Kleine Anfrage 2756
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Informationsveranstaltung zur geplanten Zentralen Unterbringungseinrichtung in Hamminkeln-Dingden lässt die Besucher ratlos zurück. Wann stellt sich die Landesregierung den Bürgern?
Am 26. September fand eine Infoveranstaltung zur geplanten ZUE in Hamminkeln-Dingden statt.1 In der Einladung hieß es, dass man den Rahmen nutzen werde, um mit der Öffentlichkeit die derzeitigen Kenntnisstände auszutauschen und die Überlegungen zu besprechen. Man wolle zudem mit der Einladung weder die Befürworter noch die Gegner der ZUE auf seine Seite ziehen. Die Hoffnung sei, dass mit dem Austausch der Gedanken, das Verständnis beider Seiten auf sachlicher Ebene bleiben kann. Neben dem Bürgermeister, Bernd Romanski (SPD), waren auch zwei Abgeordnete der CDU-Landtagsfraktion vor Ort.
Wie uns zugetragen wurde, war der Abend für die Anwohner eher ernüchternd. Zunächst wurde die Schuld bei Dr. Joachim Stamp gesucht, der in seiner neuen Funktion als Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen bessere Rückführungsabkommen aushandeln müsse. Der CDU-Stadtverbandssprecher meinte angeblich, dass er keine Kenntnis über eine Bewerbung der Stadt für eine ZUE habe. Besorgte Bürger berichteten von irritierenden Begegnungen mit Asylsuchenden in Meerhoog. Viele Bürger äußerten Sorgen um ihre Töchter und Söhne.
Die Rede war angeblich auch davon, dass die CDU Gladbeck behaupte, die ZUE im Hotel Van der Valk verhindert zu haben.2 Ein Landtagsabgeordneter behauptete in diesem Zusammenhang, dass es sich bei der Zahl von über 1.000 Plätzen im Hotel um Fake News gehandelt habe (was aber nichts an der Tatsache ändert, dass sich die Zahl 1.112 im Bebauungsplan fand).3 In Bezug auf die Größe der ZUE brachte der Bürgermeister vor, dass ihm das Land erst kürzlich erzählt habe, dass die Mindestgröße 450 Personen sei.
Schließlich wurde auch über die vorgeblichen Vorteile einer ZUE gesprochen. Neben der Kostenverlagerung auf das Land müsse man keine Notunterkünfte, z.B. in Turnhallen, einrichten. Anders ausgedrückt ging es darum, wer zahlt und wie die Personen verteilt werden, also nicht um das Ob, sondern nur um das Wie. Die Personen kämen so oder so.
Schließlich sei doch allein Innenministerin Faeser schuld. Der Bund solle die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären, Faeser blocke dies aber ab. Aufgeworfen wurde auch die wenig neue Erkenntnis, dass Migration als Waffe gegen westliche Demokratien eingesetzt werde. Man bräuchte stationäre Grenzkontrollen, aber Faeser wolle ja nicht. Deutschland stehe fast allein, da andere Länder keine Migranten aufnehmen wollen.
Am Ende hieß es, dass es nicht unbedingt am Ende 450 Personen in Dingden werden müssten, es könnten ja auch weniger sein.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Inwiefern ist im Zusammenhang mit der geplanten ZUE in Hamminkeln-Dingden noch ein Bürgerdialog vor der Entscheidung mit Vertretern der Landesregierung (Ministerin Josefine Paul und Staatssekretär Lorenz Bahr) bzw. mit Vertretern der Bezirksregierung Düsseldorf (Regierungspräsident Thomas Schürmann) vorgesehen?
- Inwiefern würde sich – unabhängig von der Kostenfrage – bei einer kleineren ZUE (für ca. 300 Personen) die Anzahl der in Dingden untergebrachten Personen reduzieren, wenn man die auf kommunaler Ebene untergebrachten Personen hinzurechnet?
- Wie aus dem Bericht der Rheinischen Post hervorgeht, bezeichnete es Bürgermeister Bernd Romanski (SPD) als „unklar“, ob die Stadt als Investor des ZUE auftritt oder die Bezirksregierung baut. Wie ist in diesem Zusammenhang der letzte Verhandlungsstand?
