Kalte Wohnungen durch hohe Strompreise – Betreiber von Nachtspeicherheizungen haben bei der Strompreisbremse das Nachsehen

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 922
der Abgeordneten Christian Loose und Carlo Clemens vom 21.12.2022

Kalte Wohnungen durch hohe Strompreise Betreiber von Nachtspeicherheizungen haben bei der Strompreisbremse das Nachsehen

In den letzten Jahren ist im Rahmen der sogenannten „Energiewende“ der Strompreis stark angestiegen. Das betrifft beim Heizen insbesondere die Haushalte, die für ihr Heizungssystem einen hohen Stromverbrauch haben (Wärmepumpen, Nachtspeicherheizungen).

Während das Heizen mit Strom mittels Wärmepumpen über Subventionen beim Einbau staatlich gefördert wird, unterlagen Nachtspeicherheizungen im Zeitraum von 2009 bis 2014 sogar einem partiellen Verbot.1 Dabei gelten die die meist bis in die 1990er Jahre eingebauten Nachtspeicheröfen bzw. Nachtspeicherheizungen als netzdienliche Heizungen, da sie ihren Strom in der nachfrageschwachen Nachtzeit aus dem Netz nehmen, so dass eine gleichmäßigere Netzauslastung erreicht werden kann.

400.000 Haushalte in Deutschland heizen mit dieser Technik,2 sodass man nicht von einer Nischentechnologie sprechen kann.

Nachtstromtarife steigen schon länger deutlich stärker als herkömmliche Haushaltstromtarife. Experten befürchten hohe Nachzahlungen. Für Besitzer solcher Heizungen ist es baubedingt oft nicht möglich, ein anderes Heizsystem installieren zu lassen.

Die Belastung der Haushalte durch die allgemeine Energiepreisexplosion versuchen Bundesregierung und Landesregierung nur bedingt durch eine Ausweitung des Angebots, sondern vielmehr durch Hilfsmittel wie die „Strompreisbremse“ zu begegnen.

Nachtspeicheröfen verursachen hohe Stromverbräuche, sodass hier eine außerordentliche zusätzliche finanzielle Belastung für die Besitzer entsteht. In der Strompreisbremse ist für private Haushalte nur die Entlastung für den Haushaltsstrom enthalten. Nachtspeichertarife enthalten jedoch oft getrennte Zählerstände für Hoch- und Niedertarif. Ein Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW kritisiert am „Strompreisdeckel“: „Viele Haushaltsstromtarife drohen jetzt in Richtung 50 Cent pro Kilowattstunde zu gehen, da ist die Bremse bei 40 Cent sinnvoll. Die Nachtstromspeicher-Heizungstarife waren immer deutlich niedriger, bei etwa 15 Cent und gehen nun hoch auf 34 oder 38 Cent. Das bedeutet, dass die Kunden jetzt deutlich mehr zahlen müssen, aber unterhalb der 40 Cent bleiben. Das heißt: dieser Deckel bringt ihnen gar nichts.“3

Durch die Ausgestaltung der sogenannten „Strompreisbremse“ ergibt sich in der Praxis eine fehlende Entlastung für Nachtspeicherheizungsbesitzer.

Für die ebenfalls strombetriebenen Wärmepumpen ist hingegen eine Sonderregelung vom Bundeswirtschaftsministerium geplant.4

Die Gas- und Wärme-Kommission empfiehlt in ihrem Abschlussbericht lediglich einen Hilfsfonds für Härtefälle, ohne spezifisch auf Nachtspeicheröfen einzugehen.5

Für Vermieter von Objekten mit Nachtspeicheröfen besteht die Gefahr, dass die Mieter die hohen Nachzahlungen nicht mehr tragen können und sie auf den Kosten sitzen bleiben werden. Dadurch könnte das Vertrauensverhältnis zwischen Mietern und Vermietern gestört werden. Experten befürchten eine Verdopplung oder gar Verdreifachung der Stromrechnung für Nutzer von Nachtspeicherheizungen.6

