Lehrermangel in den Naturwissenschaften an Gymnasien und Gesamtschulen in NRW

Kleine Anfrage
vom 11.10.2024

Kleine Anfrage 4631

des Abgeordneten Dr. Christian Blex AfD

Lehrermangel in den Naturwissenschaften an Gymnasien und Gesamtschulen in NRW

Der eklatante Lehrermangel hält weiter an, auch wenn die Landesregierung mit diffusen Zahlen und oberflächlichen Darstellungen von Statistiken ein milderes Bild zeichnen möchte. So klang es in der Ausschusssitzung vom 26.06.2024 durch das Ministerium, als würden Daten über den fachspezifischen Lehrermangel nicht erhoben werden. Dabei ist es von besonderer Relevanz, einen konkreten Überblick über die unterschiedlichen Mangellagen zu erlangen. Der nordrhein-westfälischen Schullandschaft wäre nicht geholfen, wenn ausschließlich neue Deutschlehrer eingestellt würden, welche dann wiederum lediglich als Vertretungslehrer Verwendung fänden. Zwar postuliert die Landesregierung, dass Vertretungsunterricht besser als Unterrichtsausfall sei, dieser Anspruch darf uns jedoch keinesfalls genügen.

Die ohnehin viel zu optimistisch ausgelegte Statistik zum Unterrichtsausfall verkennt den Qualitätsunterschied zwischen Unterricht durch den Fachlehrer und Vertretungsunterricht durch fachfremde Kräfte und ignoriert strukturellen Unterrichtsausfall gänzlich.

Auch in der kleinen Anfrage 18/9822 vom 15. Mai 2024 konnte das Ministerium keinen fachspezifischen Lehrkräftebedarf erläutern. Offene Stellen und konkreter Bedarf würde der Landesregierung nicht bekannt sein, da dies Aufgabe der einzelnen Schulen sowie der Bezirksregierungen sei, welche lediglich Haushaltsstellen für die Personalabdeckung zugewiesen bekämen.

Diese kleine Anfrage soll die fachscharfen Zahlen an Gymnasien und Gesamtschulen beleuchten.

Daher frage ich die Landesregierung:

  1. Wie hoch ist die Gesamtzahl der Lehrkräfte der Fächer Mathematik, Physik, Chemie und Informatik in der Sekundarstufe I & II an Gymnasien und Gesamtschulen in NRW seit 2019 bis heute? (Bitte als Vollzeitäquivalente tabellarisch aufschlüsseln, nach Schulform, Stufe, Fach und Jahr)
  2. Wie viele dieser Lehrkräfte in NRW wurden in den Jahren 2019 bis heute neu eingestellt? (Bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Schulform, Stufe, Fach und Jahr)
  3. Wie viele dieser Lehrkräfte in NRW erreichten bzw. erreichen von 2019 bis 2034 pro Jahr die Altersgrenze zum altersbedingten Ruhestand, Pension, Rente etc.? (Bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Altersstruktur, Schulform, Stufe, Fach und Jahr)
  4. Welche Hochschulabsolventenprognosen über die zuvor genannten fachscharfen Lehrstellen liegen der Landesregierung vor?
  5. Wie fällt die Bedarfsprognose für NRW bis 2034 der oben genannten Fächer, Stufen und Schulformen im Kontext der vorhandenen Abdeckung aus? (Bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Schulform, Stufe, Fach und Jahr)

Dr. Christian Blex

 

MMD18-11009


Der Minister für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 4631 mit Schreiben vom 18. November 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kul­tur und Wissenschaft beantwortet.

  1. Wie hoch ist die Gesamtzahl der Lehrkräfte der Fächer Mathematik, Physik, Che­mie und Informatik in der Sekundarstufe I & II an Gymnasien und Gesamtschulen in NRW seit 2019 bis heute? (Bitte als Vollzeitäquivalente tabellarisch aufschlüs­seln, nach Schulform, Stufe, Fach und Jahr)

Die Zahl der Vollzeitlehrereinheiten von Lehrkräften mit den Aus- und Fortbildungsfächern Ma­thematik, Chemie, Informatik und/oder Physik an den öffentlichen und privaten Gymnasien und Gesamtschulen in den Schuljahren 2019/2020 bis 2023/2024 kann der als Anlage 1 bei­gefügten Tabelle entnommen werden.

  1. Wie viele dieser Lehrkräfte in NRW wurden in den Jahren 2019 bis heute neu ein­gestellt? (Bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Schulform, Stufe, Fach und Jahr)

Zu den Einstellungsterminen der in Frage 1 angeführten Lehrkräfte liegen mit den Amtlichen Schuldaten keine Informationen vor.

  1. Wie viele dieser Lehrkräfte in NRW erreichten bzw. erreichen von 2019 bis 2034 pro Jahr die Altersgrenze zum altersbedingten Ruhestand, Pension, Rente etc.? (Bitte tabellarisch aufschlüsseln nach Altersstruktur, Schulform, Stufe, Fach und Jahr)

Die Zahl der Lehrkräfte mit den Aus- und Fortbildungsfächern Mathematik, Chemie, Informatik und/oder Physik an den öffentlichen und privaten Gymnasien und Gesamtschulen, die in den Jahren 2019 bis 2034 aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze in den Ruhestand ein­treten konnten bzw. können, kann der als Anlage 2 beigefügten Tabelle entnommen werden.

