Legitimation und Aufgabe des Kommunalen Koordinierungskreises (KoKoK) im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI)

Kleine Anfrage
vom 22.11.2023

Kleine Anfrage 2914

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Legitimation und Aufgabe des Kommunalen Koordinierungskreises (KoKoK) im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI)

Am 13. Juni fand die 7. Sitzung des Kommunalen Koordinierungskreises (KoKoK) statt.1 Dabei ging es insbesondere um eine Prognose der weiteren Zugangszahlen von Migranten bzw. Asylsuchenden nach NRW. Für das Jahr 2024 wurden 70.000 weitere Zugänge prognostiziert. Das wirft die Frage auf, wie ernst gemeint die aktuellen Aussagen des Ministerpräsidenten zu einer Eindämmung bzw. Beendigung der „irregulären“ Migration sind.

Unabhängig von der Tagesordnung der 7. Sitzung des KoKoK fällt vor dem Hintergrund der regelmäßigen Teilnahme einzelner Verbände an Anhörungen im Landtag NRW die Zusammensetzung der Teilnehmer an dieser Sitzung auf:

„Vertreter des MKJFGFI, der Bezirksregierung Arnsberg, des Städtetags, des Städte- und Gemeindebunds, des Landkreistag sowie von den KSVn benannte Praktiker aus den Kommunen.“

Zudem stellen sich Fragen in Bezug auf die Aufgaben dieses Gremiums, auf die rechtliche Grundlage und auf die Einbeziehung bzw. Nicht-Einbeziehung von Organisationen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Organisationen bzw. Mitglieder der Landesregierung haben an den bisherigen Sitzungen des KoKoK in der aktuellen Legislaturperiode teilgenommen? (Bitte im Detail ausführen und insbesondere die Termine benennen)
  2. Was wurde im Rahmen der bisherigen Sitzungen des KoKoK besprochen bzw. verabredet? (Bitte im Detail ausführen)
  3. Wo ist die Zusammensetzung dieses Gremiums schriftlich geregelt?
  4. Welche Aufgaben, verbunden mit welchen Entscheidungsbefugnissen hat dieses Gremium?
  5. In welcher Form sollen die Mitglieder des Integrationsausschusses zukünftig zeitnah über die Arbeit des KoKoK informiert werden?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-6866

 

1 Protokoll liegt vor


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2914 mit Schreiben vom 15. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung:

Die genannten Zahlen von 60.000 Zugängen Geflüchteter nach Nordrhein-Westfalen im Jahr 2023 und 70.000 im Jahr 2024 sind eine Prognose des Ministeriums für Kinder, Jugend, Fa­milie, Gleichstellung, Flucht und Integration basierend auf dem Verlauf der Zugangszahlen der Asylerstantragstellenden seit 2005 (EASY-Statistik). Da der Bund seiner Verpflichtung, eine Prognose der Zugangszahlen zu erstellen, nicht nachkommt, erstellt das Ministerium für Kin­der, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hilfsweise eine eigene Prognose, um Planung für das Land als auch für die Kommunen zu ermöglichen. Die Prognose-Zahlen werden regelmäßig im Newsletter des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstel­lung, Flucht und Integration auf der Homepage veröffentlicht (https://www.mkjfgfi.nrw/me-nue/flucht/entwicklungen-im-bereich-flucht-newsletter). Der Natur der Sache entsprechend handelt es sich lediglich um sehr ungefähre Berechnungen, die laufend angepasst werden. Für die tatsächliche Anzahl von Zugängen Geflüchteter nach Nordrhein-Westfalen hat diese Berechnung des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integra­tion keine Bedeutung.

Sofern die Fragestellerin behauptet, in der Sitzung sei aufbauend auf die Prognose ein 2-Punkte-Plan vorgestellt worden, ist dies falsch. Dargestellt wurde die modellhafte Verteilung für 60.000 Schutzsuchende auf Basis der seinerzeitigen FlüAG-Statistik. Die Modellierung sollte den Teilnehmenden des Kommunalen Koordinierungskreis einen Einblick geben, wie sich die prognostizierten Zugänge auf die Kommunen verteilen würden.

