Immer mehr Rentner beziehen Grundsicherung – Wir gefährdet sind Rentner in Nordrhein-Westfalen?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1145
der Abgeordneten Markus Wagner und Dr. Martin Vincentz vom 25.01.2023

Immer mehr Rentner beziehen Grundsicherung Wir gefährdet sind Rentner in Nordrhein-Westfalen?

40 Jahre oder länger einzahlen – und trotzdem weniger als 1.000,00 Euro Rente im Monat erhalten. Das ist leider die bittere Realität für rund 2,4 Millionen Rentner in Deutschland, wobei insbesondere Frauen von niedrigen Renten betroffen sind. Der verständliche Traum einer auskömmlichen Rente platzt in vielen Fällen selbst dann, wenn man viele Jahre Beiträge ins gesetzliche Rentensystem eingezahlt hat.1 Denn im bundesweiten Durchschnitt erhielt ein Altersrentner im Jahre 2021 1.304,00 Euro Rente im Monat, eine Altersrentnerin 832,00 Euro.2

Daher ist es auch nicht überraschend, dass immer mehr Rentner in Deutschland in die Altersarmut abrutschen und auf Grundsicherung angewiesen sind. Das Statistische Bundesamt legt dazu Zahlen vor, die verdeutlichen, dass die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter allein von Juni bis September 2022, also innerhalb von drei Monaten, von 628.570 auf 647.515 gestiegen ist. Demnach sind 18.945 Menschen mehr betroffen.3

Ein Anstieg der Personen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, ist allerdings schon länger zu verzeichnen. Vergleicht man die aktuellen Zahlen mit denen im September 2021, so kamen in der Kategorie „Altersgrenze und älter“ 68.420 Personen hinzu, die eine Grundsicherung beantragen mussten. Dies entspricht einem Anstieg von rund 12 Prozent. Gerade in den vergangenen Monaten haben Inflation und hohe Energiepreise dafür gesorgt, dass die Rente immer weniger einen gewissen Lebensstandard ermöglicht und vor Armut schützt.4

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie hoch war der durchschnittlich ausgezahlte monatliche (Alters-)Rentenbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung von 2010 bis 2022 in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Jahr und Geschlecht aufschlüsseln.)
  2. Wie entwickelt sich die Anzahl der Rentner seit 2010 bis heute in Nordrhein-Westfalen, die aufgrund einer zu geringen Rente eine Grundsicherung beantragen müssen? (Bitte nach Jahr und Geschlecht aufschlüsseln.)
  3. Wie hoch ist der jährliche Gesamtbetrag, der für die Grundsicherung seit ihrer Einführung bis heute an Rentner in Nordrhein-Westfalen ausgezahlt worden ist? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln.)
  4. Von wie vielen Rentnern, die aufgrund einer zu geringen Rente Grundsicherung beantragen, geht die Landesregierung für das Jahr 2023 aus?

Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz

 

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1 Vgl. htt p s: / /www.in f r an k e n .de/ratgeber/finanzen/alters a r m u t -in-deutschland-vor-allem-f r a u e n -sind-betroffen-wie-kann-die-g r u n d sicherung-helfen-a r t-53 61 91 2.

2 Vgl. htt p s : / /de. S t a t i s t a .com/statistik/daten/studie/4 45 1 23/umfrage/monatlicher-z a h l betrag-der-alters r e n t e n-in-deutschland-nach-geschlecht/.

3 Vgl. htt p s : / / t a z.de/Drohende-Alters a r m u t /!5 91 02 05 / .

4 Ebenda.


Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 1145 mit Schreiben vom 24. Februar 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie hoch war der durchschnittlich ausgezahlte monatliche (Alters-)Rentenbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung von 2010 bis 2022 in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Jahr und Geschlecht aufschlüsseln.)

Die Höhe des durchschnittlichen Rentenzahlbetrages bei Altersrenten ist kein geeigneter Indi­kator für Altersarmut oder den Grundsicherungsbedarf einer einzelnen Person, da weitere Renten, andere Alterseinkommen und auch der Haushaltskontext nicht erfasst sind. Die Er­gebnisse für den Rentenbestand am 31.12.2022 liegen voraussichtlich im Sommer 2023 vor.

Der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag von Renten wegen Alters in Nordrhein-Westfalen für die Jahre 2010 bis 2021 kann der Tabelle 1 entnommen werden.

Tabelle 1: Renten wegen Alters, Bundesland Nordrhein-Westfalen
Durchschnittliche Zahlbeträge in € / Monat

Jahr Frauen Männer
2010 475 1.134
2011 481 1.136
2012 495 1.155
2013 499 1.152
2014 553 1.168
2015 567 1.187
2016 595 1.227
2017 611 1.242
2018 637 1.279
2019 693 1.319
2020 724 1.360
2021 733 1.356

 

Quelle: Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenversicherung in Zeitreihen 2022, S. 172 und 174

Hinweis: Die Zahlen beziehen sich auf den Rentenbestand nach Wohnort (hier NRW) und alle Rentenversicherungsträger. Rentenbestand am 31.12., verschiedene Jahr­gänge. Ohne Knappschaftsausgleichsleistungen, reine KLG-Leistungen und ohne Ren­ten nach Art. 2 RÜG.

