Kindergesundheit in Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage
vom 16.07.2019

Kleine Anfrage 2762des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz vom 15.07.2019

 

Kindergesundheit in Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein Westfalen wachsen viele Kinder und Jugendliche auch in finanzieller Armut auf. Bereits im Kindes- und Jugendalter ist ein enger Zusammenhang zwischen der sozialen und der gesundheitlichen Lage zu beobachten. Obwohl die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland gesund aufwächst, zeichnen sich sozialbedingte Unterschiede in der gesundheitlichen Entwicklung ab. Die unterschiedlichen Bildungs- und Teilhabechancen und die oft mangelnden Fähigkeiten der Eltern, ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen, führen immer häufiger zu gesundheitlichen Einschränkungen der Kinder und Jugendlichen, die sich bis in das Erwachsenenalter fortsetzen: Forschungen, wie die Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland des Robert-Koch-Institutes (KiGGS)1, belegen eine zunehmende Morbidität von Kindern und Jugendlichen. Typisch sind psychische Auffälligkeiten, Aufmerksamkeits-Defizits-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) und Essstörungen, aber auch Bewegungsmangel und eine geringere Inanspruchnahme der Gesundheitsvorsorge. Bei der Versorgung und bei Präventionsangeboten kommt es immer wieder zu sprachlichen und kulturellen Hürden, Behandlungsanweisungen werden nicht oder nur eingeschränkt verstanden und Kinder und Jugendliche werden nicht durch ihre Eltern unterstützt. Am Beispiel der haus- und kinderärztlichen Versorgung zeigt sich auch, dass in den letzten Jahren immer mehr Praxen aus den Armutsquartieren abgewandert sind oder keine Nachfolger finden. Es ist deshalb dringend geraten, bedarfsgerechte und vor allem zielgruppenspezifische Präventions- und Rehabilitationskonzepte zu entwickeln, die speziell auf die Quartiere zugeschnitten sind. Um allen Kindern die bestmöglichen Chancen für ein gesundes Aufwachsen zu bieten, um Problemlagen und neue Herausforderungen rechtzeitig zu erkennen sowie um zielgruppenspezifische Maßnahmen zu entwickeln und zu evaluieren, braucht es belastbare Daten zur Kinder- und Jugendgesundheit.

In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung:

1. Wie viele Kinder kamen seit 2010 durchschnittlich pro Frau in den Kreisen und Kreisfreien Städten in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt zur Welt?

2. Wie hoch war die Säuglingssterblichkeit in den Kreisen und kreisfreien Städten seit 2015 in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt?

3. Wie viel Prozent aller Kinder haben in den Kreisen und kreisfreien Städten seit 2010 in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt an welchen Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen?

4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Impfstatus der Kinder und Jugendlichen in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten?

5. Wie viele niedergelassene Haus- und Kinderärzte sowie Psychotherapeuten, Heilpraktiker und Apotheker sind derzeit in welchen Kreisen und kreisfreien Städten tätig?

Dr. Martin Vincentz

 

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1 https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM032018KiGGS-Welle2GesundheitlicheLage.pdf?blob=publicationFile


Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 12.08.2019

 

Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2762 mit Schreiben vom 12. August 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet.

1. Wie viele Kinder kamen seit 2010 durchschnittlich pro Frau in den Kreisen und Kreisfreien Städten in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt zur Welt?

Die zusammengefasste Geburtenziffer der Jahre 2010 bis 2017 ist in der folgenden Tabelle dargestellt (Quellen: Statistisches Landesamt, IT.NRW bzw. Statistisches Bundesamt, Destatis).

Die entsprechenden Angaben für die Kreise und kreisfreien Städte finden sich in der Tabelle 1 im Anhang.

2. Wie hoch war die Säuglingssterblichkeit in den Kreisen und kreis-freien Städten seit 2015 in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt?

Die Säuglingssterblichkeit je 1.000 Lebendgeborene der Jahre 2015 bis 2017 ist in der folgenden Tabelle im Bundesvergleich dargestellt (Quellen: Statistisches Landesamt, IT.NRW bzw. Statistisches Bundesamt, Destatis).

    Säuglingssterblichkeit pro Jahr in ‰
2015 2016 2017
Deutschland

Nordrhein-Westfalen

3,3

4,1

3,4

4,1

3,3

3,8

 

Aufgrund kleiner Fallzahlen (2017 rund ein Drittel aller Kreise / kreisfreien Städte in NRW mit weniger als 10 Fällen) wird die Säuglingssterblichkeit auf regionaler Ebene als 3-Jahres-Mittelwert angegeben. Durch dieses Verfahren werden die Zufallsschwankungen, die sich durch die kleinen Zahlen ergeben, geglättet.

In der Tabelle 2 im Anhang sind die entsprechenden gleitenden 3-Jahres-Mittelwerte der Kreise und kreisfreien Städte für die Jahre 2015 bis 2017 aufgeführt.

3. Wie viel Prozent aller Kinder haben in den Kreisen und kreisfreien Städten seit 2010 in Bezugnahme auf den Bundesdurchschnitt an welchen Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen?

