Antrag
der Fraktion der AfD
Kampf allen Drogen – Kontrollverlust stoppen – Legalisierung von Cannabis verhindern
I. Ausgangslage
Das Bundeskabinett hat am 16.08.2023 den Entwurf eines Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabis-Gesetz – CanG) ohne Änderungen verabschiedet und will diesen Gesetzentwurf noch 2023 in den Bundestag einbringen. Die Landesregierung ist aufgefordert, gegen die mit dem Cannabis-Gesetz einhergehende Aufweichung des Betäubungsmittelrechts mit den ihr nach Art. 77 GG zustehenden Möglichkeiten vorzugehen.
Mit dem Cannabis-Gesetz soll die Droge aus dem Katalog der verbotenen Substanzen des Betäubungsmittelgesetzes gestrichen werden. Der Besitz von bis zu 25 g Cannabis (§ 3 Abs. 1 CanG) und der auf drei Pflanzen beschränkte private Eigenanbau (§ 9 Abs. 1 CanG) soll künftig für Erwachsene straffrei werden. Bereits bei einem Mehrpersonenhaushalt stößt eine Kontrolle dieser „Anbauregelung“ an ihre Grenzen, wenn dabei ein gewöhnlicher Aufenthalt weiterer Personen in der kontrollierten Wohnung behauptet wird, der eine größere Anzahl der einschlägigen Pflanzen rechtfertigen würde. Auch kann bei wiederholten Individualkontrollen nicht nachvollzogen werden, ob immer die gleiche legale Menge oder Anteilsmenge der erlaubten 25 g Cannabis mitgeführt werden oder diese zusätzlich auf dem Schwarzmarkt erworben worden ist. Im Zweifel wird hierdurch die illegale Weitergabe erleichtert und deren Strafverfolgung durchkreuzt. Dadurch sinkt auch die Zugangsschwelle Jugendlicher bei der Nachfrage nach Cannabisprodukten, denn obwohl nur Personen über 18 Jahre die „Freimenge“ legal besitzen würden, wäre ein Besitz bei Jüngeren und deren Zugang zu legalen Pflanzen zwar illegal, aber sanktionslos.
Insbesondere wegen der gesundheitlichen Gefährdung Jugendlicher durch die addiktive Droge mit Einstiegspotenzial für härtere Drogen, vor der selbst Bundesgesundheitsminister Lauterbach warnt, sehen wir die Landesregierung in der Pflicht, über den Bundesrat auch bei einem nichtzustimmungspflichtigen Gesetz das Inkrafttreten des CanG mit den Möglichkeiten des Art. 77 GG mindestens zu verzögern.
In Nordrhein-Westfalen gibt es bereits erste Bestrebungen seitens der Kommunen, als „Can-nabismodellregion“ zu fungieren, ein Vorhaben, welchem auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister kritisch gegenübersteht. Er „lehne die Legalisierung von Cannabis grundsätzlich ab“ „Das Risiko cannabisbedingter Hirnschädigungen bei Heranwachsenden und jungen Erwachsenen ist hinlänglich belegt“, betonte er.1
Cannabis kann in der Medizin nachgewiesenermaßen eine unterstützende Wirkung in der Schmerztherapie oder auch in der Krebsbehandlung erzielen. So ergab eine Auswertung von 17.000 Datensätzen zur Behandlung mit Cannabisprodukten aus dem Zeitraum April 2017 bis März 2022 des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, dass mit rund 76 Prozent chronische Schmerzen der mit Abstand häufigste Grund für die Verschreibung von medizinischem Cannabis in Deutschland war.2
Doch Cannabis hat eben auch zahlreiche weitere Wirkungen, deren Erwähnung gern vergessen oder gar verharmlost wird. Das Ergebnis der „CaPRis-Studie – Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse“ kam 2018 zu einem verheerenden Urteil. Dabei untersuchten circa 30 Wissenschaftler mehr als 2.000 wissenschaftliche Studien der letzten zehn Jahre aus fünf internationalen Datenbanken. Untersucht wurden psychische, organische und soziale Risiken im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis zu Rauschzwecken sowie die neuesten Erkenntnisse zur Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit von Cannabis in er medizinischen Anwendung.3
Gerade in Bezug auf den Freizeitkonsum heißt es bezogen auf die Wirkweise: „Wie ein Mensch auf Cannabis reagiert, ist individuell sehr unterschiedlich und hängt von verschiedenen Faktoren wie Stimmungslage, Konsumart, Konsumerfahrung, Situation, Menge und Stärke des aufgenommen THC ab. Klar ist: Der Gebrauch von Cannabis kann gesundheitliche, psychische und soziale Risiken bergen – besonders für Jugendliche, deren Hirnentwicklung noch nicht abgeschlossen ist.“4
So könnten zum Beispiel unmittelbar nach dem Konsum von beispielsweise einer Cannabis-Zigarette nachfolgende negative Effekte auftreten: Eine mögliche Verschlechterung der Gedächtnisleistung, der Aufmerksamkeit und der psychomotorischen Fähigkeiten. Das Reaktionsvermögen könnte eventuell beeinträchtigt sein, vor allem beim Autofahren. Es könnte auch zu einem Anstieg von Puls und Blutdruck auf körperlicher Ebene kommen.