  1. Wie entwickelt sich die Anzahl der Rentner seit 2010 bis heute in Nordrhein-Westfalen, die aufgrund einer zu geringen Rente eine Grundsicherung bean­tragen müssen? (Bitte nach Jahr und Geschlecht aufschlüsseln.)

In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind Menschen wegen Alters leistungsberechtigt, wenn sie einerseits ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend bestreiten können und andererseits die Altersgrenze erreicht haben. Die Altersgrenze entspricht der gesetzlichen Regelaltersgrenze. Ein Rentenbezug ist keine Voraussetzung für den Leistungsbezug. Die Anzahl der Leistungsbezieherinnen und -bezieher der Grundsicherung aufgrund des Erreichens der Altersgrenze in Nordrhein-Westfalen kann, nach Jahr (Stichtag 31.12.) und Geschlecht aufgeschlüsselt, der Tabelle 2 entnommen werden (Da allein die Altersgrenze das Erfassungskriterium ist, handelt es sich bei den erfassten Personen nicht zwingend um „Rentnerinnen und Rentner“, die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen.).

Tabelle 2: Anzahl der Leistungsbeziehenden Grundsicherung wegen Alters (Wohnortprinzip)

Jahr Leistungsbeziehende
über Altersgrenze
insgesamt
davon
weiblich
davon
männlich
2010 112 245 74 916 37 329
2011 117 502 77 636 39 866
2012 125 598 82 412 43 186
2013 135 728 88 172 47 556
2014 140 368 89 017 51 351
2015 146 867 91 779 55 088
2016 145 295 89 228 56 067
2017 150 244 91 211 59 033
2018 154 550 93 147 61 403
2019 154 872 91 650 63 222
2020 154 805 90 330 64 475
2021 161 415 93 760 67 655
2022 174 840* **   **  

* Aktuellster Statistikdatenbestand 30.09.2022.

** Eine Differenzierung liegt zum Statistikdatenbestand 30.09.2022 nicht vor.

Quelle: IT.NRW

  1. Wie hoch ist der jährliche Gesamtbetrag, der für die Grundsicherung seit ihrer Einführung bis heute an Rentner in Nordrhein-Westfalen ausgezahlt worden ist? (Bitte nach Jahr aufschlüsseln.)

Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird durch die Länder im Auftrag des Bundes ausgeführt. Hierzu erstattet der Bund den Ländern die den Trägern der Sozialhilfe (TdS) entstandenen Nettoausgaben. Das Land leitet diese Mittel an die zuständigen TdS wei­ter. Der jährliche Gesamtbetrag, der für Leistungsbezieherinnen und -bezieher der Grundsi­cherung aufgrund des Erreichens der Altersgrenze vom Land an die TdS in Nordrhein-West­falen weitergeleitet wurde, kann der Tabelle 3 entnommen werden. Eine Differenzierung der Zahlungen anhand der Altersgrenze liegt erst seit dem Jahr 2016 vor. Für das Jahr 2022 läuft noch das Abruf- und Nachweisverfahren, weshalb keine Zahlen gemeldet werden können. Durch nachträgliche Korrekturmöglichkeiten im Abruf- und Nachweisverfahren, können Werte für einzelne Jahre von früheren Meldungen abweichen.

Tabelle 3: Jährliche Bundeserstattung Grundsicherung im Alter in Nordrhein-Westfalen in €

Jahr Erstattungsbetrag für Leistungsbeziehende über Altersgrenze in €
2016 754.144.960
2017 786.044.275
2018 813.353.484
2019 838.046.389
2020 882.623.989
2021 993.316.405

Quelle: Eigene Erhebung.

  1. Von wie vielen Rentnern, die aufgrund einer zu geringen Rente Grundsiche­rung beantragen, geht die Landesregierung für das Jahr 2023 aus?

Hierzu liegen keine Daten vor. Die Entwicklung des Leistungsbezugs ist von unterschied­lichen Faktoren abhängig, welche nicht zuverlässig prognostiziert werden können. Da die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eine antragsabhängige Sozial­leistung ist, spielen individuelle Beweggründe beim Leistungsbezug eine Rolle. Anzu­nehmen ist, dass die durch das Bürgergeld-Gesetz und das Wohngeld-Plus-Gesetz ein­getretenen Änderungen Auswirkungen auf die Anzahl der Leistungsbezieherinnen und – bezieher in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung haben werden.

Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) ist darauf angelegt, dass alle potentiellen berechtigten und bedürftigen Menschen die Ihnen zustehenden Sozialleistungen mög­lichst unkompliziert in Anspruch nehmen können. Ein steigender Leistungsbezug der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bedeutet somit auch, dass mehr Menschen ihren grundgesetzlichen Anspruch auf das soziokulturelle Existenzminimum wahrnehmen und somit die verschämte Altersarmut verringert wird.

 

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