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie viele Haushalte in NRW heizen mit Nachtspeicherheizungen?
  2. In welchem Rahmen werden in NRW Nutzer von Nachtspeicherheizungen durch Bundesprogramme wie die Strompreisbremse o.ä. entlastet?
  3. In welchem Rahmen werden in NRW Nutzer von Nachtspeicherheizungen durch landeseigene Programme entlastet?
  4. Inwieweit werden Nutzer von Wärmepumpen durch Hilfsprogramme entlastet?
  5. Inwiefern sieht die Landesregierung eine mögliche Ungleichbehandlung bei der Entlastung von Nutzern von Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen als problematisch an?

Christian Loose
Carlo Clemens

 

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1      Vgl. htt p s : / /www. H e i z u n g .de/elektroheizung/wissen/n a c h t s p e i c h e r h e i z u n g – verbot-der-stromheizung. H t m l, abgerufen am 19.12.2022 um 17:25 Uhr.

2      Vgl. htt p s : / /www. M d r .de/nachrichten/deutschland/politik/n a c h t s p e i c h e r-heizung-strom preis bremse-nacht strom tarife-100.h t m l # Haushalte, abgerufen am 19.12.2022 um 13:25 Uhr.

3    Htt p s : / /www1. W d r .de/nachrichten/nacht speicher heizung-strompreisbremse-e n e r g i e-entlastung-100.h t m l , abgerufen am 19.12.2022 um 13:25 Uhr.

4    Vgl. htt p s : / / www. T a g e s s c h a u .de/wirtschaft/sonderregel-w a e r m e p u m p e n – strompreisbremse-101.h t m l, abgerufen am 19.12.2022 um 13:25 Uhr.

5    Dort S. 24, vgl. htt p s : / / www. B m w k .de/ Redaktion /DE /Publikationen / E n e r g i e / abschluss bericht. H t m l , abgerufen am 19.12.2022 um 13:25 Uhr.

6   Vgl. htt p s : / / www. M d r .de/nachrichten/deutschland/ p o l i t i k /nachtspeicher-h e i z u n g – strom preis bremse-nacht strom tarife-100.h t m l # Haushalte, abgerufen am 19.12.2022 um 13:25 Uhr.


Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine An­frage 922 mit Schreiben vom 16. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen sowie der Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz beantwortet.

  1. Wie viele Haushalte in NRW heizen mit Nachtspeicherheizungen?

Laut dem Monitoringbericht 2022 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes gab es im Jahr 2021 deutschlandweit 1,2 Mio. Nachtspeicher-Marktlokationen, d.h. Punkte, an denen Nachtspeicherstrom entnommen wird. Auf diese entfiel im Jahr 2021 eine Abgabemenge von knapp 9,4 TWh.7 Die Anzahl ist dabei abnehmend: Im Jahr 2020 gab es 1,23 Mio. und im Jahr 2019 noch 1,61 Mio. Nachtspeicher-Marktlokationen. Genaue Nordrhein-Westfalen-spezifi­sche aktuelle Zahlen liegen der Landesregierung nicht vor.

2. In welchem Rahmen werden in NRW Nutzer von Nachtspeicherheizungen durch Bundesprogramme wie die Strompreisbremse o.ä. entlastet?

Die Bundesregierung hat durch verschiedene Entlastungspakete in den letzten Monaten eine Vielzahl an Entlastungsmaßnahmen auf den Weg gebracht, um die finanziellen Belastungen aufgrund der gestiegenen Energiepreise zu mindern. Viele dieser Entlastungsmaßnahmen führen zu einer generellen Entlastung, unabhängig von der Art des Heizens. Zu diesen Ent­lastungsmaßnahmen zählen die Energiepreispauschale, die Absenkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe, der Heizkostenzuschuss für wohngeldberechtigte Personen, die Rentenanpas­sung, der Kinderbo-nus, die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags und des Grundfrei­betrags sowie die Erhöhung der BaföG-Sätze für Studierende und Auszubildende.

