Kinder müssen mit an vorderster Stelle stehen: Kita-Schließungen durch echte Entlastungen entgegenwirken

Antrag

Antrag
der Fraktion der AfD

 

Kinder müssen mit an vorderster Stelle stehen: Kita-Schließungen durch echte Entlas­tungen entgegenwirken

I. Ausgangslage

Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür und nach mehr als zwei Jahren Corona-Einschränkungen haben viele Familien in diesem Jahr auf einen weitestgehend sorgenfreien Winter gehofft. Denn gerade in den letzten Jahren waren es vor allem Familien mit Kindern, die massiv unter den sich ständig ändernden Corona-Maßnahmen gelitten haben. So waren es in erster Linie Betreuungseinrichtungen wie Kitas, die von einem permanenten Wechsel zwischen Öffnung und Schließung, Ungewissheit über die mittel- bis langfristige Planung und einem großen Test-Chaos geplagt waren. Das Versprechen von Familienministerin Paul, Familien und ihre Kinder in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu rücken und alles daran zu setzen, „offene Angebote der Kin­dertagesbetreuung“ zu gewährleisten1, schien somit eine große Erleichterung für viele Eltern zu sein. Doch die Erleichterung und Hoffnung auf einen normalen Winter waren leider nur von kurzer Dauer und wurden durch die explodierenden Energiepreise und der ansteigenden In­flation abrupt in Sorge und Ungewissheit gekehrt.

Denn die steigenden Preise machen auch bei den Betreuungseinrichtungen keinen Halt. So warnen nun erste Bildungseinrichtungen wie Kitas, dass sie aufgrund der enormen Heizkosten womöglich im Winter ihren Betrieb einschränken müssen.2 Alleine in Berlin sind aufgrund der hohen Lebensmittelpreise und den wachsenden Betriebskosten rund die Hälfte der Kitas in ihrer Existenz bedroht, und das, obwohl Kitaplätze jetzt schon Mangelware sind.3 Aber auch in NRW stellen die gestiegenen Energie- und Mietkosten viele Träger vor existenzielle Prob-leme.4 Bei vielen Eltern macht sich verständlicherweise allmählich die Sorge breit, dass ein ähnlicher Winter wie 2020 bevorsteht und sie erneut mit den Folgen der Politik in Form einer Doppelbelastung von häuslicher Betreuung bei gleichbleibendem Arbeitspensum alleine ge­lassen werden.

Die bisherigen Gegenmaßnahmen der Bundesregierung in Form von „Entlastungen“ sind nur Tropfen auf den heißen Stein. Und mit der ab Oktober greifenden Gasumlage, die die erhöhten Beschaffungskosten von Großimporteuren für fehlende Lieferungen aus Russland ausgleichen soll, kommen nun noch weitere Kosten sowohl auf private Haushalte als auch auf Träger von Kitas zu. Viele Kommunen schlagen nun Alarm: So könnten beispielsweise „Inves­titionen in neue Schulen […] zurückgestellt werden, Bibliotheken tageweise schließen […] und die Schwimmbadnutzung teurer oder unmöglich werden“.5 Aber auch Betreuungseinrichtun­gen wie Kitas und selbstständige Tagesmütter sind in Sorge. So können viele freie Träger in NRW die Eigenanteile an Energie-, Miet- und Lebensmittelkosten nicht mehr schultern. Zudem können Kitas kaum Heizkosten einsparen, denn anders als gewöhnliche Arbeitsplätze, bei­spielsweise in Bürogebäuden, können sie ihre Raumtemperatur eben nicht, wie es die Ener-giesparverordnung6 der Bundesregierung vorsieht, auf 19 Grad runterschrauben, da sie – rich­tigerweise – eine konstante Raumtemperatur von 20 bis 24 Grad einhalten müssen.7

Neben den gestiegenen Energiepreisen macht vor allem auch die ansteigende Inflation den Betreuungseinrichtungen das Leben schwer.

