Antrag
der Fraktion der AfD
Grundrechte schützen – Chancengleichheit im Wahlkampf gewährleisten
I. Ausgangslage
Regelmäßig finden an Schulen Wahlkampfveranstaltungen wie Podiumsdiskussionen, Gesprächskreise und Vorstellungsrunden statt. Den Schülern sollen hier Fähigkeiten zur politischen Willensbildung ermöglicht, und den Parteien die Gelegenheit zur Darstellung ihrer Positionen gegeben werden. Die Gegenüberstellung teils stark unterschiedlicher politischer Positionen zählt zum Grundwerkzeug unseres demokratischen Denkens. Weiterhin haben derartige Veranstaltungen eine nicht zu vernachlässigende Auswirkung auf die gesellschaftliche Wahrnehmung der beteiligten Fraktionen oder Gruppen, nicht zuletzt da kontroverse Ereignisse häufig von der Presse aufgegriffen werden und besonders Kinder und Jugendliche selten die Gelegenheit erhalten, davon unabhängige Darstellungen politischer Standpunkte zu hören. Besonders in einer Zeit der Einflussnahme über soziale Medien bieten reale Veranstaltungen in geschützten Räumen gute Möglichkeiten der Debatte und festigen unsere Diskussionskultur.
Leider geschieht es in den letzten Jahren immer häufiger, dass Schulen, Träger und andere öffentliche Veranstalter, die dem Gebot der Gleichbehandlung unterliegen, einzelne Parteien mutwillig oder unter Vorwand von solchen Wahlkampfveranstaltungen auszuschließen versuchen. Sich angeblich dem „Kampf gegen rechts“ und dem „Schutz der Demokratie“ verschreibend, stehen öffentliche Bildungseinrichtungen, welche nichtrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sind,1 mit dieser befangenen Ungleichbehandlung im Widerspruch zu Art. 21 Abs. 1 des Grundgesetzes2 und verstoßen zudem gegen § 5 des Parteiengesetzes.3 Eine Gleichbehandlung aller Parteien ist demnach nicht mehr gegeben. Dieser fast selbstironische Widerspruch ist in einem demokratischen Land nicht hinnehmbar. Viele Schulen verzichten daher sogar gänzlich auf politische Veranstaltungen, um sich dieser Fragestellung gar nicht erst aussetzen zu müssen, andere versuchen ihre Schüler im Vorfeld ausgiebig auf solche Veranstaltungen „vorzubereiten“. Hierfür stellt die GEW sogar eine gesonderte Hinweisseite zur Verfügung.4
Klagt eine betroffene Partei gegen solche Missstände und gegen fehlende Gleichbehandlung oder reicht sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein, erhält sie oftmals Recht, verantwortliche Lehrkräfte oder Schulleiter erhalten nicht selten eine Rüge, um an die Grundsätze unserer Demokratie erinnert zu werden. Dennoch kommt es immer wieder zu derartigen Geschehnissen, besonders vor Wahlen. Nichtsdestotrotz erreichen immer wieder Meldungen über Handlungsempfehlungen oder Anweisungen die Öffentlichkeit, wie bei gewissen politischen Akteuren vorzugehen sei, sollte sich eine politische Wahlveranstaltung abzeichnen. Auch in Aachen und Tübingen wurden AfD-Kandidaten von einer Schulveranstaltung kurzfristig ausgeladen.5 In Köln dagegen wurde nach einer erfolgreichen Dienstaufsichtsbeschwerde eine Rüge gegenüber verantwortlichen Lehrkräften ausgesprochen. Da nicht alle Fälle von der Presse aufgegriffen werden und sie demnach keine breite Öffentlichkeit erlangen können, ist die vermutliche Dunkelziffer recht hoch. Trotz erfolgreicher Klagen und Beschwerden ist der Schaden bereits durch die verunmöglichte Teilnahme angerichtet und schwer wiedergutzumachen.
