Gesetz zur Stärkung der Wissenschaftsfreiheit

Gesetzentwurf
vom 17.10.2023

Gesetzentwurf

der Fraktion der AfD

Gesetz zur Stärkung der Wissenschaftsfreiheit

A Ausgangslage

Die Freiheit der Wissenschaft und der Lehre sind die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens, ein wichtiger Eckpfeiler einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft und in Arti­kel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland normiert. Die Behinderung von Lehrveranstaltungen, indem man Vorlesungen und Seminare stört oder zu verhindern ver­sucht, verstößt gegen den wissenschaftlichen Grundkonsens der Meinungs- und Redefreiheit sowie gegen die Lehr-, Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit. Wissenschaft kann nur dann stattfinden, wenn Argumente sachlich und frei geäußert sowie ausgetauscht werden können.

In der Vergangenheit kam es an Universitäten in Deutschland immer wieder zu Störungen von Vorlesungen und Seminaren, weil die vom Dozenten vorgetragenen Thesen der politischen Meinung einiger Weniger widersprachen. Teilweise konnten Vorlesungen wegen lautstarken Protestes nicht stattfinden. Damit wurde der wissenschaftliche Diskurs gestört bzw. verhindert.

So wurde ein Vortrag einer Biologin über Geschlecht und Gender an der Berliner Humboldt-Universität kurzfristig von der Universität aufgrund von Sicherheitsbedenken abgesagt. Die linke Gruppierung Arbeitskreis kritischer Jurist*innen rief zu einer Demonstration gegen diesen Vortrag auf und bezeichnete die Thesen der Biologin als „unwissenschaftlich, menschenver­achtend, queer- und trans*feindlich“. Auch der ReferentInnenRat der Universität schloss sich dem Boykott des Vortrages an und versandte eine E-Mail an die gesamte Studentenschaft, welche zur Teilnahme an der Demonstration gegen den Vortrag aufforderte.1

Auf dem Göttinger Literaturherbst 2019 verhinderten linke Aktivisten eine Lesung des früheren Bundesinnenministers Thomas de Maizière. Anlass für diese Blockade war die türkische Mili­täroffensive in Nordsyrien und das unter dem ehemaligen Innenminister zustande gekommene Flüchtlingsabkommen mit der Türkei.2

Ein weiterer Fall aus dem Jahre 2019, als der Mitbegründer, ehemalige Vorsitzende und ehe­maliges Mitglied der Alternative für Deutschland Bernd Lucke, an seinen Lehrstuhl an die Uni­versität Hamburg zurückkehrte und seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen wollte, führte dazu, dass die erste Lesung aufgrund von Tumulten nicht abgehalten werden konnte. So wurde Herrn Lucke der Ausgang versperrt, er wurde mit Papierkügelchen beworfen und sogar klei­nere Handgreiflichkeiten fanden statt.3

Die Universität Hamburg reagierte mit einem „Kodex Wissenschaftsfreiheit“, der elf Punkte beinhaltet, um die Sicherstellung des Lehr- und Forschungsbetriebs zu gewährleisten und Be­einträchtigungen einzuschränken.4,5

An den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen sind derartige Vorfälle ebenfalls nicht fremd: Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der FDP Christian Lindner wurde auf einer Veranstaltung der Ruhr-Universität Bochum von Studenten niedergeschrien, welche aktiv versuchten seine Rede zu verhindern.6

Der Professor für islamische Religionspädagogik am Centrum für religiöse Studien und Leiter des Zentrums für islamische Theologie an der Universität Münster steht aufgrund seiner his­torisch-kritischen Koranexegese und seiner damit verbundenen Thesen für einen modernen Islam unter Polizeischutz, da er regelmäßig Hassnachrichten von Anhängern der Muslimbru-derschaft und Morddrohungen aus dem salafistischen Lager erhält.7

Das Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen normiert in § 4 die Freiheit der Forschung, der Lehre und des Studiums explizit. Insbesondere werden in den Absätzen 1 und 2 ausdrücklich die Möglichkeiten der Verbreitung und des Austauschs von Meinungen, Forschungsergebnis­sen und der Durchführung von Lehrveranstaltungen benannt.