Der aktuelle Forschungsstand (2018) zeigt, dass regelmäßiger Cannabiskonsum die kognitive Leistung, insbesondere das Gedächtnis, beeinträchtigen kann. Auswirkungen auf die Intelligenz sind nicht eindeutig nachgewiesen. Diese vorgenannten Beeinträchtigungen könnten umkehrbar sein, aber es ist unklar, wie lange die Erholung dauert und welche Rolle das Ein-stiegsalter und geschlechtsspezifische Unterschiede spielen. Langzeitkonsumenten zeigen in jedem Fall Veränderungen in der Gehirnfunktion und -struktur.5
Laut Studienlage ist der Konsum von Cannabis auch ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen, besonders bei langfristigem und intensivem Konsum. Das erhöhte Risiko ist am deutlichsten bei Psychosen, wo es um das 1,4- bis 3,4-fache erhöht ist, und die Erkrankung in der Regel etwa 2,7 Jahre früher auftritt. Cannabis kann auch das Risiko für manisch-depressive Symptome erhöhen, insbesondere bei regelmäßigem Konsum. Zudem steigt das Risiko für Angststörungen und Depressionen, insbesondere bei Jugendlichen, die früh begonnen und abhängig geworden sind. Darüber hinaus gibt es wohl einige Hinweise auf ein leicht erhöhtes Risiko für Selbstmordgedanken, aber die Studienlage ist hierzu nicht eindeutig.6
Studien schätzen, dass etwa 9 Prozent der Cannabiskonsumenten abhängig werden. Die Zahl steigt auf 17 Prozent wenn der Konsum in der Adoleszenz beginnt, und auf 25 bis 50 Prozent, wenn täglich konsumiert wird. Ähnlich wie bei anderen Drogen kann auch Cannabis sowohl psychische als auch physische Abhängigkeit verursachen. Das geht mit einem starken Verlangen einher, die Droge zu konsumieren, selbst wenn bereits schädliche Folgen auftreten. Auch eine Toleranzentwicklung gegenüber der Wirkung, ein Verlust der Kontrolle über den Konsum sowie Entzugssymptome beim Absetzen der Substanz können auftreten.7
Häufiger Cannabiskonsum ist mit einem höheren Schulabbruch, seltenerem Universitätsbesuch und geringeren akademischen Abschlüssen verbunden. Dies betrifft besonders Jugendliche, die über Jahre hinweg viel konsumieren und bereits vor dem 15. Lebensjahr damit beginnen. Es gibt jedoch unzureichende Daten zu andere psychosozialen Auswirkungen wie sozialen Auffälligkeiten, Straffälligkeiten und weiteren persönlichen, familiären und wirtschaftlichen Entwicklungen. Diese Aspekte erfordern weitere Untersuchungen.
Auch die Ergebnisse der Meta-Studie des Hamburger Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung zeigen, dass die Freigabe von Cannabis für den Freizeitgebrauch zu einem Anstieg des Konsums führen. Dies hat zur Folge, dass vermehrt Jugendliche medizinische Hilfe in Anspruch nehmen müssen, die zuvor Cannabis konsumierten. Ebenso suchen Erwachsene häufiger Notaufnahmen aufgrund von akuten Problemen im Zusammenhang mit Cannabis auf. Sogar die Zahl der Verkehrsunfälle unter Cannabiseinfluss steigt.8
Auch die Annahme, dass durch eine Legalisierung der Schwarzmarkt ausgetrocknet würde, erweist sich mit Blick auf einige andere Länder als Irrtum. Drei Jahre nach der Legalisierung beschaffen sich in Kanada gerade einmal zwei Drittel der Konsumenten ihr Cannabis nach eigenen Angaben ausschließlich auf legalem Wege. In Ländern wie Uruguay liegt der Anteil des legalen Marktes bei nicht einmal 50 Prozent.9
II. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
- sich gegenüber der Bundesregierung gegen jede Aufweichung des bestehenden Betäu-bungsmittelrechts einzusetzen.
- Keine gesetzliche Grundlage für Modellregionen in Nordrhein-Westfalen zu schaffen.
- Im Hinblick auf den Gesundheitsschutz eine valide Datenbasis zu erstellen, inwieweit sich der Konsum von Cannabis auf die psychische und physische Entwicklung insbesondere von Heranwachsenden auswirkt.
Dr. Martin Vincentz
Prof. Dr. Daniel Zerbin
Andreas Keith
und Fraktion
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