Kleine Anfrage 3749
des Abgeordneten Christian Loose AfD
Kohleausstieg und was dann – wo bleiben Forschung und Entwicklung? – 2. Nachfrage
Mit Antwort der Landesregierung vom 11. Januar 2024, Drucksache 18/7706, auf unsere Kleine Anfrage vom 06.12.2023, Drucksache 18/7254, wurden unsere Fragen teilweise unverständlich beantwortet. Die Landesregierung führte die Beantwortung der das Projekt Silent Air Taxi betreffenden Fragen 4 (Wie ist der Stand des Projektes Silent Air Taxi?) und 5 (Wann ist der geplante Termin der Markteinführung des Silent Air Taxi?) zusammengefasst wie folgt aus:
„Zum Sachstand:
- Derzeit wird ein Prototyp getestet.
- Eine erste Kleinserie des vorläufigen Silent Air Taxi soll als Umbau eines existierenden Fluggerätetyps ab 2026 produziert werden. Der Vorserienstart des vollständig neuen e.SAT Flugzeugs ist für 2029 geplant.
- Erfolgreiche Produktentwicklung erfolgt, derzeit jedoch pausiert, bis tatsächlich Flugtaxis bereitstehen.
- Derzeit wird ein Prototyp weiterentwickelt“
Die Ausführungen unter Punkt 3) ergaben keinerlei Sinn. Die Landesregierung wurde deshalb erneut und ergänzend mit der Kleinen Anfrage 18/8033 um sinnstiftende Antwort gebeten.
Die Fragen waren:
- Wie sollte die vorstehend unter Punkt 3) formulierte, unverständliche Antwort richtig lauten?
- Nachdem der Erstflug gemäß Pressemitteilung der e.SAT GmbH für 2024 und die Inbetriebnahme für 2025 avisiert war1, stellt sich die Frage, wieso nun erst in 2029 mit einem Vorserienstart zu rechnen ist und eine Inbetriebnahme dann wohl erst frühestens 2031 zu erwarten ist – was sind die Gründe?
- In welcher Höhe flossen bereits Landes-, Bundes- oder EU-Mittel in das Projekt?
- In welchem Rahmen wurde eine in der Vergangenheit bereits zugesagte Förderung aus Landes-, Bundes- oder EU-Mitteln zwischenzeitlich ggfs. aufgestockt?
- Der Entwickler verspricht für die Nutzung des Silent Air Taxi Reisekosten, die sich im Rahmen eines 1. Klasse-Bahntickets bewegen2 – wie hoch wird der Verkaufspreis eines Silent Air Taxis sein, auf dessen Basis ja eine solche Aussage zu kalkulieren wäre?
Mit der Drucksache 18/8475 übermittelt die Landesregierung eine Antwort, die von erstaunlicher Gleichgültigkeit hinsichtlich der Wirkung und des Erfolges der in Form von Fördermitteln eingesetzten Steuermittel zeugt: Die Behauptung der Projektierer, das Silent Air Taxi würde Reisen zu Kosten eines 1. Klasse-Bahntickets ermöglichen, wurde offenbar seitens der Landesregierung nie kaufmännisch geprüft.
Die Landesregierung erklärt in ihrer Antwort zwar bis auf zwei Nachkommastellen genau, in welcher Höhe Mittel der EU und des Landes NRW geflossen sind. Sie hat aber keinerlei eigene Vorstellung über den Stand des Projektes, wenn sie schreibt, die „gelieferten Antworten beruhen auf Informationen der Firma e.SAT. Weitere Informationen liegen nicht vor.“
Dies ist umso erstaunlicher, als dass die übermittelte Aussage der Firma e.SAT „Erfolgreiche Produktentwicklung erfolgt, derzeit jedoch pausiert, bis tatsächlich Flugtaxis bereitstehen“ sinnfrei ist: „Erfolgreiche Produktentwicklung erfolgt“ impliziert einen laufenden Prozess, der mit der Aussage „derzeit jedoch pausiert“ inkompatibel ist. Auch stellt sich die Frage, woran der Schöpfer dieser Aussage ermisst, dass seine Produktentwicklung „erfolgreich“ sei – eine erfolgreich abgeschlossene Produktentwicklung bestünde in einem marktfähigen Produkt.
Ich frage deshalb die Landesregierung erneut und ergänzend:
- Warum hinterfragt die Landesregierung nicht eine Selbstauskunft eines Zuwendungsempfängers zum Stand seines Projektes, wie sie im vorstehend geschilderten Fall die Firma e.SAT offenbar abgegeben hat?
- Warum unternimmt die Landesregierung keine eigenen, kaufmännischen Plausibilitätsprüfungen hinsichtlich eines solchen Projektes, in das ganz erhebliche Steuermittel investiert werden?
