Kleine Anfrage 2693
der Abgeordneten Sven W. Tritschler, Dr. Martin Vincentz, Markus Wagner und Zacharias Schalley AfD
Kölner Polizei überfordert beim „Marsch für das Leben“? NRW-Polizei personell am Limit?
Am Samstag, den 16. September 2023, fand der „Marsch für das Leben“ in Köln parallel zum Berliner „Marsch für das Leben“ statt. Dieser wird vom Bundesverband Lebensrecht organisiert. Diese Organisation setzt sich vor allem für den Schutz des ungeborenen Lebens ein. Verschiedene Organisationen und Einzelpersonen hatten zur Teilnahme aufgerufen. Darunter war auch der Kölner CDU Kreisverband.
Ausgangspunkt war zunächst der Kölner Heumarkt, wo verschiedene Redner vor mehreren tausend Menschen auf einer großen Bühne sprachen. Bereits zu Beginn der Veranstaltung um 13.00 Uhr gelang es der Kölner Polizeiführung nicht, die linken Gegendemonstranten auf dem ihnen zugewiesenen Teil des Heumarkts zu halten. Diese kamen daher sehr nah an den Kundgebungsbereich der Lebensschützer heran. Dies führte zu einer massiven Störung der Kundgebung. Daraufhin wurde eine Polizeikette, an der sich auch Polizisten einer Hundertschaft der Hamburger Bereitschaftspolizei beteiligten, gebildet.
Unter den Gegendemonstranten waren auch Vertreter linker politischer Parteien und deren Jugendorganisationen, wie z. B. SPD und Die Grünen. Außerdem befand sich unter ihnen ein nicht unerheblicher Teil von linksextremen Antifa-Anhängern.
Die Unterstützer des „Marsch für das Leben“ setzten sich dann gegen 14.15 Uhr in Bewegung, um durch die Stadt auf der angemeldeten und genehmigten Demonstrationsroute zu ziehen. Der „Marsch für das Leben“ konnte dann aber nur bis zur Pipinstrasse vor dem Hotel Maritim kommen, denn die Gegendemonstranten hatten dort die Straße blockiert.
Die Kölner Polizeiführung unternahm – aus Sicht vieler Lebensschützer nur halbherzige – Versuche, diesen Bereich zu räumen. Daher konnten die Teilnehmer der Kundgebung „Marsch für das Leben“ ihr Grundrecht der Versammlungsfreiheit weiterhin nicht wirklich ausüben. Die Blockade der linken Gegendemonstration wurde zwar formal aufgelöst. Jedoch konnte dies angesichts zu schwacher Polizeikräfte durch die Kölner Polizeiführung nicht adäquat umgesetzt werden. Wasserwerfer, Diensthunde oder andere zusätzliche Mittel, um das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit der Lebensschützer zu gewährleisten, wurden augenscheinlich nicht eingesetzt.
Das führte dazu, dass der „Marsch für das Leben“ nach mehreren Stunden des Wartens wieder kehrt machen und in Richtung Heumarkt zurückkehren musste. Allerdings konnte die Abschlusskundgebung dort nicht stattfinden, da Gegner auch hier den Platz bereits besetzten.1
Der Bundesverband Lebensrecht (BVL) kritisierte, dass es zwar der Berliner Polizei gelungen sei, „gewaltbereite Gegendemonstranten auf Abstand zu halten“, hingegen die Kölner Polizei „nicht genügend vorbereitet und überfordert“ gewesen sei. Ohnehin sei die „Gewaltbereitschaft pöbelnder, teils antidemokratischer und intoleranter Gruppierungen, die das Meinungs- und Versammlungsrecht negieren und im Fall einer anderen Meinung als der eigenen aggressiv bekämpfen“ langfristig angekündigt gewesen.2
Den linken Gegendemonstranten gelang es außerdem, Infostände von Lebensschützern auf dem Heumarkt während des Demonstrationszuges anzugreifen. Nach Angaben der Polizei, wurden sieben Strafanzeigen gegen Gegendemonstranten unter anderem wegen Körperverletzung, Widerstands und Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz gestellt.
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Mit wie vielen Demonstranten und Gegendemonstranten – darunter Gewaltaffine – wurde von Seiten der Polizei im Vorfeld der Veranstaltung gerechnet?
- Wie viele Polizisten waren daraufhin Bestandteil der Einsatzplanung zur Absicherung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit der Lebensschützer?
- In welchem Umfang entsprachen die tatsächlich einsetzbaren Polizeikräfte und -mittel (z. B. Wasserwerfer, Diensthunde, etc.) den von der Kölner Polizei als Bedarf für diesen veranstaltungsreichen Tag festgestellten Kräfte?
- Welche genauen Gründe lagen vor, dass die Polizeiführung den Demonstrationszug von „Marsch für das Leben“ und damit deren Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht gewährleisten konnte?
