Kleine Anfrage 3429der Abgeordneten Iris Dworeck-Danielowski vom 28.02.2020
Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen bzw. in intensiven Einzelbetreuungen außerhalb Deutschlands
In Deutschland leben zur Zeit ca. 150.000 Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen und zusätzlich mehr als 90.000 in einer Pflegefamilie.1 Nach aktuellen statistischen Erfassungen leben weitere 187 Kinder bzw. Jugendliche in ebensolchen Betreuungsverhältnissen außerhalb Deutschlands. Auch wenn diese Zahl im Vergleich zu der Gesamtsumme fremduntergebrachter Minderjähriger marginal erscheinen mag, sind es dennoch fast 200 Kinder und Jugendliche, die außer Landes untergebracht sind; zum Teil in Ländern, deren Sprache und Kultur ihnen recht fremd sein dürften. Es handelt sich schließlich um Sozialisierungsmaßnahmen, die zu einer (Wieder)Eingliederung in die deutsche Gesellschaft führen sollen. Ob diesem Ziel ein längerfristiger Aufenthalt im Ausland wirklich dient, ist daher fraglich. Der jeweilige Aufenthaltsort dieser jungen Menschen ist der Landesregierung im Übrigen nicht bekannt.2 Das ist kein hinzunehmender Zustand; hier müssen dringend einige Informationslücken geschlossen werden.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1. Welche Gründe werden in NRW für eine Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in ausländischen Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen aufgeführt? (Bitte Begründung nach Häufigkeit und Jahr – 2016 bis 2019 – aufschlüsseln).
2. Aus welchen Mitteln des Landes NRW werden die Unterbringungskosten für Kinder und Jugendliche in Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen außerhalb Deutschlands finanziert? (Bitte nach Mitteln, Einrichtung und Jahr – 2016 bis 2019 – aufschlüsseln)
3. Wie hoch sind die Kosten für das Land NRW bei einer Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen außerhalb Deutschlands? (Bitte nach Höhe der Mittel, Einrichtung und Jahr – 2016 bis 2019 – aufschlüsseln)
4. Wie wird die Beschulung von Kindern und Jugendlichen, die außerhalb Deutschlands in Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen untergebracht sind, gewährleistet?
5. Wird in NRW bei Jugendlichen, die außerhalb Deutschlands in einem Heim bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen untergebracht sind und sich zeitgleich in einer Ausbildung befinden, Gebrauch von der Kostenheranziehung gemacht?
Iris Dworeck-Danielowski
2 http://landtag/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-8351.pdf
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 26.03.2020
Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 3429 mit Schreiben vom 26. März 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.
1. Welche Gründe werden in NRW für eine Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in ausländischen Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen aufgeführt? (Bitte Begründung nach Häufigkeit und Jahr – 2016 bis 2019 – aufschlüsseln)
Zur Beantwortung wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen. Tab: Begonnene Hilfen zur Erziehung außerhalb von Deutschlands im Rahmen von Heimerziehung (§ 34 SGB VIII) sowie intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen (§ 35 SGB VIII) jeweils inkl. der Hilfen für Volljährige (§ 41 SGB VIII) (Nordrhein-Westfalen; 2016 bis 2018; begonnene Hilfen, Angaben absolut).
Methodische Hinweise: Pro erfasster Hilfe können bis zu 3 Gründe angegeben werden. Die Spalte „Fallzahlen insgesamt“ bezieht sich nicht auf die Zahl der genannten Anlässe, sondern auf die Anzahl der Fälle. Die Angaben für das Jahr 2019 liegen noch nicht vor.
Statistisches Landesamt NRW (IT.NRW): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe – Erzieherische Hilfen; versch. Jahrgänge; Zusammenstellung und Berechnung Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik
2. Aus welchen Mitteln des Landes NRW werden die Unterbringungskosten für Kinder und Jugendliche in Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen außerhalb Deutschlands finanziert? (Bitte nach Mitteln, Einrichtung und Jahr – 2016 bis 2019 – aufschlüsseln)
Die Gewährung und Finanzierung von Hilfen zur Erziehung ist eine Aufgabe des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und damit eine kommunale Aufgabe. Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst die Unterbringungskosten nicht in der erbetenen Differenzierung.
Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen werden für Unterbringungskosten für Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen außerhalb Deutschlands nicht eingesetzt.
3. Wie hoch sind die Kosten für das Land NRW bei einer Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen außerhalb Deutschlands? (Bitte nach Höhe der Mittel, Einrichtung und Jahr – 2016 bis 2019 – aufschlüsseln)
Die Gewährung und Finanzierung von Hilfen zur Erziehung ist eine Aufgabe des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe und damit eine kommunale Aufgabe. Das gilt auch für die Entscheidung über die Unterbringung in stationären Einrichtungen oder intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen, die außerhalb Deutschlands stattfinden. Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst die Unterbringungskosten nicht in der erbetenen Differenzierung.
Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen werden für Unterbringungskosten für Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen außerhalb Deutschlands nicht eingesetzt.
4. Wie wird die Beschulung von Kindern und Jugendlichen, die außerhalb Deutschlands in Heimen bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen untergebracht sind, gewährleistet?
Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik erfasst bei jungen Menschen in Heimerziehung oder intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen weder den Schulbesuch noch den Schulabschluss.
Die Frage kann daher nicht beantwortet werden.
5. Wird in NRW bei Jugendlichen, die außerhalb Deutschlands in einem Heim bzw. in intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen untergebracht sind und sich zeitgleich in einer Ausbildung befinden, Gebrauch von der Kostenheranziehung gemacht?
Es liegen zur Kostenheranziehung im Kontext der Hilfen zur Erziehung oder Hilfen für junge Volljährige über die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik keine differenzierten Daten vor. Die öffentlichen Gebietskörperschaften melden zwar Einnahmen insgesamt im Rahmen der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik, allerdings wird nicht danach differenziert, ob die Einnahmen aus Kostenheranziehung stammen.