Kleine Anfrage 4033
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Haben Islamisten und türkische Rechtsextreme ein einflussreiches Netz in der SPD gespannt? – mindestens 49 Treffen der SPD mit Islamisten seit 2015
Wie aus Pressemeldungen hervorgeht, gibt es offenbar zahlreiche Kontakte der SPD zu türkischen Rechtsextremisten sowie ins islamistische Milieu. Betroffen sind auch SPD-Funktionäre aus NRW.1
Danach konnte Apollo News neben zahllosen Treffen von SPD-Ortsvereinen mit türkischrechtsextremen Gruppierungen auch mehr als ein Dutzend SPD-Politiker und -Mitglieder identifizieren, die sich in fundamentalistischen, nationalistischen und islamistischen Kreisen bewegen – wobei auffällig viele Positionen in Integrations- und Ausländerbeiräten bekleiden.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Gülistan Yüksel aus NRW soll mit der „Türk Federasyon“ verkehrt haben. Im Artikel heißt es dazu: „Im Jahr 2013 nahm sie an einer Veranstaltung des ‚Türk Kültür Dernegi’nin Mönchengladbach‘ (zu Deutsch: Türkischer Kulturverein Mönchengladbach) teil – dieser Verein trägt auf Twitter stolz das Logo der ‚Türk Federasyon‘ und retweeted Beiträge der Nationalist Movement Party (MHP), einer rechtsextremen, ultranationalistischen Partei in der Türkei. Auch ihre Mitglieder bezeichnet man als ‚Graue Wölfe‘. Gülistan Yüksel besuchte aber nicht nur den regionalen Ableger des Graue-Wölfe-Dachverbandes, sondern auch die ‚Union of European Turkish Democrats‘ (UETD), die inzwischen ‚Union Internationaler Demokraten‘ (UID) heißt – eine Lobbyorganisation des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.“2
Ein weiterer SPD-Funktionär aus Solingen, der auch stellvertretender Vorsitzender des Zuwanderer- und Integrationsrates der Stadt war, war angeblich im UID-Vorstand.3
Gleich vier Funktionäre der SPD-Duisburg – alle Mitglieder des Integrationsrates der Stadt – pflegten angeblich Kontakte zur DITIB. Ein Funktionär besuchte nicht nur die DITIB, angeblich rekrutierte er dort auch laut einem eigenen Facebook-Post Jugendliche für die SPD. Drei SPD-Funktionäre bekleiden wohl direkt Posten bei DITIB – u. a. in Duisburg.4
Auch in einer Liste von Treffen von Islamisten mit der SPD tauchen Funktionäre aus NRW auf, und zwar in 27 von 49 Fällen. Dabei ging es um Treffen mit den „Graue Wölfe“-Dachverbänden „ATIB“ und „Türk Federasyon“, der islamistischen türkischen Organisation „Milli Görüş“ und anderen Muslimbruder-nahen bzw. -zugehörigen Akteuren – also mit Vereinen und Protagonisten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.5
Bei den 27 Treffen stechen insbesondere Wuppertal, Remscheid und Krefeld hervor.
In Wuppertal dominiert ein Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion: Helge Lindh. Dieser traf sich angeblich in den vergangenen vier Jahren gleich achtmal mit Islamisten. „So war Lindh im April 2020 zu Gast in einer ATIB-Moschee in Wuppertal und diskutierte dort angeblich mit dem ATIB-Vorsitzenden Yavuz Aktas, also einem Vertreter der ‚Grauen Wölfe‘. Und auch mit dem türkischen Ableger der Muslimbrüder, ‚Milli Görüş‘ (IGMG), hatte Lindh regen Kontakt: im Juni 2020 nahm er an einer Online-Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „#IslamiQdiskutiert“ teil. „IslamiQ“ ist ein Medium, das auf seiner Website ganz offen die IGMG bewirbt. Sein Diskussionspartner ist der Imam der Hanauer IGMG-Gemeinde, B.“ Im Oktober 2021 besuchte Helge Lindh dann die IGMG-Gemeinde Wuppertal anlässlich des Tags der offenen Tür. Zudem nahm er an einer Diskussionsveranstaltung mit dem österreichischen Politikwissenschaftler H. teil, der angeblich eng mit der Muslimbruderschaft und der türkischen Regierung verbunden ist. Zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Miriam Scherff und dem Wuppertaler SPD-Politiker A. besuchte Helge Lindh die IGMG-Gemeinde Oberbarmen, die IGMG-Gemeinde Elberfeld und das Gemeindefest der DITIB Vohwinkel.6
Ein Vertreter der SPD-Fraktion der Stadt Remscheid traf sich angeblich innerhalb von sechs Jahren sechsmal mit Beobachtungsobjekten des Verfassungsschutzes. Im Mai 2018 besuchte der Landtagsabgeordnete Sven Wolf mit der Vorsitzenden des Integrationsrates das Frühjahrsfest der örtlichen ATIB-Gemeinde. Ein Jahr später, im Oktober 2019, besuchte Wolf dann gemeinsam mit Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz die Moschee der „Türk Federasyon“ in Remscheid. Dieser Vereinsverband ist laut Verfassungsschutz neben ATIB einer der größten Dachverbände der „Grauen Wölfe“.7 Irritierend war seinerzeit, dass der SPD-Abgeordnete Sven Wolf diesbezüglich von einer „tollen Begegnung“ sprach.8
Der Oberbürgermeister besuchte zusammen mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ingo Schäfer im Oktober 2022 außerdem die Remscheider „Milli Görüş“-Moschee. Im März schließlich besuchten der OB Burkhard Mast-Weisz und andere SPD-Funktionäre das Fastenbrechen der ATIB Remscheid – und die SPD postete das selbst auf Facebook.9
Die Vorsitzende des Integrationsrats Remscheid besuchte im Jahr 2022 angeblich noch zweimal die ATIB-Gemeinde zum Fastenbrechen: einmal im April, wie ATIB auf Facebook postete, und einmal am 29. Mai, wie die Stadt Remscheid in ihrem Newsletter berichtet. In Krefeld traf sich die SPD seit 2015 mindestens achtmal mit der IGMG und der „UNİON der türkischen und islamischen Vereine in Krefeld“.
