Haushaltssanierung der Kommunen durch Tod?

Kleine Anfrage
vom 05.04.2019

Kleine Anfrage 2242der Abgeordneten Iris Dworeck-Danielowski und Sven W. Tritschler vom 01.04.2019

 

Haushaltssanierung der Kommunen durch Tod?

Laut einer Studie des Bundes der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen und der Verbraucherberatung Aeternitas sind die durchschnittlichen kommunalen Friedhofsgebühren seit 2011 um 20% bzw. 23% gestiegen.

Je nach Kommune sind die Kosten für die verschiedenen Grabarten unterschiedlich hoch. So müssen die Bürger im Sterbefall für ein Urnenreihengrab in Soltau lediglich 326 Euro zahlen. In Cuxhaven müssen hingegen Angehörige für die gleiche Grabart Kosten in Höhe von 1.722 Euro aufbringen.

Wer sich für ein traditionelles Erdreihengrab entscheidet, wie es für viele Jahre die Regel war, muss über 4.000 Euro für die Bestattung einplanen.

Die Gebührenerhöhungen seien eine Reaktion auf die Finanzierungsprobleme zahlreicher Friedhöfe.1

In NRW sind die Gebühren ebenfalls unterschiedlich hoch. Laut einer Erhebung des Bundes der Steuerzahler NRW von 2017 belaufen sich die Grabkosten in Kerpen auf 4.577 Euro – in Bocholt hingegen liegen die Grabkosten lediglich bei 1.657,00 Euro.2

Für viele Menschen ist die letzte Ruhe nicht mit eigenen Mitteln zu stemmen.3

Wir fragen daher die Landesregierung:

1. Wie haben sich die Gebühren der Grabarten „Urnenreihengrab“ und „Erdreihengrab“ in NRW in den letzten 9 Jahren entwickelt? (bitte nach Kommune aufschlüsseln)

2. Wie hat sich der Anteil der „Urnengräber“ an den Gesamt-Bestattungen in den letzten 9 Jahren in NRW entwickelt?

3. Wie viele Bürger entscheiden sich in NRW jährlich für eine Bestattung im Ausland (Zeitraum 2010-2018)?

4. Wie hoch waren die Ausgaben der Kommunen in den Jahren 2010-2018 für Sozialbestattungen? (bitte aufschlüsseln nach Kommunen)

5. Wie viele „Armutsbegräbnisse“ gab es in NRW in den Jahren 2010-2018?

Iris Dworeck-Danielowski
Sven W. Tritschler

 

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1 http://www.umweltruf.de/2018_PROGRAMM/news/news3.php3?nummer=7771

2 https://www.steuerzahler-nrw.de/BdSt-NRW-vergleicht-Grabnutzungs-und-Bestattungsgebuehren/82390c94016i1p352/index.html

3 https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/armut-und-reichtum/armenbegraebnisse-ruhe-sanft-und-billig-12676535.html


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 02.05.2019

 

Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung hat die Kleine Anfrage 2242 mit Schreiben vom 2. Mai 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

1. Wie haben sich die Gebühren der Grabarten „Urnenreihengrab“ und „Erdreihengrab“ in NRW in den letzten 9 Jahren entwickelt? (bitte nach Kommune aufschlüsseln)

2. Wie hat sich der Anteil der „Urnengräber“ an den Gesamt-Bestattungen in den letzten 9 Jahren in NRW entwickelt?

3. Wie viele Bürger entscheiden sich in NRW jährlich für eine Bestattung im Ausland (Zeitraum 2010-2018)?

4. Wie hoch waren die Ausgaben der Kommunen in den Jahren 2010-2018 für Sozialbestattungen? (bitte aufschlüsseln nach Kommunen)

5. Wie viele „Armutsbegräbnisse“ gab es in NRW in den Jahren 2010-2018?

Die Fragen 1 bis 5 werden zusammen beantwortet.

Zu den Fragen 1 bis 4 liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor, da weder die Gebühren der Grabarten „Urnenreihengrab“ und „Erdreihengrab“ noch die kommunalen Ausgaben für Sozialbestattungen in der Finanzstatistik separat erfasst werden.

Bei den Fragen 4 und 5 bestehen zusätzlich Probleme der begrifflichen Abgrenzung. Das Sozialhilferecht kennt keine Begriffe wie „Sozialbestattung“ und „Armutsbegräbnis“. Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden ausschließlich nach § 74 SGB XII übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Zu übernehmen sind die Kosten, die üblicherweise für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende einfache Bestattung anfallen, die aber nicht auf die Aufwendungen einer von Ordnungsbehörden im Wege der Ersatzvornahme veranlassten Einfachbestattung beschränkt sind. Zur Beantwortung dieser Fragen liegen ebenfalls keine Daten vor.

Zu den Ausgaben für Bestattungskosten nach § 74 SGB XII gibt es eine vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Zeitreihe für Deutschland insgesamt und nach Bundesländern im Laufe des Jahres von 2010 bis 2017. Die Daten für das Jahr 2018 werden erst in einigen Monaten veröffentlicht. Danach gibt es folgende Entwicklung:

Zeitvergleich der Ausgaben für Bestattungskosten nach § 74 SGB XII Deutschland insgesamt und nach Bundesländern im Laufe des Jahres (Tabellenauszug für Nordrhein-Westfalen)

2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
15.474.352 15.618.894 16.060.041 16.892.445 16.285.815 17.358.561 16.881.392 15.797.612

 

Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Sozialhilfe/Tabellen/besondere-leistungen-20-5bis9-zeitvergleich-bestattungskosten-ausgaben-leistungen.html