Kleine Anfrage 2764des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz vom 15.07.2019
Gesundheit in Nordrhein Westfalen.
Die gesundheitlichen Lebenschancen sind in weiten Teilen Nordrhein-Westfalens auch sozial ungleich verteilt. Häufig führt finanzielle Armut zu erhöhten gesundheitsbezogenen Risikofaktoren. Zudem leiden Menschen in finanzieller Armut häufiger an gesundheitlichen Einschränkungen und haben eine geringere Lebenserwartung, als finanziell besser gestellte Menschen. Ausschluss von sozialer Teilhabe und räumliche Segregation in Armutsquartieren beinträchtigen in hohem Maße das gesundheitliche und psychosoziale Wohlbefinden der Betroffenen.
Traditionelle Versorgungsansätze erreichen Erwachsene und Kinder in Armut nur selten und keineswegs in ausreichender Qualität. Zudem ist das Versorgungssystem nicht oder nur eingeschränkt auf die diversen individuellen Problemlagen der Patienten eingestellt. Insbesondere sind es sprachliche und kulturelle Hürden, welche die Versorgung und Präventionsangebote erschwerend einschränken. So werden Behandlungsanweisungen nicht oder nur eingeschränkt verstanden und Patienten, sowie Kinder und Jugendliche werden nicht durch ihre Eltern unterstützt. Am Beispiel der haus- und kinderärztlichen Versorgung zeigt sich auch, dass in den letzten Jahren immer mehr Praxen aus den Armutsquartieren abgewandert sind, oder keine Nachfolger finden. Es bedarf eines zielgruppenspezifischen Präventions- und Rehabilitationskonzeptes, das speziell auf die Quartiere zugeschnitten ist. Dazu muss auch eine Kooperation zwischen medizinischen und beratenden Angeboten zukünftig sichergestellt werden.
In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung:
1. Wie hat sich die Lebenserwartung in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
2. Wie hat sich der Anteil der chronisch kranken Menschen in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
3. Wie hat sich der Anteil der psychisch Kranken Menschen in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
4. Wie hat sich der Anteil der Menschen mit Suchterkrankungen in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
5. Wie hat sich der Anteil an Adipositas in der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
Dr. Martin Vincentz
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 12.08.2019
Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2764 mit Schreiben vom 12. August 2019 namens der Landesregierung beantwortet.
1. Wie hat sich die Lebenserwartung in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
Die Entwicklung der mittleren Lebenserwartung der Frauen und Männer ist in der nachfolgenden Tabelle für die Jahre 2013/2015 bis 2015/2017 im Bundesvergleich dargestellt. Dabei werden 3-Jahres-Mittelwerte angegeben. Datenquellen sind das Statistische Landesamt, IT.NRW bzw. das Statistische Bundesamt, Destatis.
Die Werte für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen werden im Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen (LZG.NRW) berechnet. Diese Daten sind in der Tabelle 1 in der Anlage aufgeführt.
2. Wie hat sich der Anteil der chronisch kranken Menschen in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
Der Anteil chronisch kranker Menschen in der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen wird jährlich im Rahmen des NRW-Gesundheitssurveys auf Basis einer Selbsteinschätzung der Befragten erhoben und wurde durch das LZG.NRW für diese Anfrage berechnet.
Die Daten für Deutschland werden vom Statistischen Bundesamt bzw. der EU-Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen bereitgestellt. Diese Daten lassen sich nicht unmittelbar mit der Datenlage aus Nordrhein-Westfalen vergleichen, da auf Bundesebene Daten für die Bevölkerung ab 16 Jahren und nicht wie in Nordrhein-Westfalen für die Bevölkerung ab 18 Jahren erfasst werden. Für das Jahr 2018 liegen keine Daten der Bundesebene vor. Die Entwicklungen werden in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.
Anteil chronisch Kranker, in % der Befragten mit Angaben zu chronischen Krankheiten | ||||||||||||
Gesamt | Frauen | Männer | ||||||||||
2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | |
Deutschland | 42,5 | 42,3 | 44,1 | – | 43,4 | 43,9 | 45,3 | – | 41,5 | 40,7 | 43,0 | – |
Nordrhein-Westfalen | 41,0 | 39,1 | 42,6 | 45,1 | 40,9 | 40,0 | 45,5 | 45,5 | 41,2 | 38,2 | 39,5 | 44,6 |
Deutschland: Werte ab 16 Jahren; Nordrhein-Westfalen: Werte ab 18 Jahren
Eine Aufschlüsslung nach Kreisen und kreisfreien Städten ist aufgrund fehlender Erhebungen nicht möglich.