In Stolberg besuchte der Bürgermeister Patrick Haas im Oktober 2021 die örtliche IGMG-Moschee, und im April 2024 lud die SPD-Fraktion dann die IGMG, die DITIB wie auch die „Türk Federasyon“ („Graue Wölfe“) zum gemeinsamen Fastenbrechen in die Stadthalle.
In Mülheim an der Ruhr war Oberbürgermeister Marc Buchholz im April 2024 zum Fastenbrechen bei der örtlichen ATIB-Gemeinde, also bei den „Grauen Wölfen“, zugegen.
Der SPD-Oberbürgermeister, Marc Herter, und andere SPD-Funktionäre in Hamm besuchten im Juni den Geburtstag eines Mannes aus dem „Graue Wölfe“-Umfeld.
In Essen beehrte der SPD-Vorsitzende im Jahr 2010 die IGMG-Moschee „Ayasofya“.10
Wie aus den Recherchen abschließend hervorgeht, gibt es neben den genannten Treffen angeblich zahllose weitere Treffen der nordrhein-westfälischen SPD mit DITIB-Verbänden, u. a. in Recklinghausen im April 2024, in Iserlohn im Februar 2023, in Siegen 2015 sowie in Kamen 2013.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Inwiefern kann die Landesregierung die oben genannten Verbindungen von teils hohen SPD-Funktionären aus NRW ins islamistische Umfeld bestätigen?
- Inwiefern liegen der Landesregierung Informationen über weitere – oben nicht genannte –Treffen bzw. Verbindungen von SPD-Funktionären ins islamistische Umfeld vor – insbesondere zu den Grauen Wölfen bzw. Milli Görüs? (Bitte im Detail ausführen)
- Inwiefern werden derartige Kontakte bzw. Verbindungen, wenn diese durch den NRW-Verfassungsschutz, im Rahmen der Beobachtung von Akteuren aus dem islamistischen Umfeld, festgestellt werden, dann auch aktiv registriert und dokumentiert?
- Inwiefern hat der NRW-Verfassungsschutz in den letzten Jahren eine verstärkte Einflussnahme islamistischer Akteure auf Gliederungen der SPD festgestellt?
- Inwiefern konnte der NRW-Verfassungsschutz in den letzten Jahren einen vermehrten Einfluss von SPD-Funktionären mit islamistischem Hintergrund insbesondere auf kommunale Integrationsräte bzw. Integrationsausschüsse feststellen?
Enxhi Seli-Zacharias
1 Vgl. https://apollo-news.net/das-islamisten-netz-der-spd/ und https://apollo-news.net/49-spd-treffen-mit-islamisten/
2 Ebd.
3 Ebd.
4 Ebd.
5 Ebd.
6 Ebd.
7 Ebd.
9 Ebd.
10 Ebd.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4033 mit Schreiben vom 31. Juli 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
- Inwiefern kann die Landesregierung die oben genannten Verbindungen von teils hohen SPD-Funktionären aus NRW ins islamistische Umfeld bestätigen?
- Inwiefern liegen der Landesregierung Informationen über weitere – oben nicht genannte –Treffen bzw. Verbindungen von SPD-Funktionären ins islamistische Umfeld vor – insbesondere zu den Grauen Wölfen bzw. Milli Görüs? (Bitte im Detail ausführen)
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellungen vor. Im Übrigen wird auf die Antworten zur Frage 5 der Kleinen Anfrage 665 (LT-Drs.18/1852) und Frage 3 der Kleinen Anfrage 2143 (LT-Drs.18/5478) verwiesen.
- Inwiefern werden derartige Kontakte bzw. Verbindungen, wenn diese durch den NRW-Verfassungsschutz, im Rahmen der Beobachtung von Akteuren aus dem islamistischen Umfeld, festgestellt werden, dann auch aktiv registriert und dokumentiert?
Einflussnahmen extremistischer auf nicht extremistische Akteure werden durch den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz registriert und bewertet. Sollten sich aus diesen Bewertungen Anhaltspunkte für den Verdacht ergeben, dass ursprünglich nicht extremistische Akteure extremistische Positionen übernehmen, gilt auch bezüglich dieser Akteure der gesetzliche Beobachtungsauftrag des Verfassungsschutzes. Eine personenbezogene Statistik über Kontakte zu nicht extremistischen Einzelpersonen wird nicht geführt.
- Inwiefern hat der NRW-Verfassungsschutz in den letzten Jahren eine verstärkte Einflussnahme islamistischer Akteure auf Gliederungen der SPD festgestellt?
Eine verstärkte Einflussnahme wurde in den letzten Jahren nicht festgestellt.
- Inwiefern konnte der NRW-Verfassungsschutz in den letzten Jahren einen vermehrten Einfluss von SPD-Funktionären mit islamistischem Hintergrund insbesondere auf kommunale Integrationsräte bzw. Integrationsausschüsse feststellen?
Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.