„Letter of intent“ zwischen der Bezirksregierung Münster und dem Hotel Van der Valk in Bezug auf die geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung in Gladbeck

Kleine Anfrage
vom 11.07.2023

Kleine Anfrage 2098

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

„Letter of intent“ zwischen der Bezirksregierung Münster und dem Hotel Van der Valk in Bezug auf die geplante Zentrale Unterbringungseinrichtung in Gladbeck

Der geleakte „letter of intent“ wirft einige grundlegende Fragen auf. Dabei geht es um die lange Vertragslaufzeit, mögliche bisher nicht ausgewiesene Kosten, eine möglicherweise nicht erfolgte Ausschreibung für Zusatzleitungen, die Nachnutzung des Hotels sowie die mangelhafte Einbindung der betroffenen Bürger. Dazu passen die Ereignisse anlässlich der Ratssitzung vom 15. Juni 2023 in Gladbeck. Weder der anwesende Staatssekretär noch der Regierungspräsident des Bezirks Münster sind in ihren Ausführungen auf die berechtigten Sorgen und Ängste der betroffenen Bürger eingegangen.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 1.1) soll die Verpachtung der Immobilie als ZUE fest für die Dauer von 10 Jahren erfolgen. Wie begründet die Landesregierung – vor dem Hintergrund der hohen monatlichen Kosten – die lange Vertragslaufzeit?
  2. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 1.5) ist es den Parteien bewusst, „dass insbesondere mögliche Änderungen respektive Erweiterungen der Umbau- und Ausstattungsmaßnahmen, behördliche Auflagen und Weisungen, etwaige Lieferengpässe oder inflationsbedingte Preisaufschläge die Baukosten erhöhen können.“ Inwiefern haben sich die Baukosten in diesem Zusammenhang bereits erhöht?
  3. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 2.2 und 2.3) soll der Verpächter (also Van der Valk) für die Vertragsdauer von 10 Jahren Zusatz-Dienstleistungen übernehmen. Dazu zählen insbesondere auch die Verpflegungsdienstleistungen, die mit 16 Euro (Belegung min. 500 Personen) bzw. 18,50 Euro (Belegung 250 bis 499 Personen) je Tag unverhältnismäßig hoch ausfallen. Inwiefern hat es bei der Vergabe der Zusatz-Dienstleistungen und insbesondere bei der Vergabe der Verpflegungsdienstleitung eine öffentliche Ausschreibung gegeben, um ggf. einen günstigeren Anbieter zu finden?
  4. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 4.1) bekräftigen die Vertragsparteien das gemeinsame Ziel des Vertragsabschlusses mit einem Pachtbeginn bis zum Ablauf des 30.11.2023 nach „besten Kräften“ zu verfolgen. Zu welchem Zeitpunkt war eine umfangreiche Einbindung der betroffenen Parteien in die Entscheidungsfindung vorgesehen? (insbesondere der Anwohner, Betreiber der Sporteinrichtungen im Erholungsgebiet Wittringen und Bewohner der angrenzenden Städte Gladback und Bottrop)
  5. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 4.4) sind umfangreiche Regelungen nach Ende der Vertragslaufzeit vorgesehen, so die Zusicherung        einer „Rück-Nutzungsänderungsgenehmigung“. Anlässlich der Sitzung des Rats der Stadt Gladbeck am 15. Juni 2023 machte die Bürgermeisterin klar, dass derartige Zusicherungen nicht möglich seien. In diesem Fall steht es allerdings dem Verpächter frei, von der Realisierung des Projekts insgesamt Abstand zu nehmen. Inwiefern gibt es von Seiten des Verpächters erste Hinweise, die auf einen derartigen Schritt hindeuten? (Bitte auch die finanziellen Folgen eines derartigen Schritts für den Steuerzahler beziffern1)

Enxhi Seli-Zacharias

 

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Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2098 mit Schreiben vom 16. August 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Bei dem in die Öffentlichkeit gelangten „Letter of Intent“ handelt es sich um den Vorentwurf einer vorvertraglichen Vereinbarung zwischen der van der Valk GmbH und dem Land Nord­rhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Münster. Bei den in dieser Kleinen An­frage in Bezug genommenen Textpassagen aus dem Letter of Intent handelt es sich somit um keine abschließenden Feststellungen.

  1. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 1.1) soll die Verpachtung der Immobilie als ZUE fest für die Dauer von 10 Jahren erfolgen. Wie begründet die Landesregierung – vor dem Hintergrund der hohen monatlichen Kosten – die lange Vertragslaufzeit?

