Hitziger Flüchtlingsdialog in Hamminkeln-Mehrhoog zur Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) im Nachbarkreis Wesel

Kleine Anfrage
vom 27.10.2023

Kleine Anfrage 2803

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD

Hitziger Flüchtlingsdialog in Hamminkeln-Mehrhoog zur Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) im Nachbarkreis Wesel

Wie aus einem Bericht der NRZ hervorgeht, kam es am 5.Oktober 2023 zu einem „hitzigen Flüchtlingsdialog“ in Hamminkeln-Mehrhoog mit über 200 Teilnehmern.1 Dabei ging es um die ZUE im ehemaligen Bundeswehr-Depot in Rees-Haldern. Die ZUE befindet sich geografisch zwar im Kreis Kleve, betroffen ist allerdings eher der Hamminkelner Ortsteil Mehrhoog im Kreis Wesel, der wesentlich näher an der ZUE liegt als z. B. Rees im Kreis Kleve.

Die Nähe zur Kreisgrenze führt auch zu Zuständigkeitsproblemen bei der örtlichen Polizei. Für den Bereich der ZUE und den Hamminkelner Ortsteil Mehrhoog sind zwei verschiedene Kreispolizeibehörden zuständig.

Hamminkelner Bürger berichteten von erheblichen Problemen mit den Bewohnern der ZUE, darunter „Exhibitionismus, Grapschereien, unflätige Bemerkungen, versuchte und vollendete Einbrüche und immer wieder Fahrrad- und Ladendiebstahl“. Der Abteilungsleiter der Kreispolizei Wesel wollte dies nicht bestätigen, konnte aber nur auf die offizielle Statistik verweisen, die das Dunkelfeld, also nicht angezeigte Delikte, gerade nicht abbildet. Die Statistik weise keine besonderen Auffälligkeiten für Mehrhoog auf – ein Satz, der für viel höhnisches Gelächter sorgte. Hamminkeln, so erklärte der Abteilungsleiter der Kreispolizei Wesel, ist bereits seit Juni 2022 im Visier der Polizei und diese ist – verteilt auf das ganze Stadtgebiet – an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden vor Ort. Der immer wieder laut werdender Forderung einer 24-Stunden-Wache für Hamminkeln erteilte er direkt eine Absage.2

Das ist erstaunlich vor dem Hintergrund, dass in dem von der ZUE Haldern lediglich 7 km entfernten Hamminkelner Ortsteil Dingden eine weitere ZUE für 450 Personen entstehen soll. Zudem ist die Mehrhooger Hogebuschhalle wieder als kommunale Unterkunft im Gespräch. Wie diese Belastung ohne ortsnahe 24-Stunden-Wache dauerhaft bewältigt werden soll, ist schleierhaft.

Wie der Einrichtungsleiter der Bezirksregierung für die ZUE Haldern berichtete, war die ZUE in Haldern eigentlich für 200 Menschen eingerichtet worden, wurde aber mittlerweile erweitert, so dass aktuell 448 Menschen dort untergebracht sind. 70 Prozent der Bewohner seien alleinstehende Männer, 16 Prozent Frauen und 14 Prozent Kinder.3

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Straftaten wurden im Zusammenhang mit der ZUE Haldern im Jahr 2022 sowie bisher im Jahr 2023 verzeichnet? (Bitte differenziert nach Jahr, Straftatbestand und Anzahl listen)
  2. Wie verteilen sich diese Straftaten auf die örtlichen Zuständigkeitsbereiche der Kreispolizeibehörden Wesel und Kleve?
  3. Wie viele Einsätze verzeichnete die Polizei seit 2022 in/um die ZUE Haldern?
  4. Inwiefern ist es nach Ansicht der Landesregierung dauerhaft vertretbar, in Hamminkeln keine eigene 24-Stunden-Wache einzurichten, insbesondere vor dem Hintergrund der oben aufgeführten zusätzlichen Unterbringungseinrichtungen in Hamminkeln-Dingden (ZUE) und Hamminkeln-Mehrhoog (kommunale Einrichtung)?
  5. Inwiefern gibt es Vorgaben von Seiten des zuständigen Ministeriums bzw. der Bezirksregierung an die Leitung der ZUE an den Sicherheitsdienst, bei „kleineren Problemlagen“ von einer Alarmierung der Polizei abzusehen4?

Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner

 

MMD18-6601

 

1 Vgl. https://www.nrz.de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/hitziger-fluechtlings-dialog-in-hamminkeln-buerger-sind-sauer-id239737559.html

2 Ebd.

3 Ebd.

4 Vgl. https://www.nrz.de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/zue-plaene-in-hamminkeln-das-ueberfordert-unser-dorfleben-id239771609.html


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2803 mit Schreiben vom 24. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfas­sung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten für das Jahr 2023 derzeit noch nicht qualitätsgesichert vor.