So warnt der Verband der Kleinen und Mittelgroßen Kitaträger beispielsweise davor, dass sich im Jahr 2022 die Kosten bei Energie und Verpflegung vom allgemeinen Verbraucherpreis-Index stark entfernt haben und die Kita-Träger mit einer „sprunghaften und in ihrer Höhe seit 60 Jahren untypischen Steigerung konfrontiert“ sind.8 Denn die gesetzlich geregelten Zu­schüsse sind viel weniger gestiegen als die Preise in der gleichen Zeit. Weiter alarmiert Lars Békési, Geschäftsführer des Verbands der Kleinen und Mittelgroßen Kitaträger: „Wir stehen bereits in den vergangenen Jahren massiven Teuerungen angesichts steigender Energie­preise gegenüber. Bei Gewerbemietobjekten lagen die Betriebskostenabrechnungen im ver­gangenen Jahre um 63 Prozent über dem Niveau von 2020“.9 Die Kita-Betreiber stehen hier vor einem Dilemma: Da sie die Kosten nicht einfach an die Eltern weitergegeben können, müssten im Ernstfall die Kosten über Kürzungen beim Personal abgefangen werden. In ande­ren Worten: Die Betreuungsqualität, welche ohnehin schon durch zu wenig Personal an ihre äußersten Grenzen stößt, kann sich im kommenden Winter weiter verschlechtern. Neben der schlechteren Betreuungsqualität können zudem kürzere Öffnungszeiten als weitere Maß­nahme zur Kosteneinsparung eingeführt werden.10 Vollberufstätige Eltern wären abermals die Leidtragenden. Denn erneut sind es die Eltern, die ins Ungewisse bei der Frage fallen, ob ihre Kinder verlässlich in der Kita betreut werden oder bedingt durch Personaleinsparungen zu-hause bleiben müssen. Folglich könnte in einem solchen Fall der spontan betreuende Elternteil seiner Arbeit o. Ä. nicht mehr nachkommen.

Tagesmütter schlagen ebenfalls wegen der steigenden Energiepreise Alarm und sehen sich in ihrer Existenz bedroht und fordern dringend Unterstützung.11

Deshalb ist es nun die Aufgabe der Politik, dafür Sorge zu tragen, dass sich die politischen Entscheidungen aus dem Jahr 2020 nicht in der Konsequenz der Schließungen von Kinder-betreuungsmöglichkeiten wiederholen.

Nach nun mehr als zwei Jahren sogenannter Pandemie-Bekämpfung, in denen Schulen und Kitas zeitweise geschlossen wurden, auf den Spielplätzen Ordnungskräfte patrouillierten und die Schaukeln mit Flatterband gesperrt wurden, Kinder viele Monate Verzicht geübt haben, Maske tragen mussten und es ihnen verboten wurde, die Großeltern zu besuchen oder sich mit Freunden zu verabreden, ist es nun an der Zeit, Worten auch Taten folgen zu lassen und die Familien mit ihren Kindern wirklich in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. Es kann nicht sein, dass wir von einer Krise in die nächste galoppieren und Kinder und ihre Eltern die Leid­tragenden sind. Aus diesem Grund müssen Kitas und weitere Bildungseinrichtungen konse­quent offenbleiben. Denn sonst würde im Januar 2023 das vierte Jahr anbrechen, in denen wir den Jüngsten keine angemessene kindgerechte Entwicklung und Bildung ermöglichen kön­nen.

Zu schaffen ist das nur mit qualitativ und personell gut aufgestellten Betreuungseinrichtungen, welche nicht aufgrund von Energie- und Lebensmittelpreisen ihre Angebote einschränken oder ganz einstellen müssen. Doch statt weiterer Symptombehandlungen mit vermeintlichen Ent­lastungspakten, die im Endeffekt nur weitere Belastungen darstellen, bedarf es einer effizien­ten Ursachenbekämpfung. Daher muss die Politik Rahmenbedingungen in Form von preis­günstiger, sicherer und umweltverträglicher Energie sowie günstigen und bezahlbaren Le­bensmitteln schaffen.

