Antragder AfD-Fraktion vom 07.12.2021
Gute Landwirtschaft braucht keine Bevormundung – Gutachten zeigt den agrarpolitischen Weg für unsere Landwirte
I. Höfesterben ist Realität
Deutschland ist unter den europäischen Ländern das Land mit den insgesamt teuersten Acker-böden.1 In nur zehn Jahren haben sich die Bodenpreise beinahe verdreifacht. Nach Bayern ist NRW mit 53.948 Euro je Hektar das zweitteuerste Bundesland für Ackerland. Der Druck auf die Fläche wird durch Boden als attraktive Geldanlage, durch die Flächenkonkurrenz zwischen Landwirten und Energieunternehmen und auch durch landwirtschaftsfremde Spekulanten massiv angeheizt. Die Preisentwicklung steigt schneller als der Produktionszuwachs und führt die Landwirte immer tiefer in die Verlustzone.
Eine Entspannung auf dem Agrarmarkt ist nicht absehbar; unter anderem ist auch mit einer weiteren Verschärfung der Situation zu rechnen. So beabsichtigt die Landesregierung, den Ökolandbau voranzutreiben, entsprechend der NRW-Nachhaltigkeitsstrategie und dem Ziel von 20 Prozent ökologischem Landbau bis zum Jahre 2030. Laut Umweltindikator ist in NRW für den ökologischen Landbau ein Anteil von sechs Prozent (für zuletzt 2019) dokumentiert.2 Das bedeutet, dass das Land den ökologischen Landbau in nur acht Jahren verdreifachen will. Von den planökologischen Ausbauzielen werden die Ertragseinbußen des ökologischen Landbaus von bis zu 40 Prozent (je nach Kulturpflanze) nur unzureichend thematisiert.
Licht ins Dunkel bringt das Gutachten für die Enquetekommissionen V „Gesundes Essen. Gesunde Umwelt. Gesunde Betriebe – Zukunftschancen für die nordrhein-westfälische Landwirtschaft gestalten, mittelständische Betriebe stärken, hohe Standards in Ernährung und Umweltschutz gemeinsam sichern“. Das Gutachten des Instituts für Agrarökonomie der Universität Kiel (Information 17/331) über die Auswirkungen umweltpolitischer Auflagen auf die nordrhein-westfälische Landwirtschaft wurde am 7. Oktober 2021 der Öffentlichkeit vorgestellt.3
Dieses Gutachten untersuchte die Umweltauflagen und auch, wie sie die alltägliche Arbeit der Landwirte verändern. Es wurde deutlich, dass die Summe aller Umweltauflagen (vor allen Dingen die neue Düngeverordnung) der Kostentreiber in der Landwirtschaft ist. Ein Landwirt in einem „roten“ Gebiet ist gezwungen, pauschal 20 Prozent weniger zu düngen. Das führt beispielsweise dazu, dass so produzierter Weizen zu wenige Proteine enthält und nicht mehr als Qualitäts- und Brotweizen klassifiziert wird, sondern nur noch als Futterweizen. Hochwertiger Weizen muss dann zukünftig importiert werden. Laut Gutachter verringert sich der Proteingehalt im Weizen um bis zu 2,9 Prozent. Die Umweltauflagen (Düngeverordnung, Gly-phosatverbot, Gewässerrandstreifen, GAP-Reform und Herbizidverbot) führen zu einem Erwerbsverlust von zehn bis zu 21 Prozent. Alleine die Düngeverordnung bedeutet für den Ackerbaubetrieb in NRW einen Verlust von 15 Prozent im optimistischen Fall und 25 Prozent im pessimistischen.
In dem Artikel „Landwirtschaft in NRW: nur mäßige Bilanz“ hat der WDR über das Pressegespräch berichtet. Der WDR stellt fest: „Vorgaben ohne Kompensation führen zu Verlusten“.
