Kleine Anfrage 3535
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Landesregierung bestätigt Inbetriebnahme der vierten Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) im Kreis Soest – Genießen die Interessen der Anwohner lediglich noch ein nachrangiges Interesse?
Während am 6. März der Integrationsausschuss im Landtag NRW tagte, wurde von Seiten der Bezirksregierung Arnsberg sowie über die Medien offiziell bestätigt, dass ein Hotel in Werl zur Außenstelle der ZUE Wickede und damit zur Flüchtlingsunterkunft wird.1 Von einer Information der Ausschussmitglieder wurde seitens der zuständigen Ministerin abgesehen, obwohl der aktuelle Sachstandsbericht zu Zugängen, Zuweisung, Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen in Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Sitzung behandelt wurde.
Die direkt betroffenen Bürger im Kreis Soest erhalten somit die vierte ZUE nach der ZUE Möhnesee (Kapazität 800 Plätze), der ZUE Soest (1.200 Plätze) und der ZUE Wickede (650 Plätze).
Wie aus der Pressemeldung weiter hervorgeht, soll die Öffentlichkeit am Freitag, 22. März ‚gnädigerweise‘, aber immerhin noch über das Vorhaben informiert werden. Hierbei gehe es allerdings nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um eine nachrichtliche Information der Anwohner über die zuvor getroffenen Entscheidungen und Verabredungen mit dem Inhaber des Hotels. Eine Einbeziehung in die Planungen oder gar ein Mitspracherecht sind nicht vorgesehen. In der Pressemitteilung der Bezirksregierung Arnsberg heißt es folgerichtig:
„Die Verhandlungen sind inzwischen abgeschlossen und das zwingend erforderliche Benehmen der zuständigen Fachministerien liegt nun vor, so dass die Finanzierung des Projektes sichergestellt ist.“2
Auch der Versorgungsdienstleister Malteser Hilfsdienst, der offensichtlich vor den betroffenen Anwohnern im Bilde war, stehe bereits fest.
Was den betroffenen Anwohnern nach wie vor nicht mitgeteilt wurde, ist die genaue Zahl der Plätze sowie das Datum des Betriebsbeginns. In der Presse ist von anfangs 100 Plätzen die Rede, mit einer möglichen Erweiterung auf 200 Plätze. Unbekannt bleiben ebenso die Vertragslaufzeit und die Kosten des Projekts, also die vereinbarten Mietkosten bzw. der Kaufpreis der Immobilie, mögliche Umbaukosten und insbesondere die Kosten für die Versorgungs-, Verpflegungs- und Sicherheitsdienstleister.
Diese Geheimhaltung erfolgt nicht ohne Grund. Immer wieder kommen Informationen ans Tageslicht, die man dem Bürger im Detail offenbar nicht zur Verfügung stellen möchte. So wurden z. B. Mietkosten in Höhe von 3 Mio. Euro für das Hotel in Dortmund bekannt. Auf kommunaler Ebene lieferte die Stadt Bochum zuletzt eine detaillierte Kostenaufstellung der Versorgungs-, Verpflegungs- und Sicherheitsdienstleister, woraus sich auch Rückschlüsse auf die Kosten im Zusammenhang mit den Landeseinrichtungen ziehen lassen. Von Seiten der Landesregierung hat man sich in der Vergangenheit dieser Transparenz leider verweigert. Völlig ignoriert wurde offensichtlich erneut auch der Anwohnerprotest aus dem angrenzenden Wohngebiet Melsterhag. Wie der Soester Anzeiger berichtet, gibt es eine Online-Petition mit knapp 800 Unterstützern.
Angeblich sollen in der neuen ZUE Werl schützenswerte Flüchtlingsgruppen wie werdende und junge Mütter oder Personen aus dem LGBTQ-Spektrum unterkommen.3 Die Verwaltung und der Rat der Stadt Werl formulierten in einem Positionspapier die Erwartung, dass sich der Personenkreis der zugewiesenen Menschen dauerhaft auf diese vulnerablen Gruppen beschränkt und eine permanente und umfassende Betreuung in der Außenstelle sichergestellt ist.4 Dass die Versprechen mit der späteren Realität nicht übereinstimmen müssen, zeigte sich in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Notunterkunft Selm (im benachbarten Kreis Unna), wo der tatsächlich untergebrachte Personenkreis offensichtlich nichts mit dem angekündigten gemein hatte.5
Zur Diskussion stehe in Werl angeblich die Frage, ob das Gelände zum Schutz der Bewohner eingezäunt werden muss und soll.6
Völlig ungeklärt ist aus unserer Sicht die Frage, inwiefern die Kreispolizeibehörde Soest in der Lage ist, mögliche zusätzliche Einsätze durch eine weitere ZUE abzudecken. In den drei bestehenden Einrichtungen gab es zwischen dem 01.01.2023 und dem 12.11.2023 insgesamt 551 Einsätze – also fast 2 pro Tag! Die Bürger im Kreis Soest sind in Folge zahlreicher Delikte durch Zuwanderer berechtigterweise besorgt. So gab es in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 19 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, 220 Rohheitsdelikte und 90 Delikte im Bereich der Gewaltkriminalität.7
Ich frage daher die Landesregierung:
- Welche Informationen liegen bezüglich der Inbetriebnahme der neuen ZUE Werl vor, insbesondere in Bezug auf den genauen Betriebsbeginn und die Anzahl der unterzubringenden Personen?
