Irritierender Bürgerdialog in Düsseldorf – Hintergründe der Bürgerinformationsveranstaltung zur geplanten Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE)

Kleine Anfrage
vom 07.12.2023

Kleine Anfrage 3031

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Klaus Esser AfD

Irritierender Bürgerdialog in Düsseldorf Hintergründe der Bürger­informationsveranstaltung zur geplanten Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE)

Das Land NRW forciert aktuell den Ausbau eigener Unterbringungskapazitäten für Asylbewerber und Migranten in Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) – so auch am Standort Düsseldorf-Schwannstraße 12. Hierzu wurde von Seiten der Bezirksregierung Düsseldorf am 16. November 2023 zu einer Bürgerinformationsveranstaltung geladen.1 Anwohner sprachen auch uns gegenüber im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung von einem reinen „Beschwichtigungsprogramm“, u. a., weil zum Ende der Veranstaltung die Diskussion trotz zahlreicher offener Wortbeiträge einfach abgewürgt wurde.2

In einem ehemaligen Bürogebäude sollen 640 Personen unterkommen. Bereits Ende Oktober wurde die Vertragsunterzeichnung der Bezirksregierung mit einem Investor verkündet. Die Laufzeit soll achteinhalb Jahre betragen. Die Informationsveranstaltung fand folglich erneut erst zu einem Zeitpunkt statt, an dem alles in trockenen Tüchern war. Die Anwohner fühlen sich von daher zurecht übergangen und haben Angst um ihre Sicherheit. Dabei geht es auch um die weitere Nutzungsmöglichkeit angrenzender Spielplätze. Bei den Bewohnern soll es sich – wie die Bezirksregierung bereits jetzt zugeben muss – zu 70 % um Männer aus Syrien, Afghanistan und der Türkei handeln.3

Für weitere Aufregung sorgte die Bekanntgabe, dass die Stadt Düsseldorf in unmittelbarer Nähe eine weitere kommunale Großunterkunft plant. Die Bewohner zahlreicher Neubauten im Viertel, darunter viele Familien, befürchten zu Recht, dass sich ihr vertrautes Umfeld in naher Zukunft dramatisch verändern wird. Die Tatsache, dass die Bürger ohne eine Flugblattaktion der AfD vermutlich noch wesentlich später von den Plänen erfahren hätte, zeugt dabei von einer gewissen Respektlosigkeit gegenüber dem Souverän. Zusätzlich zur geschilderten Veranstaltung soll es – kurz vor der Einweihung der ZUE – nur noch einen „Tag der offenen Tür“ geben. Auch hierin zeigt sich eine irritierende Geringschätzung gegenüber den betroffenen Anwohnern.4

Bei der geplanten kommunalen Einrichtung handelt es sich ebenfalls um ein altes Bürogebäude, diesmal am Standort Kennedydamm 19. Die Entfernung zum Standort Schwannstraße 12 beträgt Luftlinie nur etwa 250 Meter.5

Die Größe der Immobile am Standort Kennedydamm 19 mit einer Mietfläche von 11.750 m2 gegenüber 8.000 m2 am Standort Schwannstraße 12 lässt vermuten, dass hier ca. 800 weitere Personen untergebracht werden sollen. Die Entfernung zur Synagoge beträgt übrigens keine 500 m, was der Angelegenheit eine zusätzliche Brisanz verleiht.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Inwiefern erfolgte eine Abstimmung seitens des Landes NRW bzw. der Bezirksregierung Düsseldorf mit der Stadt Düsseldorf vor dem Hintergrund der Errichtung von zwei Großunterkünften in unmittelbarer Nähe?
  2. Inwiefern interessiert sich die Landesregierung für die Belange der direkt betroffenen Anwohner von zukünftig gleich zwei Großunterkünften, vor dem Hintergrund, dass die Informationsveranstaltung erst nach der Vertragsunterzeichnung stattfand und lediglich noch ein „Tag der offenen Tür“ stattfinden soll?
  3. Zu welchem Zeitpunkt sollten die betroffenen Anwohner ursprünglich über die ZUE informiert werden, wenn keine Information seitens der AfD Düsseldorf erfolgt wäre?
  4. Inwiefern gab es im Vorfeld der Planungen Kontakte zur Jüdischen Gemeinde Düsseldorf?
  5. Wie begegnet die Landesregierung der Gefahr bzw. der Sorge der Anwohner, dass das betroffene Viertel zu einem integrationspolitischen Brennpunkt wird?

Enxhi Seli-Zacharias
Klaus Esser

 

MMD18-7261

 

1 Vgl. Zentrale Unterbringungseinrichtung in Düsseldorf: Bezirksregierung lädt zur Bürgerinformation ein | Bezirksregierung Düsseldorf (nrw.de)

2 Vgl. Gigantischer Asyl-Komplex in Düsseldorf – Anwohner sauer: „Unser Stadtteil wird zum Brennpunkt“ | NIUS.de

3 Ebd.

4 Ebd.

5 Vgl. Düsseldorf: Kommt eine zweite Unterkunft für Flüchtlinge in Golzheim? (rp-online.de)


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3031 mit Schreiben vom 16. Januar 2024 namens der Landesregierung beant­wortet.