Für die Beantwortung der Fragen 1 und 2 beziehe ich mich auf die Anschrift Depotstraße 20, 46459 Rees, der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) Haldern, die als ZUE Rees II geführt wird.

  1. Wie viele Straftaten wurden im Zusammenhang mit der ZUE Haldern im Jahr 2022 sowie bisher im Jahr 2023 verzeichnet? (Bitte differenziert nach Jahr, Straftatbe­stand und Anzahl listen)

Im Jahr 2022 wurden an der Anschrift der ZUE Haldern 30 Straftaten erfasst. Dabei kann es sich um Fälle handeln, die sich in der ZUE Haldern, in anderen zugehörigen Gebäudeteilen oder nur an der Adresse, z.B. vor der ZUE, ereignet haben. Ein direkter Bezug zur ZUE Haldern kann über die Polizeiliche Kriminalstatistik nicht hergestellt werden.

  1. Wie verteilen sich diese Straftaten auf die örtlichen Zuständigkeitsbereiche der Kreispolizeibehörden Wesel und Kleve?

Die örtliche Zuständigkeit regelt das Gesetz über die Organisation und die Zuständigkeit der Polizei im Lande Nordrhein-Westfalen (Polizeiorganisationsgesetz – POG NRW). Die für den Bereich der ZUE Rees II zuständige Kreispolizeibehörde (KPB) ist Kleve.

  1. Wie viele Einsätze verzeichnete die Polizei seit 2022 in/um die ZUE Haldern?

Im Jahr 2022 wurden im Zuständigkeitsbereich der KPB Kleve 42 Einsätze an der ZUE Haldern verzeichnet. Im Jahr 2023 kam es bisher zu insgesamt 58 Einsätzen an der besagten Örtlichkeit. In der Summe kam es daher seit 2022 (bis zum 31.10.2023) zu 100 Einsätzen. Als Datengrundlage der Einsatzauswertung über das Führungsinformationssystem Polizei NRW dient das Einsatzbearbeitungssystem eCebius. Diese Auswertung unterscheidet nicht zwi­schen Einsätzen, die in, unmittelbar an oder im Nahbereich der ZUE stattgefunden haben.

  1. Inwiefern ist es nach Ansicht der Landesregierung dauerhaft vertretbar, in Hamminkeln keine eigene 24-Stunden-Wache einzurichten, insbesondere vor dem Hin­tergrund der oben aufgeführten zusätzlichen Unterbringungseinrichtungen in Hamminkeln-Dingden (ZUE) und Hamminkeln-Mehrhoog (kommunale Einrich­tung)?

Wie bereits im gleichen Sachzusammenhang in der Antwort auf die Frage 1 zur Kleinen An­frage 2589 dargestellt, entscheiden die Behördenleitungen vor Ort nach eingehender Bewer­tung der gegebenen Rahmenbedingungen über den konkreten Einsatz und die Binnenvertei­lung der Personalressourcen. Die Zuweisung der personellen Ressourcen an die KPB richtet sich nach der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung, deren wichtigste Parameter die Entwick­lungen von Kriminalitäts- und Verkehrsunfallgeschehen sind. Die polizeiliche Präsenz und Auf­gabenwahrnehmung werden für die Gemeinde Hamminkeln neben dem dortigen Bezirksdienststandort durchgängig mit einem speziell für Hamminkeln vorgesehenen Einsatzmittel gewährleistet. Davon unbenommen ist die ergänzende Einsatzwahrnehmung bzw. Unterstüt­zung durch weitere Einsatzmittel der Polizeiwache Nord oder anderer Polizeiwachen. Auch bei der personellen Besetzung des Bezirksdienststandorts Hamminkeln wurden die besonde­ren Anforderungen berücksichtigt. Nachdem die Wache Hamminkeln in eine Bezirksdienst-Dienststelle umgewandelt wurde, ergeben sich keine gravierenden Unterschiede im Vergleich zur früheren und jetzigen Einsatzreaktionszeit. Bezogen auf den Stadtteil Hamminkeln-Mehrhoog kann diese Erkenntnis als Indiz für eine sachgerechte Organisationsausrichtung gewer­tet werden. Die Entwicklung der Einsatzbelastung, insbesondere orientiert an erkennbaren Einsatzschwerpunkten, wird fortlaufend geprüft. Die tägliche Lagebeurteilung kann anlassbe­zogen zu einer angemessenen Anpassung des Kräfteeinsatzes führen. Eine Anpassung der Organisation ist aus derzeitiger einsatzfachlicher Sicht nicht geboten.

  1. Inwiefern gibt es Vorgaben von Seiten des zuständigen Ministeriums bzw. der Be­zirksregierung an die Leitung der ZUE an den Sicherheitsdienst, bei „kleine­ren Problemlagen“ von einer Alarmierung der Polizei abzusehen?

Weder seitens der Landesregierung noch der Bezirksregierung Düsseldorf gab oder gibt es entsprechende Vorgaben.

 

MMD18-6981