- Auch im Rahmen der genannten Veranstaltung war von einer Mietdauer für die ZUE von 20 bis 25 Jahren die Rede. Wie begründet die Landesregierung diese unverhältnismäßig lange Zeitspanne?
- Wie aus dem Bericht der NRZ hervorgeht, bemerkte der Dingdener CDU-Ortsverbandsvorsitzende im Vorfeld der Veranstaltung: „Viele Menschen sind aktuell verunsichert – und es ist unsere Pflicht zu verhindern, dass sie den rechten Rattenfängern auf den Leim gehen.“ Inwiefern hält es die Landesregierung für angemessen und mit der Menschenwürde vereinbar, Parteien als „Rattenfänger“ und somit Bürger bzw. Wähler als „Ratten“ zu bezeichnen?
Enxhi Seli-Zacharias
1 Vgl. https://www.nrz.de/staedte/wesel-hamminkeln-schermbeck/fluechtlinge-cdu-integrationsexperte-redet-mit-dingdenern-id239629431.html und https://rp-online.de/nrw/staedte/wesel/emotionale-debatte-um-fluechtlingsheim-in-hamminkeln-dingden_aid-98457619
3 Vgl. https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-5381.pdf
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2756 mit Schreiben vom 17. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung beantwortet.
- Inwiefern ist im Zusammenhang mit der geplanten ZUE in Hamminkeln-Dingden noch ein Bürgerdialog vor der Entscheidung mit Vertretern der Landesregierung (Ministerin Josefine Paul und Staatssekretär Lorenz Bahr) bzw. mit Vertretern der Bezirksregierung Düsseldorf (Regierungspräsident Thomas Schürmann) vorgesehen?
Eine erste Bürgerinformationsveranstaltung mit lokalen Vereinsvertretern hat stattgefunden. Soweit nötig und möglich werden betroffene Bürger und Anwohner umfassend, transparent und zeitnah informiert und eingebunden. Die Öffentlichkeit wird erneut spätestens im Zusammenhang mit dem baurechtlichen Planfeststellungsvorhaben beteiligt.
- Inwiefern würde sich – unabhängig von der Kostenfrage – bei einer kleineren ZUE (für ca. 300 Personen) die Anzahl der in Dingden untergebrachten Personen reduzieren, wenn man die auf kommunaler Ebene untergebrachten Personen hinzurechnet?
Die Landesregierung kann aufgrund fehlender Angaben in der Fragestellung hierzu keine Antwort übermitteln.
- Wie aus dem Bericht der Rheinischen Post hervorgeht, bezeichnete es Bürgermeister Bernd Romanski (SPD) als „unklar“, ob die Stadt als Investor des ZUE auftritt oder die Bezirksregierung baut. Wie ist in diesem Zusammenhang der letzte Verhandlungsstand?
- Auch im Rahmen der genannten Veranstaltung war von einer Mietdauer für die ZUE von 20 bis 25 Jahren die Rede. Wie begründet die Landesregierung diese unverhältnismäßig lange Zeitspanne?
Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Die Stadt Hamminkeln hat Interesse bekundet, für das Land Nordrhein-Westfalen eine Zentrale Unterbringungseinrichtung zu bauen und zu vermieten. Das Bauvorhaben wird durch die Stadt als Bauherr geplant und konzeptioniert. Zu weiteren konkreten Ausgestaltungen des Vorhabens, insbesondere zur Mietdauer, können aufgrund des rudimentären Planungsstandes keine Aussagen getroffen werden.
- Wie aus dem Bericht der NRZ hervorgeht, bemerkte der Dingdener CDU-Ortsverbandsvorsitzende im Vorfeld der Veranstaltung: „Viele Menschen sind aktuell verunsichert – und es ist unsere Pflicht zu verhindern, dass sie den rechten Rattenfängern auf den Leim gehen.“ Inwiefern hält es die Landesregierung für angemessen und mit der Menschenwürde vereinbar, Parteien als „Rattenfänger“ und somit Bürger bzw. Wähler als „Ratten“ zu bezeichnen?
Es liegen weder Kenntnisse zu der genannten Veranstaltung noch zu der getätigten Aussage vor. Unabhängig davon ist es nicht Aufgabe der Landesregierung, Äußerungen von Funktionsträgern in Parteien zu bewerten.