  1. Inwiefern erfolgte eine Abstimmung seitens des Landes NRW bzw. der Bezirksre­gierung Düsseldorf mit der Stadt Düsseldorf vor dem Hintergrund der Errichtung von zwei Großunterkünften in unmittelbarer Nähe?

Die Bezirksregierung verhandelt und plant im Auftrag des Landes momentan an verschiedenen Standorten im gesamten Regierungsbezirk, um dringend erforderliche zusätzliche Unterbrin­gungskapazitäten zu schaffen. Die Errichtung einer neuen Landeseinrichtung erfolgt dabei stets im Konsens mit der Standortkommune. Die Entscheidung, ob und an welchen Standorten die Kommune zusätzliche Plätze für eigene, kommunale Unterbringungserfordernisse schafft, liegt alleine in der Zuständigkeit der Kommune.

  1. Inwiefern interessiert sich die Landesregierung für die Belange der direkt betroffe­nen Anwohner von zukünftig gleich zwei Großunterkünften, vor dem Hintergrund, dass die Informationsveranstaltung erst nach der Vertragsunterzeichnung statt­fand und lediglich noch ein „Tag der offenen Tür“ stattfinden soll?

Die Belange der Anwohnerinnen und Anwohner werden regelmäßig sowohl im Vorfeld der Planungen als auch ab Zeitpunkt der Inbetriebnahme von Landeseinrichtungen unmittelbar berücksichtigt.

In der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Düsseldorf wird die Bezirksregierung Düs­seldorf – wie in allen anderen ZUEen – durch Mitarbeitende unmittelbar vor Ort, konkret in Form einer Einrichtungsleitung, vertreten sein. Diese fungiert nicht nur für die Beschäftigten sowie für Bewohnerinnen und Bewohner als wichtige und verlässliche Ansprechperson, son­dern steht auch für die Nachbarschaft für Beschwerden und Rückfragen zur Verfügung. Erste Adresse für Anregungen und Hilfsangebote, Fragen oder Beschwerden wird darüber hinaus der oder die eigens für diese Aufgaben durch den vor Ort tätigen Betreuungsdienstleister ein­gesetzte Umfeldmanager oder Umfeldmanagerin sein. Es wird angestrebt, dass der Umfeld-manager oder die Umfeldmanagerin seine oder ihre Tätigkeit bereits vor Inbetriebnahme der Unterkunft aufnimmt.

Geplant sind regelmäßige Bürgersprechstunden bzw. Nachbarschaftsrunden sowie die Er­möglichung von unmittelbarem ehrenamtlichen Engagement in der Einrichtung, um jederzeit ein transparentes Miteinander zu gewährleisten.

  1. Zu welchem Zeitpunkt sollten die betroffenen Anwohner ursprünglich über die ZUE informiert werden, wenn keine Information seitens der AfD Düsseldorf erfolgt wäre?

Die Bezirksregierung trägt dafür Sorge, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Anwoh­nerinnen und Anwohner, soweit nötig und möglich, umfassend, transparent und zeitnah infor­miert und eingebunden werden. Die ZUE Düsseldorf wird frühestens im 4. Quartal 2024 in Betrieb gehen, d.h. erst in ca. einem Jahr. Mit Blick auf die zeitliche Dimension der Planung erfolgte die Durchführung der Informationsveranstaltung mithin bereits zu einem frühestmögli­chen Zeitpunkt, da zuvor noch zu viele Faktoren ungewiss waren. Auch jetzt sind noch viele Details unklar. Der Zeitpunkt der nunmehr durchgeführten Informationsveranstaltung steht im Zusammenhang mit dem laufenden Organisationsprozess, u.a. den Verhandlungen mit Ver­mieter und Kommune und steht damit in keinerlei Zusammenhang zur Information durch die AfD.

  1. Inwiefern gab es im Vorfeld der Planungen Kontakte zur Jüdischen Gemeinde Düs­seldorf?

Das Land Nordrhein-Westfalen hatte im Vorfeld der Planungen zur ZUE Düsseldorf keinen Kontakt zur Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.

  1. Wie begegnet die Landesregierung der Gefahr bzw. der Sorge der Anwohner, dass das betroffene Viertel zu einem integrationspolitischen Brennpunkt wird?

Die langjährigen Erfahrungen mit den zahlreichen bereits bestehenden Landeseinrichtungen an ganz unterschiedlichen Standorten haben gezeigt, dass ein gemeinsames Miteinander auf Verständnis, Toleranz und Transparenz auf beiden Seiten sowie der Einhaltung verbindlicher Vorgaben und Regeln innerhalb und außerhalb der Einrichtung, die durch die Bezirksregierung Düsseldorf und den zuständigen Behörden vor Ort unmittelbar gesteuert und kontrolliert wer­den, beruht.

 

MMD18-7773