- Welche Informationen liegen aktuell zu den Kosten im Zusammenhang mit der neuen ZUE Werl vor? (Mietkosten bzw. Kaufpreis der Immobilie, mögliche Umbaukosten, Kosten für die Versorgungs-, Verpflegungs- und Sicherheitsdienstleister8)
- In welcher Form sollen die Bewohner der direkt angrenzenden Wohngebiete wirksam geschützt werden? (Beispielsweise durch die im Soester Anzeiger erwähnte Einzäunung der ZUE)
- In welcher Form wird ein Wertverlust der angrenzenden Immobilien, insbesondere im südlich angrenzenden Wohnviertel zwischen der Bernhard-Hellmann-straße und Plaschkestraße, geprüft, verbunden mit einer möglichen Entschädigung der Anwohner?
- Warum wurden auch in diesem Fall die betroffenen Anwohner lediglich nachrichtlich informiert und nicht in den Entscheidungs- bzw. Planungsprozess aktiv eingebunden?
Enxhi Seli-Zacharias
2 Vgl. https://www.bra.nrw.de/presse/landesunterkunft-fuer-gefluechtete-werl
3 Vgl. ZUE-Außenstelle Werl sorgt für Ungewissheit und Frust: Land schweigt zur geplanten Flüchtlingsunterkunft (soester-anzeiger.de)
6 Ebd.
7 Vgl. Lt.-Drucksache 18/7287
8 Bitte ähnlich transparent antworten wie etwa die Verwaltung der Stadt Bochum im Zusammenhang mit kommunalen Einrichtungen, die sich in ihrer Antwort – anders als in der Vergangenheit die Landesregierung – nicht hinter „wettbewerblichen Gründen“ versteckt hat. Vgl. https://bochum .ratsinfomanagement.net/Antwort_der_Verwaltung_20240555_1._Nachtrag.pdf
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3535 mit Schreiben vom 12. April 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
- Welche Informationen liegen bezüglich der Inbetriebnahme der neuen ZUE Werl vor, insbesondere in Bezug auf den genauen Betriebsbeginn und die Anzahl der unterzubringenden Personen?
Bei der neuen Landeseinrichtung in Werl handelt es sich um eine Notunterkunft (NU), die als Dependance zur ZUE Wickede betrieben wird. Die NU Werl wurde nach Abschluss des Mietvertrages und nach Durchführung der Bürgerinformationsveranstaltung am 25.03.2024 in Betrieb genommen. Die Unterbringungskapazität beträgt zunächst 100 Plätze, eine Belegung wird kurzfristig geplant. Nach Fertigstellung einer in Planung befindlichen Kantinenhalle (Pla-nungs- und Bauzeit ca. 3 bis 4 Monate) wird die Kapazität auf bis zu 200 Plätze erhöht.
- Welche Informationen liegen aktuell zu den Kosten im Zusammenhang mit der neuen ZUE Werl vor? (Mietkosten bzw. Kaufpreis der Immobilie, mögliche Umbaukosten, Kosten für die Versorgungs-, Verpflegungs- und Sicherheitsdienstleister)
Die Mietparteien haben über den Vertragsinhalt Stillschweigen vereinbart, sodass Angaben zu den Miet- und Herrichtungskosten nicht preisgegeben werden können.
Ebenfalls können aus Rücksichtnahme auf das aktuell laufende und weitere Vergabeverfahren der Sicherheits-, Betreuungs- und Verpflegungsdienstleistungen sowie um damit verbundene Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, keine Angaben zu den Kosten für die v. g. Dienstleistungen offengelegt werden.
- In welcher Form sollen die Bewohner der direkt angrenzenden Wohngebiete wirksam geschützt werden? (Beispielsweise durch die im Soester Anzeiger erwähnte Einzäunung der ZUE)
U.a. zum Schutz der in der NU untergebrachten Geflüchteten und zur Sicherstellung eines kontrollierten Zugangs (Eingangs- und Ausgangskontrolle) wird die NU umzäunt. Die Geflüchteten können die Liegenschaft jederzeit verlassen bzw. wieder betreten.
- In welcher Form wird ein Wertverlust der angrenzenden Immobilien, insbesondere im südlich angrenzenden Wohnviertel zwischen der Bernhard-Hellmann-Straße und Plaschkestraße, geprüft, verbunden mit einer möglichen Entschädigung der Anwohner?
Hinsichtlich des befürchteten Wertverlusts von Immobilien wird auf die Antwort der Landesregierung (DS 18/6781) vom 15.11.2023 auf die Kleine Anfrage 2705 vom 29.09.2023 verwiesen.
- Warum wurden auch in diesem Fall die betroffenen Anwohner lediglich nachrichtlich informiert und nicht in den Entscheidungs- bzw. Planungsprozess aktiv eingebunden?
Der 6-Punkte-Plan der Landesregierung sieht eine Einbindung der Anwohnenden u. a. durch Informationsveranstaltungen vor. Eine solche Informationsveranstaltung wurde am 22.03.2024 durchgeführt. Die weitere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger erfolgt über die entsprechend gewählten Gremien der Stadt, welche auch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger vertreten.