Die Fragestellerin geht im Übrigen fehl in der Annahme eines inhaltlichen Widerspruchs zwi­schen den Erörterungen im Kommunalen Koordinierungskreis am 13. Juni 2023 und den Aus­sagen der Praktikerinnen und Praktiker vor Ort im Landtag am 10. November 2023. Im Verlauf der fünf Monate zwischen beiden Terminen hat sich die Lage im Landessystem verändert: Aufgrund stark gestiegener Zugänge nach Nordrhein-Westfalen war das Land seit August dazu gezwungen, die Zuweisungszahlen Geflüchteter auf die Kommunen anzuheben, wodurch teilweise auch Geflüchtete zugewiesen werden mussten, die gemäß Steuerungser­lass üblicherweise länger in den Landeseinrichtungen geblieben wären. Aktuell (Stand 5.12.23) hat das Land die Zuweisungszahlen wieder deutlich reduziert aufgrund geringerer Zugänge nach Nordrhein-Westfalen.

  1. Welche Organisationen bzw. Mitglieder der Landesregierung haben an den bishe­rigen Sitzungen des KoKoK in der aktuellen Legislaturperiode teilgenommen? (Bitte im Detail ausführen und insbesondere die Termine benennen)

An den Sitzungen des Kommunalen Koordinierungskreises haben für das Land Nordrhein-Westfalen regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter des Ministeriums für Kinder, Jugend, Fa­milie, Gleichstellung, Flucht und Integration sowie der Bezirksregierung Arnsberg teilgenom­men. An der Sitzung am 7. März 2023 hat zusätzlich die Unterzeichnerin teilgenommen. An der Sitzung am 18. April 2023 haben zusätzlich Vertreterinnen und Vertreter des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales teilgenommen.

  1. Was wurde im Rahmen der bisherigen Sitzungen des KoKoK besprochen bzw. ver­abredet? (Bitte im Detail ausführen)

Regelmäßig nutzt das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und In­tegration den Kommunalen Koordinierungskreis (KoKoK), um die Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen über die aktuelle Lage und Entwicklungen im Bereich Flucht auf Bundes- und Landesebene zu informieren und um die Erfahrungen mit dem aktuellen Fluchtgeschehen in den Kommunen zu erörtern.

Ein konkretes Ergebnis der Arbeit des KoKoK ist die Abgangsprognose, die seit Oktober 2023 im monatlichen Newsletter des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration auf der Homepage veröffentlicht wird (https://www.mkjfgfi.nrw/me-nue/flucht/entwicklungen-im-bereich-flucht-newsletter): Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration berechnet unter Betrachtung typischer Zu­gangsverläufe innerhalb eines Jahres in Relation zu den aktuellen Aufenthaltsdauern in den Landeseinrichtungen eine Prognose für die Zuweisungen aus den Landesunterbringungsein-richtungen in die Kommunen. Für die Prognose werden nur asylerstantragstellende Personen betrachtet, welche prognostisch eine Zuweisung nach dem FlüAG erhalten werden. Zur bes­seren Nachvollziehbarkeit werden die tatsächlich erfolgten Zuweisungen der Vormonate ebenso dargestellt wie die aktuelle Monatsplanung. Die Prognose wird monatlich unter Berück­sichtigung der tatsächlichen Zugänge und der aktuellen Aufenthaltsdauern in den Landesein-richtungen angepasst. Die dabei eintretenden Veränderungen werden kenntlich gemacht. Diese Prognose entspricht einem Wunsch der Kommunen und ist im KoKoK gemeinsam erar­beitet worden.

