­gelung zur Angabe, ob der Zeuge und Sachverständige in den Fällen der Rechts- und Amts­hilfe zu vereidigen ist, wirkt wie ein unsystematischer Fremdkörper im Gefüge der abgeschaff­ten Vereidigungsmöglichkeit. Ein abgeschafftes originäres Recht des Untersuchungsaus­schusses in den Fällen der Rechts- und Amtshilfe dem ersuchten Gericht wieder einzuräumen, ist nach alledem systemwidrig und angesichts der gesetzgeberischen Absicht inkonsequent.

B Lösung

Die Angabe des Untersuchungsausschusses zur Vereidigung des Zeugen oder Sachverstän­digen gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 wird ersatzlos gestrichen.

C Alternativen

Keine

D Kosten

Keine

Begründung

Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Un­tersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2002 (GV. NRW. 2003 S. 6) hat das Landesparlament mit der Abschaffung der Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen die rechtspolitischen Erwägungen des Bundesgesetzgebers zur Vereidi­gung von Zeugen und Sachverständigen bei Vernehmungen vor einem Untersuchungsaus­schuss übernommen.

Die Systemwidrigkeit der unverändert bestehenden Regelung in § 21 Absatz 1 Satz 3 ist aus rechtsdogmatischen Gründen zur Schaffung von Rechtsklarheit zu beseitigen. Dies kann nur mit einer ersatzlosen Streichung der nach geltendem Recht vorgeschriebenen Angabe zur Vereidigung von Zeugen und Sachverständigen in Fällen der Rechts- und Amtshilfe bei Zeu­genvernehmungen in Untersuchungsausschüssen erfolgen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei der Anwendung der Vorschrift zu Einzelfallentscheidungen kommt, die eben nicht von der gesetzgeberischen Absicht zur Abschaffung der Vereidigung gedeckt sind. Insoweit ist die Beseitigung der Systemwidrigkeit zur Schaffung von Rechtsklarheit erforder­lich. Die abnehmende Bedeutung des Eides ist bei der Frage nach der „Sinngemäßheit“ der Anwendung der Zeugenvereidigung unverändert im Untersuchungsausschuss zu berücksich­tigen. So ist durch die Neuregelung des § 59 StPO im Jahre 2004 der Regelfall der Vereidigung im Strafverfahren entfallen. Die Vereidigung ist seitdem ein zu begründender Ausnahmefall und wird in der strafprozessualen Praxis nur noch ausnahmsweise als Mittel der Wahrheitsfin­dung eingesetzt.

Hinzu kommt, dass der Untersuchungsausschuss durch Rechts- und Amtshilfeersuchen seine Kompetenzen nicht erweitern kann. Weder kann der Untersuchungsausschuss Mängel im ei­genen Kompetenzbereich durch die Inanspruchnahme von Rechts- und Amtshilfe kompensie­ren, noch werden durch ein Rechts- und Amtshilfebegehren des Untersuchungsausschusses die Kompetenzen der ersuchten Gerichte und Behörden erweitert.3

Nach alledem ist dem latent vorhandenen Risiko eidlicher Zeugenvernehmungen, die sich in­folge einer Anwendung der Verfahrensvorschrift des § 21 Absatz 1 Satz 3 ergeben könnten, durch Streichung des § 21 Absatz 1 Satz 3 entgegenzutreten.

Dr. Hartmut Beucker
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith

und Fraktion

 

Gesetzentwurf als PDF

 

1 https// dserver .bundestag .de/btd/14/057/1405790.pdf, S.19 (abgerufen am 15.03.2023). Datum des Originals: 21.03.2023/Ausgegeben: 23.03.2023

2 https:// www .gesetze-bayern .de/Content/Document/BayVerf/true (abgerufen am 15.03.2023). 2

3 Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 44, Rn. 225.