Die Teilnahmequoten an den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder des Jahres 2017 (KiGGS Erhebungswelle 2014-2017) sind in der folgenden Tabelle dargestellt. (siehe PDF)

Die bei den Schuleingangsuntersuchungen in Nordrhein-Westfalen erhobenen Daten sind methodisch nicht mit den Daten der KiGGS-Erhebung des Robert Koch-Instituts vergleichbar (KiGGS Welle 2: Elternangaben, Stichprobe von rund 13.000 Eltern von 7- bis 13-Jährigen auf Bundesebene; Nordrhein-Westfalen: Erhebung anhand der „Gelben Hefte“ im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen, erfasste Schulanfänger NRW: rund 142.000). Da zu dieser Frage keine Bundeszahlen vorliegen, wurden die KiGGS-Daten trotz eingeschränkter Vergleichbarkeit aufgenommen (Quellen: Indikator 7.6 der Länder- Gesundheitsberichterstattung, Schmidtke et al. 2018). Die U-Untersuchungen U1 und U2 werden hier nicht aufgeführt, da sie nach der Geburt in der Klinik vorgenommen werden und daher die Teilnahmequote bei nahezu 100 % liegt. Die Daten der Jahre 2010 bis 2017 auf Ebene der Kreise / kreisfreien Städte sind in den Tabellen 3 bis 10 im Anhang gelistet.

Schmidtke C, Kuntz B, Starker A, Lampert T: Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder in Deutschland – Querschnittsergebnisse aus KiGGS Welle 2. Journal of Health Monitoring. 3 (2018), Nr. 4, S. 68-77.

4. Welche Erkenntnis hat die Landesregierung über den Impfstatus der Kinder und Jugendlichen in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten?

Daten zum Impfstatus werden ebenfalls im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen erhoben. Die Daten des Jahres 2017 (Impfquote in % der Kinder mit vorgelegtem Impfbuch) sind in den folgenden Tabellen für das Jahr 2017 aufgeführt. Die Daten auf Ebene der Kreise / kreisfreien Städte sind in den Tabellen 11 und 12 im Anhang gelistet.

    Impfquote in % bei der 1. und 2. Impfung  
Masern Mumps Röteln Varizellen
>=1 Impf. >=2 Impf. >=1 Impf. >=2 Impf. >=1 Impf. >=2 Impf. >=1 Impf. >=2 Impf.
Deutschland

Nordrhein-Westfalen

97,1

98,0

     92,8        96,9

     93,9        97,8

     92,6        96,9

     93,8        97,8

     92,6        87,3

     93,8        90,4

83,7

86,3

 

5. Wie viele niedergelassene Haus- und Kinderärzte sowie Psycho-therapeuten, Heilpraktiker und Apotheker sind derzeit in welchen Kreisen und kreisfreien Städten tätig?

In der hausärztlichen Versorgung sind in Nordrhein-Westfalen mit Stand Frühjahr 2019 insgesamt etwa 10.800 Hausärztinnen und Hausärzte (Vollzeitäquivalente = VZÄ) im Sinne der ambulanten Bedarfsplanung gemäß SGB V vertragsärztlich tätig. In der kinderärztlichen Versorgung sind ca. 1.250 (VZÄ) Kinderärztinnen und Kinderärzte tätig, in der psychotherapeutischen Versorgung sind es rund 5.270 (VZÄ) Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.

Im Sinne der hausärztlichen Bedarfsplanung gemäß der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BPL-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nach SGB V werden Hausarztsitze am kleinräumigsten gesteuert, da diese möglichst wohnortnah für die Bevölkerung erreichbar sein sollen.

Hausärztinnen bzw. Hausärzte werden daher auf der Planungsebene der sog. Mittelbereiche beplant. Ein Mittelbereich besteht aus mindestens einer Kommune, kann aber auch aus mehreren Kommunen bestehen und bildet ein Mittel- bzw. Oberzentrum. Ein Mittelbereich ist im Sinne der Raum-ordnung ein Planungsbereich unterhalb der Ebene eines Kreises. Die Zahl der Hausärzte wird daher nach Mittelbereichen dargestellt.

Für die allgemeine fachärztliche Versorgung gelten – im Sinne der BPL-RL des G-BA nach SGB V – Kreise bzw. kreisfreie Städte als räumliche Planungsebene. Die kinderärztliche und psychotherapeutische Versorgung gehören planungssystematisch zur allgemeinen fachärztlichen Versorgung.

Daten zu den Hausärzten / Mittelbereiche in Nordrhein-Westfalen und Kinderärzten und Psychotherapeuten / Kreise bzw. kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen siehe Tabellen 13 und 14 und zur Anzahl der Apotheken sowie der Apothekerinnen und Apotheker auf Kreisebene siehe Tabellen 15 und 16 im Anhang.

Zur Anzahl der Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2114 (LT-Drucksache 17/5535) sowie auf den Bericht an den Landtag vom 29. April 2019 (Vorlage 17/1989) verwiesen.

 

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