Hochstapler als hochrangiger Mitarbeiter im Ministerium für Schule und Bildung?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1738

der Abgeordneten Carlo Clemens und Enxhi Seli-Zacharias AfD

Hochstapler als hochrangiger Mitarbeiter im Ministerium für Schule und Bildung?

Jahrelang war Herr Ü. Berater des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Schule und Bildung. 2006 war er als Referent für die CDU tätig, ab 2009 beriet er die Landesregierung u.a. zum islamischen Unterricht an Schulen, gab sich als promovierter Wissenschaftler aus und war zudem als Studienrat an der Theodor-König-Gesamtschule in Duisburg tätig. Nun steht der Vorwurf des Betrugs in 29 Fällen gegen ihn im Raum und es gilt zu prüfen, wie es zu dieser fragwürdigen Stellenbesetzung kommen konnte.1 Medienberichten zufolge trat Herr Ü. nicht nur als Experte des hochumstrittenen DITIB-Verbandes auf, sondern fungierte auch als Gründungsvorsitzender eines DITIB-Verbandes im Duisburger Stadtteil Wanheimerort.2

Zwar trennte sich die Landesregierung bereits 2021 von Herrn Ü., allerdings fungierte er über ein Jahrzehnt als hochrangiger Berater in Regierungskreisen.3

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Zu welchem Zeitpunkt erlangte die Landesregierung von den Betrugsvorwürfen in Form von zum Beispiel nicht existenten Zeugnissen sowie wissenschaftlichen Publikationen des Herrn Ü. Kenntnis?
  2. Warum wurden die fragwürdigen und teilweise nicht existenten Publikationen des Herrn Ü., besonders seine Dissertation in einer Publikationsreihe der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu seiner Erstanstellung bei der Landesregierung im Jahr 2009 nicht ausreichend geprüft?
  3. In welcher Form hat Herr Ü. im Jahr 2011 an der Schaffung des „Gesetzes zur Einführung des islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach“ im Land Nordrhein-Westfalen mitgewirkt?
  4. Inwieweit erhielt Herr Ü. eine Mehrvergütung durch seine erfundenen akademischen Titel während seiner Anstellung bei der Landesregierung?
  5. Welche Prüfmethoden wendet die Landesregierung an, um akademische Titel, Publikationen und Zeugnisse im Zuge von Bewerbungen auf Authentizität zu kontrollieren?

Carlo Clemens

Enxhi Seli-Zacharias

 

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1 Vgl. https:// www .welt.de/politik/deutschland/plus244845804/Anklage-Wie-sich-der-NRW-Islamberater-als-mutmasslicher-Hochstapler-entpuppte.html?

2 Vgl. ebd.

3 Vgl. https:// www .focus.de/politik/begruendete-zweifel-nrw-schulministerium-feuert-islamberater-er-soll-falschen-doktortitel-getragen-haben_id_13478971.html


Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1738 mit Schreiben vom 25. Mai 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Zu welchem Zeitpunkt erlangte die Landesregierung von den Betrugsvorwürfen in Form von zum Beispiel nicht existenten Zeugnissen sowie wissenschaftlichen Publikationen des Herrn Ü. Kenntnis?

Mitte 2021 erreichten das Ministerium für Schule und Bildung erste Fragen zur Promotionsur­kunde des Herrn Ü.. Die Bewertung, ob es sich bei der Vorlage der Urkunde um einen Betrug im strafrechtlichen Sinne handelt, ist Gegenstand eines strafrechtlichen Verfahrens. Dessen Ausgang bleibt abzuwarten. Auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 5917 des Abgeordne­ten Helmut Seifen AfD (LT-Drs. 17/14861) wird im Übrigen Bezug genommen.

  1. Warum wurden die fragwürdigen und teilweise nicht existenten Publikationen des Herrn Ü., insbesondere seine Dissertation in einer Publikationsreihe der Konrad-Adenauer-Stiftung, zu seiner Erstanstellung bei der Landesregierung im Jahr 2009 nicht ausreichend geprüft?

Im Jahr 2009 gab es keine Erstanstellung des Herrn Ü.

Generell gilt, dass bei der Einstellung von Lehrkräften sämtliche erforderlichen Unterlagen, insbesondere entsprechende Nachweise zu Ausbildungs- und Studienabschlüssen sowie das Führungszeugnis, durch die Einstellungsbehörden angefordert und in einem routinemäßigen Verfahren geprüft werden. Dabei gilt, dass alle Fragen im Zusammenhang mit der Einstellung wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen; dies bezieht sich auch auf die Echtheit vorge­legter Urkunden. Besteht Anlass zu Zweifeln an der Echtheit der vorgelegten Unterlagen und/oder der Glaubhaftigkeit von Erklärungen, erfolgt eine weitergehende Prüfung durch die einstellende Behörde.

Das beschriebene standardisierte Verfahren ist auch im Fall von Herrn Ü. durch die Schulauf­sicht durchgeführt worden.

  1. In welcher Form hat Herr Ü. im Jahr 2011 an der Schaffung des „Gesetzes zur Einführung des islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach“ im Land Nordrhein-Westfalen mitgewirkt?

Herr Ü. hat im Jahr 2011 nicht an der Erarbeitung eines Entwurfs des „Gesetzes zur Einführung des islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach“ im Land Nordrhein-Westfalen mitgewirkt.

  1. Inwieweit erhielt Herr Ü. eine Mehrvergütung durch seine erfundenen akademi­schen Titel während seiner Anstellung bei der Landesregierung?

Das Führen von akademischen Titeln hat keine besoldungs- oder entgeltrechtlichen Auswir­kungen und führt nicht zu einer „Mehrvergütung“. Auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 5917 des Abgeordneten Helmut Seifen AfD (LT-Drs. 17/14861) wird im Übrigen Bezug ge­nommen.

  1. Welche Prüfmethoden wendet die Landesregierung an, um akademische Titel, Publikationen und Zeugnisse im Zuge von Bewerbungen auf Authentizität zu kon­trollieren?

Im Einstellungsverfahren spricht zunächst eine Vermutung für die Echtheit von eingereichten öffentlichen Urkunden der Bewerberinnen und Bewerber. Nur bei Zweifeln an der Echtheit der Unterlagen geht die Behörde solchen anlassbezogen nach, beispielsweise durch entspre­chende Erkundigung bei der ausstellenden Behörde.

 

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