Für die Jahre ab 2025 wurde auf Grundlage der aktuell vorliegenden Amtlichen Schuldaten des Schuljahres 2023/2024 prognostisch ermittelt, in welchem Jahr die Lehrkräfte aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze in den Ruhestand eintreten können.

Bei der Interpretation insbesondere der für den Zeitraum 2025 bis 2034 ausgewiesenen Zah­len ist zu beachten, dass regelmäßig ein auf Grundlage der Amtlichen Schuldaten nicht quan-tifizierbarer Teil der Lehrkräfte aufgrund von Dienstunfähigkeit, Schwerbehinderung oder auf Antrag bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand eintritt. Diese Lehrkräfte werden mit den Amtlichen Schuldaten nicht erfasst und sind somit in den bis zum Jahr 2024 ausgewiesenen Zahlen nicht enthalten, während sie in den Zahlen ab dem Jahr 2025 in zu­nehmendem Maße miterfasst sind. Hinzu kommt, dass ältere Personen, die z. B. im Rahmen des Seiteneinstiegs oder als Vertretungslehrkräfte erst zu einem späteren Zeitpunkt in den Schuldienst eintreten, nicht in den Daten berücksichtigt sein können. Insgesamt ist somit die Aussagekraft der ab dem Jahr 2025 auf Grundlage der Amtlichen Schuldaten ausweisbaren Zahlen als eingeschränkt zu bewerten.

  1. Welche Hochschulabsolventenprognosen über die zuvor genannten fachscharfen Lehrstellen liegen der Landesregierung vor?

Aufgrund des polyvalenten Charakters der Studiengänge im Lehramt können keine Aussagen zu fachscharfen Absolventinnen- und Absolventenzahlen prognostiziert werden.

  1. Wie fällt die Bedarfsprognose für NRW bis 2034 für die oben genannten Fächer, Stufen und Schulformen im Kontext der vorhandenen Abdeckung aus? (Bitte ta­bellarisch aufschlüsseln nach Schulform, Stufe, Fach und Jahr)

Das Ministerium für Schule und Bildung hat im März 2023 die Lehrkräftebedarfsprognose „Vo­rausberechnungen zum Lehrkräftearbeitsmarkt in Nordrhein-Westfalen für Einstellungschan­cen für Lehrkräfte bis zum Schuljahr 2044/2045“ (veröffentlicht unter: https://www.schulminis-terium.nrw/system/files/media/document/file/lehrkraeftebedarfsprognose_maerz_2023.pdf) basierend auf den aktuellsten Daten und Erkenntnissen neu erstellt. Sie ist ein wichtiges In­strument, das angehenden Lehrkräften vor Beginn des Studiums die zukünftigen Beschäfti­gungsaussichten aufzeigen soll und der Bildungsadministration das erforderliche Steuerungs­wissen für bildungspolitische Entscheidungen zur Verfügung stellt.

Die Vorausberechnungen erfolgen hierbei nicht nach Schulformen, sondern nach den insge­samt fünf Lehrämtern. Die genannte Veröffentlichung enthält neben umfangreichen allgemei­nen Ausführungen zur Methodik, für das Lehramt an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamt­schulen (Sekundarstufe I), für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen sowie für wei­tere Lehrämter, jeweils auch fächer- bzw. fachrichtungsspezifische Lehrkräftebedarfsprogno-sen mit einem Prognosehorizont von zehn Jahren.

Für das Lehramt an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen (Sekundarstufe I) übersteigt nach derzeitigem Stand der Vorausberechnungen der durchschnittliche jährliche Einstellungs­bedarf das durchschnittliche Lehrkräfteangebot. Daher bieten sich Bewerberinnen und Bewer­bern in diesem Lehramt, und unter anderem insbesondere auch in den Fächern Mathematik, Physik, Chemie und Informatik, insgesamt dauerhaft hervorragende bis sehr gute Einstel­lungschancen.

Für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen übersteigt nach derzeitigem Stand das durchschnittliche jährliche Lehrkräfteangebot den durchschnittlichen jährlichen Einstellungs­bedarf, wobei allerdings die fachspezifischen Unterschiede sehr ausgeprägt sind. Für das Fach Informatik sind die Einstellungschancen hervorragend bis sehr gut, in den Fächern Ma­thematik und Physik sind sie sehr gut und im Fach Chemie gut.

Hierbei bedeuten gute Einstellungschancen, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber geringfügig höher ist als die Zahl der zu besetzenden Stellen, sehr gute Einstellungschancen, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber im Verhältnis zu den zu besetzenden Stellen ausgewogen oder geringfügig niedriger ist, wohingegen im Falle von hervorragenden Einstel­lungschancen die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber deutlich geringer ist als die Zahl der zu besetzenden Stellen.

Die quantitative Bedeutung des Faches dient als ein weiteres Kriterium zur Bewertung der fächerspezifischen Beschäftigungsmöglichkeiten. Allein schon aufgrund des höheren Gesamt­bedarfs bieten Fächer wie zum Beispiel Mathematik bei der Stellensuche im Vergleich zu quantitativ weniger bedeutenden Fächern Vorteile.

 

MMD18-11455