Kleine Anfrage 2612
des Abgeordneten Dr. Martin Vincentz AfD
LGBTIQ-Organisation kritisiert Gynäkologen wegen Diskriminierung von Transfrauen – Gibt es eine medizinische Diskriminierung?
Ein französischer Gynäkologe gerät derzeit in die Kritik von Unterstützern der Transgemeinschaft, da er sich weigert, Transfrauen, also biologische Männer, zu behandeln. Dieses Verhalten wird ihm nun als „transphob“ und „diskriminierend“ ausgelegt.
„SOS Homophobie“, eine selbsternannte nationale Organisation zur Bekämpfung von LGBTIQ-Phobie in Frankreich, richtet ihre Aufmerksamkeit auf diesen Vorfall. Seine normale gynäkologische Arbeit wird in den sozialen Medien nun als „LGBTIQ-feindlich“ angesehen. Die Organisation teilte auf X eine Online-Bewertung, in der der Vorfall beschrieben wurde:
„Es war der erste Termin meines Trans-Partners. Er (der Gynäkologe) weigerte sich, sie zu sehen, seine Sekretärin wies uns kalt ab. Ich rate davon ab [hinzugehen]. Nie wieder“1
Der Arzt antwortete darauf direkt: „Ich bin Gynäkologe und kümmere mich um echte Frauen. Ich habe keine Fähigkeiten, mich um Männer zu kümmern, selbst wenn sie sich rasiert haben und meiner Sekretärin sagen, dass sie Frauen geworden sind. Mein gynäkologischer Untersuchungstisch ist nicht geeignet, um Männer zu untersuchen. Es gibt spezialisierte und sehr kompetente Ärzte, die sich um Männer wie Sie kümmern.“2
„SOS Homophobie“ hob hervor, dass Transphobie eine Realität mit schwerwiegenden Folgen sei, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zur Gesundheitsversorgung.3
Ich frage die Landesregierung:
- Inwieweit sollten aus Sicht der Landesregierung Transfrauen in Bezug auf die medizinische Versorgung einen Gynäkologen aufsuchen dürfen?
- Inwiefern gibt es in Nordrhein-Westfalen Richtlinien oder Empfehlungen für Ärzte und Gesundheitsdienstleister, wie sie angemessen mit Anfragen von Transpersonen umgehen sollen?
- Gibt es in Nordrhein-Westfalen spezialisierte medizinische Einrichtungen bzw. Ärzte, die auf die Gesundheitsversorgung von Transpersonen spezialisiert sind?
- Inwieweit gibt es in Nordrhein-Westfalen Bildungs- bzw. Sensibilisierungsprogramme für medizinische Fachkräfte, um Vorurteile und Diskriminierungen gegen Transpersonen abzubauen?
- Inwieweit dient die Meldestelle „Queerfeindlichkeit“ als Anlaufstelle für Transpersonen in Nordrhein-Westfalen, wenn sie im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung diskriminiert oder abgelehnt werden?
Dr. Martin Vincentz
2 Ebd.
3 Ebd.
Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2612 mit Schreiben vom 27. Oktober 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.
- Inwieweit sollten aus Sicht der Landesregierung Transfrauen in Bezug auf die medizinische Versorgung einen Gynäkologen aufsuchen dürfen?
Grundsätzlich gilt in Deutschland das Prinzip der freien Arztwahl. Maßgeblich für eine ärztliche Behandlung ist die jeweilige Indikation und nicht die Geschlechtsidentität eines Menschen.
- Inwiefern gibt es in Nordrhein-Westfalen Richtlinien oder Empfehlungen für Ärzte und Gesundheitsdienstleister, wie sie angemessen mit Anfragen von Transpersonen umgehen sollen?
Spezifische Richtlinien und Empfehlungen für Ärztinnen und Ärzte in Nordrhein-Westfalen, wie sie angemessen auf Anfragen von Transpersonen umgehen, sind der Landesregierung nicht bekannt. Allgemein geben aber die entsprechenden Berufsordnungen und das Genfer Gelöbnis (Deklaration des Weltärztebundes) Ärztinnen und Ärzten Behandlungsgrundsätze und Verhaltensregeln vor. Im Zusammenhang mit dem Umgang mit Patientinnen und Patienten ergibt sich hieraus, dass deren Rechte zu achten und diese nicht zu diskriminieren sind.
Mit Bezug auf fachliche Fragestellungen wird auf die S3-Leitlinie zur Diagnostik, Beratung und Behandlung bei Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit verwiesen. Diese nimmt auch Bezug auf Aspekte der therapeutischen Haltung und Beziehungsgestaltung zwischen Ärztinnen und Ärzten und Transpersonen.
- Gibt es in Nordrhein-Westfalen spezialisierte medizinische Einrichtungen bzw. Ärzte, die auf die Gesundheitsversorgung von Transpersonen spezialisiert sind?
Prinzipiell können Transpersonen durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte umfassend versorgt werden. Falls erforderlich, findet die Beratung bzw. Behandlung interdisziplinär statt. In Nordrhein-Westfalen gibt es medizinische Einrichtungen (beispielsweise an der Uniklinik Münster, die eine entsprechende Spezialsprechstunde eingerichtet hat) sowie Ärztinnen und Ärzte, die sich auf die Gesundheitsversorgung von Transpersonen spezialisiert haben. Innerhalb der vorhandenen Netzwerke – sowohl seitens der Betroffenen als auch der Ärzteschaft – findet ein umfassender Austausch statt. Auf entsprechenden Portalen sind zudem entsprechende Informationen über geeignete Anlaufstellen zu finden.
- Inwieweit gibt es in Nordrhein-Westfalen Bildungs- bzw. Sensibilisierungspro-gramme für medizinische Fachkräfte, um Vorurteile und Diskriminierungen gegen Transpersonen abzubauen?
Fort- und Weiterbildungsangebote für Ärztinnen und Ärzte sowie für medizinische Fachangestellte in Nordrhein-Westfalen umfassen Themen wie sensible Rhetorik in der Arztpraxis und Übungen zum Umgang mit Patientinnen und Patienten in besonderen Situationen. Zudem werden in Qualitätszirkeln und Fortbildungen Bildungs- beziehungsweise Sensibilisierungs-programme für medizinische Fachkräfte durchgeführt, um Vorurteile und Diskriminierungen gegenüber Transpersonen abzubauen.
- Inwieweit dient die Meldestelle „Queerfeindlichkeit“ als Anlaufstelle für Transpersonen in Nordrhein-Westfalen, wenn sie im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung diskriminiert oder abgelehnt werden?
Die Meldestelle Queerfeindlichkeit befindet sich aktuell noch im konzeptionellen Aufbau.