Ein weiteres konkretes Ergebnis der Arbeit des KoKoK ist die Einführung der sogenannten Eins-zu-eins-Anrechnung: Für Kommunen, auf deren Gebiet das Land eine Aufnahmeeinrich­tung betreibt, vermindert sich dadurch die Zahl der zuzuweisenden Asylbewerberinnen und Asylbewerber um 100 Prozent der Anzahl der Aufnahmeplätze, d. h. die Unterbringungskapa­zitäten der Landeseinrichtungen werden vollständig auf die FlüAG-Aufnahmeverpflichtung der Standortkommune angerechnet. Nach einer umfassenden Erörterung dieser Maßnahme wurde die entsprechende Novellierung des FlüAG auf den Weg gebracht und ist am 01.12.2023 in Kraft getreten.

Zudem ist im KoKoK eine Anpassung der Größe von Landesunterbringungseinrichtungen er­arbeitet worden: Da insbesondere in kleineren Kommunen die (wirtschaftlich bedingte) Min­destplatzzahl von 300 für eine Landeseinrichtung oft nicht erreichbar ist, wurde erörtert, unter welchen weiteren Rahmenbedingungen in Einzelfällen auch kleinere Liegenschaften für das Land in Frage kommen können.

Darüber hinaus wird im KoKoK stets anlassbezogen über einzelne Fragestellungen gegensei­tig informiert und beraten, beispielsweise über Fragen der privaten Unterbringung von Schutz­suchenden aus der Ukraine, der Digitalisierung der Ausländerbehörden und der Aufenthalts­gewährung bei gut integrierten Jugendlichen und jungen Volljährigen.

  1. Wo ist die Zusammensetzung dieses Gremiums schriftlich geregelt?
  2. Welche Aufgaben, verbunden mit welchen Entscheidungsbefugnissen hat dieses Gremium?

Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die Unterzeichnerin hat am 22. Februar 2023 die Kommunalen Spitzenverbände zum Kom­munalen Koordinierungskreis (KoKoK) eingeladen. Vor dem Hintergrund der hohen Zugangs­zahlen Geflüchteter nach Nordrhein-Westfalen standen (und stehen) Land und Kommunen vor einer großen Belastung bei der Unterbringung und Versorgung. Die Landesregierung war und ist stets bemüht, die Kommunen bestmöglich zu unterstützen bei den großen Herausforderun­gen, vor denen diese stehen. Eine Säule dieser Unterstützung ist die transparente und ver­trauensvolle Zusammenarbeit bei allen fluchtbedingten Fragen. Um ein Gesprächsformat zu schaffen, das einen praktikablen Teilnehmerkreis einerseits, eine große Bandbreite aus der kommunalen Landschaft andererseits abbildet, wurde der KoKoK gegründet. Die Kommuna­len Spitzenverbände wurden in der Einladung gebeten, aus ihrer Mitgliedschaft jeweils bis zu drei Praktikerinnen und Praktiker als Teilnehmer zu benennen, die in einer Kommune Verant­wortung im Fluchtbereich tragen und so die Kopplung der Landesebene mit der Praxis vor Ort gewährleisten.

Die Entscheidungsbefugnisse der jeweils zuständigen Behörden bleiben vom KoKoK unbe­rührt. Die Aufgabe des KoKoK ist es, in einem strukturierten, konstruktiven und transparenten Dialog zwischen Praktikerinnen und Praktikern aus den Kommunalverwaltungen, Kommuna­len Spitzenverbänden, der Bezirksregierung Arnsberg als landesweit zuständiger Behörde für die Zuweisungen Geflüchteter sowie dem Fluchtministerium anstehende Problemlagen zu er­örtern und Lösungs- sowie Verbesserungsmöglichkeiten in den Abläufen zwischen Landes-system und kommunalen Systemen zu erarbeiten.

  1. In welcher Form sollen die Mitglieder des Integrationsausschusses zukünftig zeit­nah über die Arbeit des KoKoK informiert werden?

Über alle Fragen, die im KoKoK behandelt werden, wird ebenso regelmäßig im Integrations­ausschuss informiert und diskutiert.

 

MMD18-7723