3. Wie hat sich der Anteil der psychisch Kranken Menschen in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
Die häufigste Einzeldiagnose aus dem Bereich der psychischen Störungen ist die depressive Episode. Für andere psychische Erkrankungen liegen keine adäquaten Vergleichszahlen vor.
Im Rahmen der Befragungsstudie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA; in mehrjährigen Abständen deutschlandweit) und des NRW-Gesundheitssurveys (jährlich NRW-weit) wird regelmäßig danach gefragt, ob die Befragten in den letzten zwölf Monaten eine Depression hatten. Die jeweils aktuellsten Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle angegeben. Diese Daten beziehen sich auf die Bevölkerung ab 18 Jahren. Aktuellere Vergleichsdaten für Deutschland liegen nicht vor.
Anteil der Befragten mit Depressionen in den letzten 12 Monaten in % | |||||||||||||||
Gesamt | Frauen | Männer | |||||||||||||
GEDA | NRW-Gesundheitssurvey | GEDA | NRW-Gesundheitssurvey | GEDA | NRW-Gesundheitssurvey | ||||||||||
2014/2015 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2014/2015 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2014/2015 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | |
Deutschland | 8,1 | – | – | – | – | 9,7 | – | – | – | – | 6,3 | – | – | – | – |
Nordrhein-Westfalen | 8,8 | 10,7 | 9,2 | 7,7 | 8,4 | 10,2 | 11,7 | 11,1 | 10,1 | 10,8 | 7,3 | 9,6 | 7,1 | 5,2 | 5,8 |
Eine Aufschlüsslung nach Kreisen und kreisfreien Städten ist aufgrund fehlender Erhebungen nicht möglich.
4. Wie hat sich der Anteil der Menschen mit Suchterkrankungen in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
Angaben zum Substanzkonsum werden regelmäßig im Epidemiologischen Suchtsurvey (ESA) des Institutes für Therapieforschung in den Bundesländern Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen erhoben. Aktuell liegen Daten aus dem Jahr 2015 vor. Die Studie ist verfügbar unter www.ift.de. Die Daten der im Jahr 2018 durchgeführten Befragung werden für Ende 2019 erwartet. In der Tabelle sind die jeweiligen Bevölkerungsanteile aufgeführt, bei denen anhand von Screening-Skalen ein klinisch relevanter Substanzkonsum ermittelt wurde.
Anteil der Befragten, die einen klinisch relevanten Substanzkonsum angeben
NRW | Bund | |
2015 | ||
Klinisch relevanter Tabakkonsum | 11,5% | 9,5% |
Klinisch relevanter Alkoholkonsum | 19,5% | 19,0% |
Klinisch relevanter Cannabiskonsum | 1,0% | 1,2% |
Klinsch relevanter Gebrauch von Medikamenten | 9,7% | 8,4% |
Die Unterschiede zwischen Nordrhein-Westfalen und der Bundesebene sind statistisch nicht signifikant. Eine Aufschlüsslung nach Kreisen und kreisfreien Städten ist aufgrund fehlender Erhebungen nicht möglich.
5. Wie hat sich der Anteil an Adipositas in der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen seit 2015 entwickelt in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und kreisfreien Städten.)
Angaben zum Gewichtsstatus werden bundesweit im Rahmen der Zusatzerhebung „Gesundheit“ des Mikrozensus erhoben. Diese Erhebung erfolgt alle 4 Jahre. Die neusten Daten beziehen sich auf das Jahr 2017. Als Indikator für Adipositas wird ein Body-Mass-Index (BMI) von 30kg/qm und mehr herangezogen. Der BMI-Wert wird hierbei anhand der Selbstauskünfte der Teilnehmenden zu Größe und Gewicht berechnet. Die folgende Tabelle zeigt den Anteil adipöser Menschen (BMI >=30 kg/qm) an allen Befragten ab 18 Jahren im Bundesvergleich für die Jahre 2013 und 2017.
Anteil der Befragten mit einem BMI von 30kg/qm und mehr (Angaben in %) | ||
2013 | 2017 | |
Deutschland
Nordrhein-Westfalen |
15,7
16,0 |
16,3
16,6 |
Diese Mikrozensuserhebung liegt in Nordrhein-Westfalen auch für die Kreise und kreisfreien Städte vor (Hochrechnung der 1%-Stichprobe). Die Daten werden in den Tabellen 2 und 3 im Anhang dargestellt.