Industrie ist wichtiger als Klimaschutz!

Antrag
vom 13.02.2025

Antrag

der Fraktion der AfD

Industrie ist wichtiger als Klimaschutz!

I. Ausgangslage

Der Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat am Abend des 13.01.2025 klargestellt: Industriepolitik ist ihm genauso wichtig wie Klimaschutz – wenn nicht sogar wichtiger. Auf der Betriebsrätekonferenz der CDU-Sozialvereinigung CDA in Bochum gab Merz eine neue, bisher aus seiner Partei unbekannte politische Richtung vor: „Wir steigen nirgendwo mehr aus, bevor wir nicht entschieden haben, wo wir einsteigen.“ Der Klimaschutz dürfe nicht wichtiger sein als der Erhalt der Industrie in Deutschland. Merz befürworte einen Ausstieg aus der Kohle- und Gasverstromung nur dann, wenn dies die deutsche Industrie nicht gefährde.1

Offenbar hat sich bei Friedrich Merz ein notwendiges Maß an Klimarealität eingestellt, sodass er – völlig richtig – ausführte: „Ich glaube persönlich nicht daran, dass der schnelle Wechsel hin zum wasserstoffbetriebenen Stahlwerk erfolgreich sein wird. Wo soll der Wasserstoff denn herkommen? Den haben wir nicht. Und wenn wir das mit Wasserstoff machen, dann ist die Tonne Stahl immer noch mindestens 300 Euro teurer, als wenn sie bisher konventionell er­zeugt wird.“2

Friedrich Merz fügte nach dem Pressebericht von BILD.de hinzu, dass die Stilllegung der letz­ten drei deutschen Atomkraftwerke durch die Ampel-Regierung mitten in der Energiekrise ein „schwerer strategischer Fehler“ gewesen sei. Eine solche Entscheidung werde es unter seiner Führung nicht mehr geben. Das gelte jetzt auch vor allem für Kohle- und Gaskraftwerke, denn die Ampel hatte als Zielmarke den Kohleausstieg 2030 anvisiert. Friedrich Merz warnte ein­dringlich vor den Folgen für die Wirtschaft: „Eine Stilllegung der Stromerzeugung über Kohle und Gas ohne Ersatzkapazitäten würde den Standort Deutschland massiv gefährden.“ Er be­kenne sich zwar ausdrücklich zum langfristigen Ausstieg aus fossilen Energien, aber nicht auf Kosten der Industrie.3 Ungeachtet dieser Mahnung ging der Block F des Braunkohlekraftwerks Weisweiler am 31. Dezember 2024 endgültig vom Netz. Die 320 Megawatt elektrischer Leis­tung waren über die Zeit der Dunkelflaute am 27. Dezember noch voll in Betrieb – und werden bei einer der nächsten Dunkelflauten fehlen.

Ähnlich hatte sich der Kanzlerkandidat der CDU bereits auf der Aufstellungsversammlung sei­ner Partei zur Liste der NRW-Bundestagskandidaten geäußert, als er für eine von ihm geführte Bundesregierung einen Paradigmenwechsel in der Energiepolitik ankündigte. Das Portal MSN zitiert ihn mit: „Ich sage Ihnen zu, dass wir in Deutschland aus keiner Energieerzeugungsquelle mehr aussteigen werden, bevor nicht der Ersatz am Netz ist.“ Dies rief er unter großem Beifall der CDU-Mitglieder in den Saal und ergänzte: „Wir werden nicht mehr einseitig nur auf Wind und Sonne setzen, sondern sämtliche Ressourcen ausschöpfen, die es gibt“.4