Ab dem Jahre 2023 sollen zehn Prozent – ansteigend bis 2026 auf 15 Prozent – der jährlichen Direktzahlungen in die Zweite Säule der GAP (in die zusätzliche Förderung der ländlichen Entwicklung) fließen. Die Erste Säule bilden die Direktzahlungen an Landwirte, die je Hektar landwirtschaftlicher Fläche gewährt werden. Die Erste Säule ist ein wichtiger Teil der GAP-Strategie, weil sie unbürokratisch gewährt wird, und sie sorgt für gerechte und vergleichbare Bedingungen zwischen den EU-Mitgliedsländern. Die Zweite Säule erfordert mehr Bürokratie und mehr Controlling. Mindestens 35 Prozent dieser Mittel für ländliche Entwicklung müssen für Umwelt-, Klima- oder Tierschutz-Maßnahmen reserviert werden.
Auch darf festgehalten werden, dass das Insektenschutzpaket der Bundesregierung für die heimische Landwirtschaft auch nachteilige Auswirkungen haben dürfte, ohne einen wirklichen ökologischen Mehrwert zu erbringen. Das vollständige Anwendungsverbot von Pflanzenschutzmitteln in Wasserschutzgebieten wird zu Schwierigkeiten beim Anbau von Zwischenfrüchten (für die Mulch- und Direktsaat) führen. Zwischenfrüchte werden in den genannten Schutzgebieten häufig zur Verringerung des Nitrataustrages über Winter eingesetzt.
Die Pläne der zukünftigen Ampel-Koalition gefährden die traditionelle Landwirtschaft. Der verengte Fokus auf Klimaneutralität geht zu Lasten schwächerer und kleinerer Familienhöfe.
II. Der Landtag stellt fest,
- dass NRW das Bundesland mit den zweithöchsten Preisen für Ackerland ist;
- dass die Negativ-Zinspolitik, die Energieunternehmen und landwirtschaftsfremde Spekulanten zusätzlich den Druck auf die Preise für landwirtschaftliche Flächen erhöhen;
- dass die Produktionszuwächse unterhalb der Preisentwicklung liegen;
- dass das planökologische Ziel von 20 Prozent ökologischen Landbaus bis 2030 für NRW eine Verdreifachung in acht Jahren bedeutet;
- dass ökologischer Landbau Ertragseinbußen von bis zu 40 Prozent (je nach Kulturpflanze) bedeutet;
- dass eine Minderversorgung von Kulturpflanzen den Proteingehalt von Qualitäts- und Brotweizen verringert;
- dass die neuen Umweltauflagen einen Erwerbsverlust von bis zu 25 Prozent für NRW-Landwirte bedeuten können;
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- den Versuch mit drei Öko-Modellregionen in NRW sofort zu beenden;
- alle Maßnahmen zur Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft auf den Prüfstand zu stellen und Fördergelder nicht mehr auf eine ideologische Klimaverträglichkeit hin zu gewähren;
- alle angeblichen Klimaschutzmaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zu beenden;
- einen stärkeren Fokus auf Einkommenssicherheit und Tiergesundheit zu legen;
- sich gegen die Förderung von Fleischersatzprodukten aus Agrarfördermitteln auszusprechen;
- vom Ökolandbauziel von 20 Prozent bis zum Jahre 2030 abzurücken;
- Agrarforschungsgelder nicht nur für die Belange des ökologischen Landbaus zu gewähren;
- sich weiterhin für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln einzusetzen und die Forschung für Wirkstoffe, die gezielt gegen einzelne spezifische Schädlinge wirken, auszubauen;
- sich für ein Tierschutzrecht nach Maß und Mitte einzusetzen und Landwirte nicht unter Generalverdacht zu stellen;
- neue Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft mit einem neuen „Gute-Landwirtschaft-Gesetz-NRW“ umzusetzen, das der Landwirtschaft wieder mehr Freiheiten gibt.
Dr. Christian Blex
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.agrarheute.com/management/finanzen/bodenpreise-deutschland-115000-euro-zahlen-580717
2 https://umweltindikatoren.nrw.de/natur-laendliche-raeume/oekologische-landwirtschaft