Gemäß des derzeit geltenden Kapazitätserlasses des seinerzeitigen MKFFI vom 29.12.2021 sind landesweit insgesamt 29.300 standardgerechte Unterbringungsplätze vorzuhalten, davon entfallen auf den Regierungsbezirk Münster insgesamt 4.450 Plätze, von denen mit Stand 21.07.2023 nur 2.310 Plätze dem sog. ZUE-Standard entsprechen. Angesichts der fehlenden standardgerechten Plätze und der weiterhin anhaltenden hohen Zugänge von Asylsuchenden in Nordrhein-Westfalen werden auch längere Mietzeiträume angestrebt. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung wird stets betrachtet, ob und für welchen Zeitraum eine Liegen­schaft angemietet wird.

  1. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 1.5) ist es den Parteien bewusst, „dass insbeson­dere mögliche Änderungen respektive Erweiterungen der Umbau- und Ausstat­tungsmaßnahmen, behördliche Auflagen und Weisungen, etwaige Lieferengpässe oder inflationsbedingte Preisaufschläge die Baukosten erhöhen können.“ Inwie­fern haben sich die Baukosten in diesem Zusammenhang bereits erhöht?

Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

  1. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 2.2 und 2.3) soll der Verpächter (also Van der Valk) für die Vertragsdauer von 10 Jahren Zusatz-Dienstleistungen übernehmen. Dazu zählen insbesondere auch die Verpflegungsdienstleistungen, die mit 16 Euro (Be­legung min. 500 Personen) bzw. 18,50 Euro (Belegung 250 bis 499 Personen) je Tag unverhältnismäßig hoch ausfallen. Inwiefern hat es bei der Vergabe der Zu­satz-Dienstleistungen und insbesondere bei der Vergabe der Verpflegungsdienst-leitung eine öffentliche Ausschreibung gegeben, um ggf. einen günstigeren An­bieter zu finden?

Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Derzeit wird die vergaberechtliche Notwendigkeit von Ausschreibungen für die im Entwurf des Letter of Intent inbegriffenen Dienstleistungen geprüft.

  1. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 4.1) bekräftigen die Vertragsparteien das gemein­same Ziel des Vertragsabschlusses mit einem Pachtbeginn bis zum Ablauf des 30.11.2023 nach „besten Kräften“ zu verfolgen. Zu welchem Zeitpunkt war eine umfangreiche Einbindung der betroffenen Parteien in die Entscheidungsfindung vorgesehen? (insbesondere der Anwohner, Betreiber der Sporteinrichtungen im Erholungsgebiet Wittringen und Bewohner der angrenzenden Städte Gladbeck und Bottrop)

Die für ein Vorhaben zuständige Bezirksregierung und die Standortkommune informieren in der Regel gemeinsam die Öffentlichkeit in geeigneten Formaten, z.B einer Bürger- oder An-wohnerversammlung, über die Planungen einer Landeseinrichtung, sobald sie hinreichend konkret und konsolidiert sind, um vorgestellt und diskutiert werden zu können.

Für das Projekt ZUE Gladbeck haben die Stadt Gladbeck und die Bezirksregierung Münster deswegen für Anfang März Gespräche vereinbart und durchgeführt um darüber zu entschei­den, ob ein solcher Sachstand erreicht ist und wie eine Information der Öffentlichkeit erfolgen könne. Anschließend ist das Vorhaben im Ältestenrat eingebracht worden. Eine strukturierte Information und Diskussion konnte wegen der Entwicklungen im Kontext der politischen Initi­ativen im Vorfeld der Sitzung des Rates der Stadt Gladbeck am 15.06.2023 noch nicht erfol­gen.

  1. Gemäß „letter of intent“ (Absatz 4.4) sind umfangreiche Regelungen nach Ende der Vertragslaufzeit vorgesehen, so die Zusicherung einer „Rück-Nutzungsände-rungsgenehmigung“. Anlässlich der Sitzung des Rats der Stadt Gladbeck am 15. Juni 2023 machte die Bürgermeisterin klar, dass derartige Zusicherungen nicht möglich seien. In diesem Fall steht es allerdings dem Verpächter frei, von der Re­alisierung des Projekts insgesamt Abstand zu nehmen. Inwiefern gibt es von Sei­ten des Verpächters erste Hinweise, die auf einen derartigen Schritt hindeuten? (Bitte auch die finanziellen Folgen eines derartigen Schritts für den Steuerzahler beziffern)

Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

 

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