Offenbar hat der CDU-Spitzenkandidat erkannt, dass der oft angekündigte Ersatz für die be­reits stillgelegten und zur Stilllegung vorgesehenen Kapazitäten auf sich warten lässt. Mit Gas­kraftwerken, wasserstofffähig oder auch nicht, kann erst ab den 2030er-Jahren gerechnet wer­den, auch dann in nicht ausreichendem Umfang. Wie viel Gas dann zu welchem Preis zur Verfügung stehen wird, weiß heute niemand. Bei einer Genehmigungs- und Bauzeit von 6 bis 8 Jahren spielt aber auch die Frage eine Rolle, wer die Wirtschaftlichkeit der von CDU, SPD und Grüne geforderten Gaskraftwerke garantiert. Denn aktuell scheitert bereits der Bau von Erdgaskraftwerken an der Wirtschaftlichkeit. Da Wasserstoff als Brennstoff aktuell etwa drei­mal so teuer ist wie Erdgas, ist die Wirtschaftlichkeit von Wasserstoffkraftwerken auch in den nächsten Jahrzehnten ausgeschlossen.5

Im Wahlkampf äußert Friedrich Merz dementsprechend, dass dem Abschalten von konventio­nellen Kraftwerken nicht nur Taten folgen, sondern Taten vorangehen müssen: ‚Abschalten‘ erst dann, wenn vollständiger, zuverlässiger Ersatz geschaffen ist.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die Position, konventionelle Kraftwerkskapazitäten erst abzustellen, wenn neue, grund-lastfähige Kapazitäten betriebsbereit am Netz sind, ist richtig.
  2. Bereits jetzt bestehen Risiken, dass Deutschland bei einer längeren Dunkelflaute die Versorgung aller Stromkunden noch gewährleisten kann.
  3. Das weitere Abschalten von Kraftwerken bringt Deutschland in eine größere ausländi­sche Abhängigkeit
  4. Gaskraftwerke – egal ob mit Erdgas oder Wasserstoff betrieben – stehen voraussichtlich nicht vor 2033 in ausreichender Menge zur Verfügung.
  5. Der Neubau von Gaskraftwerken ist unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht wirtschaftlich.
  6. Es stehen nicht ausreichend wirtschaftlich betreibbare Speicher zur Verfügung.
  7. Ein industriefreies NRW verlagert nicht nur die Produktion, sondern auch die CO2-Emis-sionen lediglich ins Ausland.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. den für 2030 beschlossenen Kohleausstieg umgehend zu revidieren und ihn auf einen Zeitpunkt zu verschieben, an dem gesicherte, grundlastfähige Kraftwerke in ausreichen­der Anzahl und zu für die Industrie notwendigen wettbewerbsfähigen Preisen am Netz sind;
  2. sich auf allen Ebenen dafür einzusetzen, die Industrie von jeglichen ‚Klimaschutz‘-Be­lastungen zu befreien, insbesondere auch von den im Strompreis implizit enthaltenen CO2-Zertifikatekosten.

Christian Loose

Dr. Martin Vincentz

und Fraktion

 

MMD18-12781

 

1 Vgl. https://www.bild.de/politik/inland/cdu-knaller-merz-industrie-wichtiger-als-klimaschutz-6786086d21f8f5728de22dda, abgerufen am 04.02.2025.

2 https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/gr%C3%BCner-stahl-kritik-an-merz-aussagen-zur-zukunft-der-stahlindustrie/ar-BB1rqMeo?ocid=BingNewsSerp, abgerufen am 04.02.2025.

3 Vgl. ebenda.

4 https://www.msn.com/de-de/politik/beh%C3%B6rde/landesliste-der-nrw-cdu-atomkraft-pr%C3%BCfen-merz-punktet-bei-delegierten-mit-angriffen-gegen-gr%C3%BCne/ar-AA1vR4bt?ocid=BingNewsVerp, abgerufen am 14.01.2025.

5 Der Preis für „grauen“ Wasserstoff liegt bei etwa 80 bis 90 €/MWh im Vergleich zu rund 30 €/MWh für Erdgas. In den Jahren 2010 bis 2020 lagen die Erdgaspreise zumeist unter 20 €/MWh. Bei Erzeugung von Wasserstoff aus sogenannten erneuerbaren Quellen steigt der Wasserstoffpreis massiv. Vgl. zum Wasserstoffpreis: https://www.chemanager-online.com/news/wie-viel-ist-dein-wasserstoff-wert, abgerufen am 04.02.2025.

Beteiligte:
Christian Loose