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Die explodierenden Energiepreise und die gestiegene Inflation bedrohen die Existenz sowohl vieler kleiner und mittelgroßer Kitas in freier Trägerschaft als auch selbstständi­ger Tagesmütter.
  2. Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Entlastung von Kitas, bezogen auf die Inflation und Energiekrise, haben keine Wirkung gezeigt und sind im Endeffekt eine Mehrbelastung für die freien Träger von Kindertageseinrichtungen.
  3. Kinder dürfen nicht das vierte Jahr in Folge mit Maßnahmen konfrontiert werden, die eine Einschränkungen für ihr soziales Leben als Folge haben.
  4. Kinder brauchen eine qualitativ hochwertige Betreuung; daher sind echte Entlastungen notwendig, damit die Angebote der Betreuungseinrichtungen auch im kommenden Herbst und Winter aufrechterhalten werden können.
  5. Arbeitnehmer im Bereich der Kindertagesbetreuung fallen durch mögliche Kostenein­sparungen in prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse, die nicht durch Kurzarbeitergeld abgefangen werden können.
  6. Erzieher und Tagesmütter bedürfen einer stärkeren gesellschaftlichen Anerkennung und Wertschätzung.
  7. Der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen war durch fehlendes Personal be­reits die letzten Jahre nicht kindergerecht und wird durch drohende Kurzarbeit nur noch weiter verschärft.
  8. Eine echte Entlastung, um die gestiegenen Energiepreise mittel- und langfristig abzu­dämpfen, ist nur durch eine bezahlbare, sichere und umweltverträgliche Energieversor­gung möglich.

III. Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf,

  1. den uneingeschränkten Betrieb von Kindertagesbetreuungseinrichtungen auch in Kri­senzeiten sicherzustellen;
  2. dafür Sorge zu tragen, dass der ohnehin schon angespannte Personalschlüssel in Be­treuungseinrichtungen durch mögliche Kurzarbeit nicht noch weiter ausgereizt wird;
  3. Tagesmütter bei der Bezahlung der Energiekosten zu unterstützen, damit auch dort eine uneingeschränkte Betreuung von Kindern weiterhin möglich ist;
  4. um weitere Schuldenaufnahmen zu verhindern, zu prüfen, wo das Land NRW Einspa­rungen andernorts treffen kann, um notfalls den uneingeschränkten Betrieb von Kindertagesbetreuungseinrichtungen aufrechterhalten zu können.

Zacharias Schalley
Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz

und Fraktion

 

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1 https: //www.land.nrw/pressemitteilung/ start-ins-neue-kita-jahr-mit-klarer-teststrategie-und-sorgfaelti-ger-planung (abgerufen am 12.09.2022)

2 https: //www.welt.de/debatte/kommentare /plus240640909/Energiesparplaene-Schliesst-die-Bueros-aber-lasst-Schulen-und-Kitas-offen.html (abgerufen am 12.09.2022)

3 https: //www.rtl.de/ cms/viele-kitas-vor-dem-aus-verband-warnt-vor-schliessungen-wegen-hoher-in-flation-4959266.html (abgerufen am 12.09.2022)

4 https: //rp-online.de/nrw/landespolitik/ traegeranteile-abschaffen-nrw-staedte-fordern-viel-mehr-geld-fuer-kitas_aid-70966031 (abgerufen am 16.09.2022)

5 https: //www.welt.de/debatte/kommentare/ plus240640909/Energiesparplaene-Schliesst-die-Bueros-aber-lasst-Schulen-und-Kitas-offen.html (abgerufen am 12.09.2022); vgl. auch https: //www.berliner-zeitung.de/news / energiekrise-berliner-ihk-zu-gasknappheit-wir-muessten-schwim mbaeder-schlies-sen-li.250127 (abgerufen am 16.09.2022)

6 https: //www.tagesschau.de/inland / energieeinsparverordnung-kabinett-101.html (abgerufen am 12.09.2022)

7 https: //www.focus.de/immobilien/wohnen / energieverbrauch/kitas-krankenhaeuser-schwimm ba-eder-wo-jetzt-einschnitte-drohen_id_137006375.html (abgerufen am 12.09.2022)

8 https: //vkmk.de/presse / 2022/8/31/fachkrfte-mangel-und-kosten-explosion (abgerufen am 12.09.2022)

9 https: //www.focus.de/immobilien / wohnen/energieverbrauch/kitas-krankenhaeuser-schwimm ba-eder-wo-jetzt-einschnitte-drohen_id_137006375.html (abgerufen am 12.09.2022)

10 https: //www.welt.de / debatte/kommentare/plus240640909/Energiesparplaene-Schliesst-die-Bu-eros-aber-lasst-Schulen-und-Kitas-offen.html (abgerufen am 12.09.2022)

11 https: //www.kn-online.de / lokales/ploen/tagesmuetter-schlagen-wegen-energiekrise-alarm-wir-brauchen-mehr-geld-HBIHGKHAT6FASAJZH4MYL65N6Y.html (abgerufen am 19.09.2022)