- Welche linksextremistischen Gruppierungen respektive linke Mischszenen waren an den Protesten gegen den „Marsch für das Leben“ beteiligt? (Bitte alle einzeln auflisten.)
Sven W. Tritschler
Dr. Martin Vincentz
Markus Wagner
Zacharias Schalley
1 Vgl. https://www.express.de/koeln/koelner-demo-taetliche-angriffe-und-verwuestungen-klage-droht-649537.
2 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2693 mit Schreiben vom 20. Oktober 2023 namens der Landesregierung beantwortet.
- Mit wie vielen Demonstranten und Gegendemonstranten – darunter Gewaltaffine – wurde von Seiten der Polizei im Vorfeld der Veranstaltung gerechnet?
Im Rahmen der Versammlungsanzeige „Marsch für das Leben“ wurden 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angezeigt. Für die unmittelbare Gegenversammlung „Pro Choice – Gegenprotest zum Marsch für das Leben“ wurden bis zu 2.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angezeigt. Zu einer konkreten Anzahl darunter befindlicher potentiell gewalttätiger Personen lagen dem Polizeipräsidium (PP) Köln keine Erkenntnisse vor.
- Wie viele Polizisten waren daraufhin Bestandteil der Einsatzplanung zur Absicherung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit der Lebensschützer?
Die polizeilichen Einsatzmaßnahmen zum Schutz der zuvor genannten Versammlungen wurden durch das PP Köln im Rahmen einer Besonderen Aufbauorganisation (BAO) bewältigt. In der Spitze waren in diesem Zusammenhang rund 250 eigene und unterstellte Einsatzkräfte vorgeplant. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 3.
3. In welchem Umfang entsprachen die tatsächlich einsetzbaren Polizeikräfte und -mittel (z. B. Wasserwerfer, Diensthunde, etc.) den von der Kölner Polizei als Bedarf für diesen veranstaltungsreichen Tag festgestellten Kräfte?
Zur Bewältigung der landesweiten polizeilichen Einsatzlage am 16. September 2023 wurden alle verfügbaren Einheiten der Bereitschaftspolizei (BP) und der Alarmeinheiten sowie verfügbare auswärtige Unterstützungskräfte der BP aus Hamburg eingesetzt. Für nicht vorhersehbare Lageentwicklungen wurden durch das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste des Landes Nordrhein-Westfalen (LZPD NRW) dabei Kräfte der BP als Landeseinsatzbereitschaft mit einer sofortigen Abmarschbereitschaft für die einsatzführenden Kreispolizeibehörden bereitgestellt.
Der Anforderung des PP Köln von Kräften der BP konnte mit Blick auf die landesweiten Kräfteplanungen seitens des LZPD NRW nicht vollumfänglich entsprochen werden. Die geringfüge Reduzierung erfolgte in der Gesamtabwägung des LZPD NRW auch vor dem Hintergrund im Bedarfsfall verfügbarer Kräfte der BP der Landeseinsatzbereitschaft.
Im Verlaufe des Einsatzes wurden dem PP Köln zusätzliche Kräfte der BP aus der Landesein-satzbereitschaft auf Anforderung unterstellt. Insgesamt standen hierdurch mehr Kräfte für die Einsatzbewältigung zur Verfügung als ursprünglich angefordert. In der Spitze wurden rund 340 eigene und unterstellte Einsatzkräfte zum Schutz der in Rede stehenden Versammlungen eingesetzt.
4. Welche genauen Gründe lagen vor, dass die Polizeiführung den Demonstrationszug von „Marsch für das Leben“ und damit deren Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nicht gewährleisten konnte?
Störungen der Versammlung „Marsch für das Leben“, insbesondere durch Blockieren der Aufzugsstrecke, konnten nach Einschätzung des PP Köln mit verhältnismäßigen Mitteln kurzfristig nicht beseitigt werden.
5. Welche linksextremistischen Gruppierungen respektive linke Mischszenen waren an den Protesten gegen den „Marsch für das Leben“ beteiligt? (Bitte alle einzeln auflisten.)
Zu einer Beteiligung an den Protesten gegen den „Marsch für das Leben“ am 16. September 2023 in Köln haben nach Erkenntnissen der Landesregierung folgende verfassungsschutzrelevante Gruppierungen aus Nordrhein-Westfalen aufgerufen:
Linksextremistische Akteure
- Antifa AK Köln
- Interventionistische Linke Ortsgruppe Köln
- Ortsgruppen Föderation klassenkämpferischer Organisationen
- Kommunistische Linke Köln
Linksextremistisch dominierte Mischszenen
- „Köln gegen Rechts“
Eine tatsächliche Teilnahme an der Versammlung kann für den Antifa AK Köln, die Kommunistische Linke Köln und „Köln gegen Rechts“ nachvollzogen werden.