Einige Maßnahmen dämpfen aber auch gezielt die finanzielle Belastung aufgrund des gestie­genen Strompreises. Dazu zählt die Herabsetzung der EEG-Umlage mit Wirkung zum 01. Juli 2022 auf null und die vollständige Abschaffung der EEG-Umlage ab dem 01. Januar 2023, von der die Nutzerinnen und Nutzer von Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen profitieren.

Zudem wurden nun die sog. Gas- und Strompreisbremsen für den Basisverbrauch beschlos­sen. Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen sollen 2023 mit Preisbremsen für Gas und Strom spürbar von den stark gestiegenen Kosten entlastet werden. Mit der Strompreisbremse wird der Strompreis für private Verbraucherinnen und Verbraucher sowie kleine und mittlere Unter­nehmen von März 2023 bis April 2024 bei 40 Cent pro Kilowattstunde für den Basisbedarf von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs gedeckelt. Die Deckelung soll rückwirkend auch für den Januar und Februar 2023 gelten.

Von dieser Strompreisbremse profitieren auch die Bürgerinnen und Bürger, die mit Wärme­pumpen und Nachtspeicherheizungen heizen. Bei bereits länger in Betrieb befindlichen Wär­mepumpen und Nachtspeicher-heizungen ist der für den Betrieb erforderliche Stromverbrauch bereits im Vorjahresverbrauch enthalten. Der für die Strompreisbremse maßgebliche Basis­verbrauch wird auf der Grundlage des Vorjahresverbrauchs errechnet. Für diesen wirkt gerade die Strompreisbremse und senkt somit auch die Kosten von Nutzerinnen und Nutzern von Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen.

Zusätzliche Hilfen gibt es für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen durch eine Reform des Wohngeldes zum 1. Januar 2023. Das Wohngeld wird um eine dauerhafte Klima­komponente und eine dauerhafte Heizkostenkomponente ergänzt, um die steigenden Ener­giepreise stärker abzufedern. Zusätzlich wird der Kreis der Wohngeldberechtigten erweitert.

Zudem wird es einen weiteren Heizkostenzuschuss für Wohngeldberechtigte geben. Wohn-geldberechtigt sind nicht nur Mieter, sondern im Rahmen des sog. Lastenzuschusses auch Eigentümer. Als Belastungen, die lastenzuschussfähig sind, kommen unter anderem Instand-haltungs- und Instandsetzungskosten, Grundsteuer und sonstige Grundbesitzabgaben sowie Versicherungsbeiträge für das Eigenheim in Betracht.

3. In welchem Rahmen werden in NRW Nutzer von Nachtspeicherheizungen durch landeseigene Programme entlastet?

Zusätzliche landeseigene Programme für Nutzerinnen und Nutzer von Nachtspeicherheizungen gibt es keine.

4. Inwieweit werden Nutzer von Wärmepumpen durch Hilfsprogramme entlastet?

Für Nutzerinnen und Nutzer von Wärmepumpen gelten die gleichen Hilfsprogramme wie für die Nutzerinnen und Nutzer von Nachtspeicherheizungen (siehe Antwort zu Frage 2).

Eine mögliche zusätzliche Regelung für Wärmepumpen ist für im Jahr 2022 neu eingebaute Wärmepumpen im Gespräch. Hierzu gibt es aber noch keine Details.

  1. Inwiefern sieht die Landesregierung eine mögliche Ungleichbehandlung bei der Entlastung von Nutzern von Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen als problematisch an?

Entlastungen durch die jeweiligen Hilfsprogramme wird es – neben Entlastungsmaßnahmen unabhängig von der Art des Heizens – gleichermaßen für alle Energieträger geben: für die Energieträger Strom und Gas durch die Strom- bzw. Gaspreisbremsen und für die nicht lei­tungsgebundenen Brennstoffe (wie beispielsweise Heizöl, Pellets und Flüssiggas) durch eine geplante Härtefallregelung.8

 

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7 Monitoringbericht 2022, S. 317
8 Beschluss des Deutschen Bundestages, Bundesrat zu Drucksache 662/22 vom 16.12.2022, III, Nr.