B Lösung

Das Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen wird dahingehend ergänzt, dass Hochschulen in ihren jeweiligen Grundordnungen den Schutz für wissenschaftliche Veranstal­tungen normieren und zu diesem Zwecke auch einen Sanktionskatalog für ihre Mitglieder er­stellen können.

C Alternativen
Keine.

D Kosten
Keine.

E Zuständigkeit

Zuständig ist originär der Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen.

G e g e n ü b e r s t e l l u n g => PDF

Begründung

A     Allgemeiner Teil

Der Staat und die Hochschulen sind gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes in der Pflicht, den wissenschaftlichen Diskurs frei und ohne Störungen zu ermöglichen. Im Hörsaal muss sich der Widerspruch gegen geäußerte Thesen in einer Art und Weise artikulieren, die dem wissenschaftlichen Diskurs würdig ist. Daher sind die Rede und Gegenrede ohne vorsätzliche Störungen zu ermöglichen. Während politische Proteste jederzeit außerhalb des Hörsaals stattfinden können und dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grund­gesetzes unterliegen, muss der freie Zugang zu Hörsälen nach Artikel 5 Absatz 3 des Grund­gesetzes möglich bleiben. Studenten und Hochschullehrer sowie alle anderen Besucher der Hochschule müssen auch weiterhin, trotz Protesten, die Möglichkeit eingeräumt bekommen, der freien Rede und der eigenen Meinung in wissenschaftlichen Veranstaltungen nachgehen zu können und ihre mit denen der anderen frei austauschen zu können. Dies muss durch die Hochschulen gewährleistet werden.

B     Besonderer Teil

I. Zu Artikel 1:

Der neu einzufügende Satz 3 normiert den Schutz vor Störungen und gestaltet diese Aufgabe näher aus. Normadressat ist jeder, der es versucht, eine wissenschaftliche Veranstaltung vor­sätzlich zu be- oder verhindern.

Insbesondere politische Störungen und Störversuche sollen hiervon umfasst werden, dies je­doch nicht ausschließlich. Den Hochschulen soll die Möglichkeit eingeräumt werden, auch an­dere, nicht politische und dennoch vorsätzliche Störungen zu unterbinden.

Ferner soll den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Sanktionskatalog für durch ihre jeweiligen Mitglieder verursachte Störungen zu entwickeln, um eine Disziplinierung von Mitgliedern, welche den Wissenschaftsbetrieb wissentlich und willentlich gestört haben, erreichen zu können. Dieser Sanktionskatalog kann sich an § 51a des Hochschulgesetzes orientieren oder diesen ergänzen. Ferner ist er bei Erstellung für Mitglieder bindend, um keine Regelungslücken aufkommen zu lassen.

Eine Exmatrikulation als Sanktionsmöglichkeit soll ausdrücklich nur als Ultima Ratio herange­zogen werden können.

II. Zu Artikel 2:

Artikel 2 regelt das Inkrafttreten.

Prof. Dr. Daniel Zerbin
Dr. Martin Vincentz
Andreas Keith

und Fraktion

 

MMD18-6376

 

1 https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/humboldt-uni-sagt-vortrag-ueber-geschlecht-und-gen-der-ab-18146161.html (abgerufen am 06.10.2023).

2 https://www.rnd.de/politik/wegen-nordsyrien-lesung-von-ex-minister-de-maiziere-blockiert-WSWR3FC7WL5ICGOVHNEOOP6TVY.html (abgerufen am 06.10.2023).

3 https://www.sueddeutsche.de/bildung/bernd-lucke-afd-universitaet-1.4643462 (abgerufen am 06.10.2023).

4 https://www.die-tagespost.de/kultur/uni-hamburg-geht-gegen-cancel-culture-vor-art-225645 (abgeru­fen am 06.10.2023).

5 https://www.uni-hamburg.de/uhh/profil/leitbild/kodex-wissenschaftsfreiheit.html (abgerufen am 06.10.2023).

6 https://www.stern.de/politik/deutschland/christian-lindner–studenten-poebeln-gegen-ihn-bei-auftritt-in-uni-bochum-7536536.html (abgerufen am 06.10.2023).

7 https://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/afghanistan-fuer-die-taliban-ist-die-scharia-die-ein-zige-legitime-gesellschaftsordnung-a-82f7be63-af56-4c5a-a0fe-8e0371ca474c (abgerufen am 06.10.2023).