Hört die Solidarität der Ministerin für Flucht und Integration, Josefine Paul, mit dem iranischen Volk auf, wenn es um die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen oder den Umgang mit dem Zentralrat der Muslime geht?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1727

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD

Hört die Solidarität der Ministerin für Flucht und Integration, Josefine Paul, mit dem iranischen Volk auf, wenn es um die gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen oder den Umgang mit dem Zentralrat der Muslime geht?

Auf der Facebook-Seite des Ministeriums der Ministerin für Flucht und Integration hieß es am 12. April 2023:

„Die Menschenrechtslage im Iran ist weiter dramatisch. Das Regime verfolgt weiter auf brutalste Weise seine Bürgerinnen und Bürger – wenn sie demonstrieren, wenn sie ihre Meinung sagen, wenn sie als Frau ihr Kopftuch in der Öffentlichkeit ablegen. Es ist unsere Pflicht, weiter hinzusehen, die Gräueltaten zu benennen, zu verurteilen und die Menschen zur Verantwortung zu ziehen, die das menschenverachtende Regime weiter brutal aufrechterhalten wollen. Vor diesem Hintergrund halten wir es weiterhin für unverantwortlich, im Moment Menschen dorthin abzuschieben. Daher wird das Land den Abschiebestopp in den Iran über den 7. April hinaus verlängern. „Nordrhein-Westfalen steht solidarisch an der Seite der Iranerinnen und Iraner, die sich für Frauenrechte, für Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie gegen Folter und die Todesstrafe einsetzen“, sagte Flucht- und Integrationsministerin Josefine Paul.“1

Erst im Januar berichtete der Spiegel von einer stabilen Lage im Zusammenhang mit den deutsch-iranischen Handelsbeziehungen. „Die deutschen Exporte nach Iran sind im vergangenen Jahr gestiegen – trotz der blutigen Niederschlagung von Protesten. Von Januar bis November wuchsen sie um 12,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 1,5 Milliarden Euro. Damit wurde bereits nach elf Monaten das Ergebnis des gesamten Jahres 2021 von gut 1,4 Milliarden Euro übertroffen. […] Die deutsche Wirtschaft exportierte in der Vergangenheit vor allem chemische Produkte, Maschinen und Nahrungsmittel nach Iran. Umgekehrt werden hauptsächlich Nahrungsmittel nach Deutschland importiert. Die iranischen Exporte nach Deutschland summierten sich in den ersten elf Monaten 2022 auf knapp 278 Millionen Euro.“2

Auffällig ist zudem der unkritische Umgang mit dem Zentralrat der Muslime (ZMD). Der Landesvorsitzende des ZMD ist u.a. Mitglied der CDU Wuppertal und Mitglied im Beirat der Unterbringungseinrichtung für Ausreisepflichtige in Büren. (UfA)

Seit längerer Zeit ist die Mitgliedschaft des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) im ZMD bekannt. Dabei handelt es sich um den Außenposten des iranischen Mullah-Regimes, welches die Ministerin im Facebook-Beitrag offen kritisiert. Auch beim gemeinsamen Iftar-Essen in der Staatskanzlei oder auf dem Rheinturm waren in der Vergangenheit regelmäßig Funktionäre des ZMD vertreten.

Erst kürzlich beschrieb die Jüdische Allgemeine das IZH als eine „immense Gefahr für Juden“.3

Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), forderte „Nach dem, was der Verfassungsschutz in Hamburg über das IZH sagt, sollte man sich gut vorbereitet an eine Schließung machen.“ In einer Pressemitteilung forderte die DIG zudem, dass nicht nur eine Schließung des IZH geprüft werden solle, sondern die „aller dem iranischen Regime treu ergebenen Moscheen“.4

Trotz der bekannten Vorwürfe gegen das IZH besteht die Mitgliedschaft im ZMD fort.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Inwiefern hat die Ministerin für Flucht und Integration, Josefine Paul, gegenüber Funktionären des ZMD in der Vergangenheit die Mitgliedschaft des IZH thematisiert?
  2. In welcher Form wurde insbesondere der Landesvorsitzende des ZMD von Seiten der Landesregierung mit dieser Thematik konfrontiert?
  3. Welche zusätzlichen Verbindungen des ZMD – abgesehen von der Mitgliedschaft des IZH – mit dem iranischen Mullah-Regime sind der Landesregierung insbesondere in NRW bekannt?
  4. Inwiefern leidet nach Ansicht der Landesregierung die Glaubwürdigkeit der von Seiten der Ministerin vorgebrachten Kritik am iranischen Regime bei gleichzeitiger umfangreicher Zusammenarbeit mit dem ZMD?
  5. Inwiefern leidet nach Ansicht der Landesregierung die Glaubwürdigkeit der von Seiten der Ministerin vorgebrachten Kritik am iranischen Regime bei gleichzeitiger wohlwollender Duldung bzw. Nichterwähnung der blühenden Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern?

Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner

 

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1 Vgl. Facebook, Chancen NRW, 12.04.2023

2 Vgl. https:// www .spiegel.de/wirtschaft/deutsche-iran-exporte-sind-2022-gestiegen-trotz-protesten-a-16e86f45-6b57-4572-b312-848db778ded4

3 Vgl. https:// www .juedische-allgemeine.de/politik/islamisches-zentrum-hamburg-tritt-aus-schura-aus/

4 Vgl. Ebd.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 1727 mit Schreiben vom 25. Mai 2023 namens der Landesregierung im Ein­vernehmen mit dem Minister des Innern, der Ministerin für Schule und Bildung sowie dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei beantwortet.

  1. Inwiefern hat die Ministerin für Flucht und Integration, Josefine Paul, gegenüber Funktionären des ZMD in der Vergangenheit die Mitgliedschaft des IZH themati­siert?

Ich hatte bisher keine Gespräche mit Funktionären des ZMD.

  1. In welcher Form wurde insbesondere der Landesvorsitzende des ZMD von Seiten der Landesregierung mit dieser Thematik konfrontiert?

Die Landesregierung hat keine entsprechenden Gespräche mit dem Landesvorsitzenden des ZMD geführt.

  1. Welche zusätzlichen Verbindungen des ZMD abgesehen von der Mitgliedschaft des IZH mit dem iranischen Mullah-Regime sind der Landesregierung insbeson­dere in NRW bekannt?

Der Landesregierung liegen hierzu keine weiteren Erkenntnisse vor.

  1. Inwiefern leidet nach Ansicht der Landesregierung die Glaubwürdigkeit der von Seiten der Ministerin vorgebrachten Kritik am iranischen Regime bei gleichzeitiger umfangreicher Zusammenarbeit mit dem ZMD?

Eine umfassende Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem ZMD besteht nicht. In die­sem Zusammenhang wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 1035 (Landtags-Druck­sache 18/2879) verwiesen.

  1. Inwiefern leidet nach Ansicht der Landesregierung die Glaubwürdigkeit der von Seiten der Ministerin vorgebrachten Kritik am iranischen Regime bei gleichzeitiger wohlwollender Duldung bzw. Nichterwähnung der blühenden Wirtschaftsbezie­hungen zwischen beiden Ländern?

Wenn Demonstrationsrechte sowie Meinungs- und Religionsfreiheit bei Ablegen des Kopf­tuchs nicht gewährleistet werden, befinden sich Menschen und Menschenrechte in Gefahr – unabhängig davon, ob Wirtschaftsbeziehungen bestehen oder nicht.

 

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