- Durch welche kaufmännischen und technischen Prüfungshandlungen nimmt die Landesregierung ihre Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler war, wenn sie einerseits das Versprechen glaubt, es könne mit dem Silent Air Taxi zu Kosten eines 1. Klasse Bahn Tickets befördert werden, sie aber andererseits keinerlei Kenntnis hat, wie hoch die Kosten des Fluggerätes in Form von u. a. Anschaffungspreis, Reparatur und Wartung sowie laufendem Unterhalt auch nur näherungsweise sein werden?
- Wo kann der Unterzeichner dieser Anfrage den Prototypen des Silent Air Taxi in Augenschein nehmen, der nach Auskunft der Firma e.SAT bereits existiert?
- Wenn das Projekt – welches ja anscheinend ausschließlich auf Daten des Subventionsempfängers beruht – durch einen politischen Entscheid kurzfristig abgebrochen würde, welche Fördermittel könnten dann im Sinne der Steuerzahler gerettet werden?
Christian Loose
1 Vgl. https://e-sat.de/de/mediacenter/pressecenter/, abgerufen am 26.01.2024
2 Vgl. ebenda.
Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 3749 mit Schreiben vom 16. Mai 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
- Warum hinterfragt die Landesregierung nicht eine Selbstauskunft eines Zuwendungsempfängers zum Stand seines Projektes, wie sie im vorstehend geschilderten Fall die Firma e.SAT offenbar abgegeben hat?
- Warum unternimmt die Landesregierung keine eigenen, kaufmännischen Plausi-bilitätsprüfungen hinsichtlich eines solchen Projektes, in das ganz erhebliche Steuermittel investiert werden?
Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeisam beantwortet: Die Fragen beziehen sich auf die allgemeinen Aktivitäten der e.SAT GmbH. Diesbezüglich kann die Landesregierung lediglich Auskünfte des Unternehmens weitergeben.
- Durch welche kaufmännischen und technischen Prüfungshandlungen nimmt die Landesregierung ihre Verantwortung gegenüber dem Steuerzahler war, wenn sie einerseits das Versprechen glaubt, es könne mit dem Silent Air Taxi zu Kosten eines 1. Klasse Bahn Tickets befördert werden, sie aber andererseits keinerlei Kenntnis hat, wie hoch die Kosten des Fluggerätes in Form von u. a. Anschaffungspreis, Reparatur und Wartung sowie laufendem Unterhalt auch nur nähe-rungsweise sein werden?
Der Landesregierung liegen ausschließlich für das geförderte Projekt „E-SAT“ Informationen vor.
Im Förderprojekt „E-SAT“, einem Kooperationsvorhaben aus insgesamt zehn eigenständigen Verbundpartnern mit eigenen Teilprojekten, wurde die Entwicklung eines extrem leisen Kleinflugzeugs mit Hybridantrieb vorangetrieben. Hierbei wurde das Kleinflugzeug technisch im Bereich Lärmreduktion, Verbrauch und Nachhaltigkeit weiterentwickelt und validiert. Neben der technischen Weiterentwicklung wurde im Projekt eine Produktions- und Zertifizierungsvorbe-reitung anhand der prototypisch entwickelten Komponenten durchgeführt. Die Entwicklung eines marktreifen Produktes bzw. Geschäftsmodells ist nicht Teil des Forschungsprojektes und nach Abs. 8.2 der FEI-Richtlinie sowie dem EU-Förderrecht auch nicht förderfähig. Vor diesem Hintergrund liegen diese Information außerhalb des Verantwortungs- und Zugriffsbereichs der Landesregierung.
- Wo kann der Unterzeichner dieser Anfrage den Prototypen des Silent Air Taxi in Augenschein nehmen, der nach Auskunft der Firma e.SAT bereits existiert?
Im Projekt „E-SAT“ wurde kein zusammenhängender Prototyp eines Kleinflugzeugs gebaut, sondern eine Vielzahl an Bauteilen (auch jeweils Prototypen) und Simulationen validiert. Bspw. befindet sich der Propulsor-Prototyp im RWTH-Gebäude des Instituts für Strahlenantriebe und Turbomaschinen und wurde in einer Vor-Ort-Kontrolle des Projektträgers Jülich am 29. August 2023 besichtigt. Die Frage, inwiefern im Anschluss an das Forschungsprojekt „E-SAT“ ein zusammenhängender Prototyp entwickelt wurde, wäre an die e.SAT GmbH zu richten.
- Wenn das Projekt – welches ja anscheinend ausschließlich auf Daten des Subventionsempfängers beruht – durch einen politischen Entscheid kurzfristig abgebrochen würde, welche Fördermittel könnten dann im Sinne der Steuerzahler gerettet werden?
Das Förderprojekt „E-SAT“ mit dem Ziel der Untersuchung der Eignung, d.h. der Entwicklung und Validierung, eines elektro-hybriden Antriebstrangs für den Einsatz in der regionalen Luftmobilität, wurde Mitte 2023 erfolgreich abgeschlossen. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes führten langfristig zu positiven Effekten für die Kooperationspartner.
Allgemeine Unternehmensaktivitäten der e.SAT GmbH unterliegen keiner Einflussnahme seitens der Landesregierung.