Kommunen am Limit – Reichen lediglich temporäre Zuweisungsstopps auf Dauer aus?

Kleine Anfrage
vom 14.09.2023

Kleine Anfrage 2559

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Kommunen am Limit Reichen lediglich temporäre Zuweisungsstopps auf Dauer aus?

Wie aus der Antwort auf eine frühere Kleine Anfrage1 hervorgeht, haben sich im Jahr 2022 insgesamt 159 Kommunen mit einer sog. Überlastungszeige an die Bezirksregierung Arnsberg gewandt, darunter 18 Kommunen, die durch die Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 noch in ihren Aufnahme- und Unterbringungsmöglichkeiten eingeschränkt waren. Hiervon wurde mit 112 der Kommunen ein temporärer Zuweisungsstopp, teilweise auch mehrfach, vereinbart.

Im Jahr 2023 hatten mit Stand 30.03.2023 zehn Kommunen bei der Bezirksregierung Arnsberg eine sog. Überlastungsanzeige gestellt. Hiervon wurde mit acht Kommunen ein temporärer Zuweisungsstopp vereinbart.

Da sich die Unterbringungssituation seit März dramatisch verschärft hat, bitten wir um ein aktualisiertes Lagebild.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Gemäß § 3 Abs. 4, Satz 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) kann die Zuweisung von ausländischen Flüchtlingen im Sinne des § 2 FlüAG von der Bezirksregierung Arnsberg auf Antrag für die Dauer von bis zu acht Wochen ausgesetzt werden, wenn eine Gemeinde glaubhaft darlegen kann, ihrer Aufnahmeverpflichtung aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse kurzfristig nicht nachkommen zu können. Wie oft mussten seit dem 01.04.2023 Kommunen melden, dass ihre Unterbringungskapazitäten erschöpft sind und sie in der Folge temporär keine weiteren Personen mehr aufnehmen können?
  2. Um welche Kommunen handelte es sich dabei im Detail? (Bitte einzeln benennen)
  3. Über welchen Zeitraum waren die betroffenen Kommunen jeweils nicht in der Lage, weitere Personen aufzunehmen, verbunden mit einer temporären Zuweisungspause? (Bitte einzeln aufführen inkl. der jeweiligen Dauer der Zuweisungspause)
  4. Gemäß § 3 Abs. 4, Satz 2 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) sollen – für die Dauer des Aufschubs der Zuweisung – die ausländischen Flüchtlinge in einer Landeseinrichtung verbleiben. In welchem Umfang musste seit 2022 von dieser Regelung Gebrauch gemacht werden?
  5. Gemäß § 3 Abs. 4, Satz 3 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) trägt die jeweilige Gemeinde, die ihre Aufnahmeverpflichtung aufschieben will, die Kosten für die Unterbringung und Versorgung der ausländischen Flüchtlinge gem. § 3 Abs. 4, Satz 2 FLüAG. In welchem Umfang wurden die Gemeinden seit 2022 zu einer entsprechenden Ausgleichzahlung verpflichtet bzw. herangezogen? (Bitte für die Jahre 2022 und 2023 differenziert nach Gemeinde und Höhe der Ausgleichszahlung listen)

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-5936

 

1 Vgl. Lt.-Drucksache 18/4165


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2559 mit Schreiben vom 10. November 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Gemäß § 3 Abs. 4, Satz 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) kann die Zuweisung von ausländischen Flüchtlingen im Sinne des § 2 FlüAG von der Bezirks­regierung Arnsberg auf Antrag für die Dauer von bis zu acht Wochen ausgesetzt werden, wenn eine Gemeinde glaubhaft darlegen kann, ihrer Aufnahmeverpflichtung aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse kurzfristig nicht nachkommen zu können. Wie oft mussten seit dem 01.04.2023 Kommunen melden, dass ihre Unterbringungskapazitäten erschöpft sind und sie in der Folge temporär keine weiteren Personen mehr aufnehmen können?

Insgesamt haben seit dem 01.04.2023 39 Kommunen eine temporäre Zuweisungspause ver­einbart.

  1. Um welche Kommunen handelte es sich dabei im Detail? (Bitte einzeln benennen)

Es handelt sich um folgende Kommunen:

Alpen, Alsdorf, Bad Laasphe, Baesweiler, Borchen, Erndtebrück, Finnentrop, Goch, Hallen­berg, Harsewinkel, Hattingen, Heiligenhaus, Herzogenrath, Hopsten, Isselburg, Issum, Jülich, Korschenbroich, Krefeld, Kürten, Laer, Langerwehe, Lichtenau, Lohmar, Meerbusch, Nideg-gen, Niederzier, Odenthal, Petershagen, Rheurdt, Roetgen, Schmallenberg, Stolberg, Swisttal, Tecklenburg, Titz, Weeze, Xanten und Zülpich.

  1. Über welchen Zeitraum waren die betroffenen Kommunen jeweils nicht in der Lage, weitere Personen aufzunehmen, verbunden mit einer temporären Zuwei­sungspause? (Bitte einzeln aufführen inkl. der jeweiligen Dauer der Zuweisungs­pause)

Die Kommunen haben Zuweisungspausen zwischen ein bis drei Wochen vereinbart.

  1. Gemäß § 3 Abs. 4, Satz 2 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) sollen für die Dauer des Aufschubs der Zuweisung die ausländischen Flüchtlinge in einer Landes-einrichtung verbleiben. In welchem Umfang musste seit 2022 von dieser Regelung Gebrauch gemacht werden?
  2. Gemäß § 3 Abs. 4, Satz 3 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) trägt die jeweilige Gemeinde, die ihre Aufnahmeverpflichtung aufschieben will, die Kosten für die Un­terbringung und Versorgung der ausländischen Flüchtlinge gem. § 3 Abs. 4, Satz 2 FLüAG. In welchem Umfang wurden die Gemeinden seit 2022 zu einer entspre­chenden Ausgleichzahlung verpflichtet bzw. herangezogen? (Bitte für die Jahre 2022 und 2023 differenziert nach Gemeinde und Höhe der Ausgleichszahlung lis­ten)

Die Fragen 4 und 5 werden im Sachzusammenhang beantwortet.

Die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 2 FlüAG zielt darauf ab, dass die Buchung bereits vollzogen ist, der Transfer dann aber seitens der Kommune nicht umgesetzt werden kann oder die Kom­mune das Land bittet, den ihr zugewiesenen Geflüchteten länger in der Landeseinrichtung unterzubringen. D.h. der Transfer ist dann aufgeschoben, die getroffene Zuweisungsentschei­dung bleibt hiervon unberührt. In diesen Fällen trägt die Gemeinde die Kosten für die „verlän­gerte“ Unterbringung in der Landeseinrichtung. Von der Regelung gem. § 3 Abs. 4 Satz 2 Flüchtlingsaufnahmegesetz wird kein Gebrauch gemacht.

Soweit eine Kommune eine Zuweisungspause vereinbart hat, werden für den Zeitraum der Zuweisungspause keine Zuweisungen für diese Kommune gebucht, sondern die Geflüchteten werden in die übrigen Kommunen zugewiesen.

 

MMD18-6740