Mit derartigem undemokratischem und rechtswidrigem Vorgehen brüsten sich sogar einige Akteure und Organisationen des sozialmedialen Komplexes, der Bildungsumfeldes, Gewerkschaften und Beratungsagenturen. Sie geben Hinweise über Möglichkeiten zur Umgehung der Chancengleichheit oder warnen vor möglichen Wahlerfolgen durch die Ermöglichung der Teilnahme unliebsamer Parteien. Sie beraten öffentlich über Maßnahmen, wie man mit gewissen Gruppen umgehen kann, um ihren Erfolg bei Auftritten zu schmälern, „Überforderungen der Lehrkräfte zu verhindern“, Schülerproteste zu mobilisieren oder schlicht und ergreifend unliebsame Politiker nicht einladen zu müssen. Derartige Handlungsempfehlungen und politisches „Nudging“ dürfen nicht zum Normalfall in Nordrhein-Westfalen werden. Auch die jüngsten Aufrufe der Schulministerin, sich für die Teilnahme an Demonstrationen „für die Demokratie“,6 im Grunde jedoch „gegen die AfD“, stark zu machen, wurden an vielen Schulen positiv aufgefasst und mündeten in etlichen Plakataktionstagen, „freiwilligen“ und angeblich intrinsisch motivierten Schüleraktionen und letztendlich einigen tatsächlichen Demoteilnahmen, auch während der Schulzeit.7
Diese Zustände verhindern ein demokratisches Miteinander. Stattdessen benötigen wir klare Strukturen und Regelungen, welche die politische Meinungsbildung im öffentlichen Raum bestimmen. Hierzu ist die Mithilfe aller Beteiligten notwendig.
II. Der Landtag stellt fest:
- Politische Bildung sowie das Kennenlernen und Erlernen unserer Debattenkultur sind wichtige Güter im nordrhein-westfälischen Schulwesen.
- Im Zuge des „Schutzes der Demokratie“ dürfen demokratische Grundsätze nicht nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel“ verworfen werden.
- Der öffentliche plakative Meinungskampf in Form von Diffamierungen und populistischen Vorwürfen darf nicht an unseren Schulen ausgetragen werden, stattdessen muss dort eine sachliche und demokratische Debattenkultur herrschen.
- Verstöße gegen unsere demokratischen Prinzipien müssen konsequent geahndet und aufgearbeitet werden.
- Aufforderungen an Lehrer und Schulleiter durch Gewerkschaften und andere Organisationen, demokratische Grundsätze im Namen vermeintlicher politischer Ziele zu brechen oder zu umgehen, gefährden unser demokratisches Miteinander und die Willensbildung unserer Schüler
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- die Teilnahme an derartigen politischen Veranstaltungen konsequent allen Gruppen mit Rechtsanspruch zu ermöglichen und unter besonderen Schutz der Landesregierung zu stellen;
- die demokratischen Abläufe der Einladungen sicherzustellen sowie eine Teilnahmegarantie unabhängig von der politischen Einstellung einzelner Lehrkräfte oder Schulleitungen zu schaffen;
- Bündnissen, Gruppen, Institutionen und Organisationen eine klare Grenze aufzuzeigen, welche sie bei der Beteiligung im politischen Kontext an Schulen nicht überschreiten dürfen;
- klare Konsequenzen für antidemokratische Verstöße durch Schulleitungen oder Lehrer zu schaffen und Fälle den betroffenen Parteien oder deren Vertretern mitzuteilen sowie zugänglich zu machen;
- die politische Willensbildung wieder zum konkreten Bildungsziel nordrhein-westfälischer Lehrpläne zu erklären, statt bewusst diffuse Begriffe wie „Demokratiebildung“ und „Demokratieschutz“ zu nutzen;
- die Zusammenarbeit mit Bündnissen, Gruppen, Institutionen und Organisationen zu evaluieren, die zum Bruch unserer demokratischen Grundsätze, wie dem der Chancengleichheit im Wahlkampf aufrufen, und ggf. Konsequenzen zu ziehen.
Dr. Christian Blex
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.schulministerium.nrw/schulgesetz-fuer-das-land-nordrhein-westfalen
2 https://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html
3 https://www.gesetze-im-internet.de/partg/
4 https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/wie-schulen-der-afd-trotzen