Mandatierung von Anwälten in der Coronakrise

Kleine Anfrage
vom 09.09.2021

Kleine Anfrage 5951des Abgeordneten Thomas Röckemann vom 09.09.2021

 

Mandatierung von Anwälten in der Coronakrise

Die von der Landes- und Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen gegen das Coronavirus werden zunehmend von deutschen Gerichten geprüft. So haben die Verfassungs-und Verwaltungsgerichte seit dem Jahre 2020 über 10.000 Verfahren hinsichtlich der staatlichen Maßnahmen des Infektionsschutzes gegen das Coronavirus behandelt.1

Hierbei ist das Portfolio der angefochtenen Maßnahmen mannigfaltig:
Von der

  • Rechtmäßigkeit der Schließungen von Schulen und Kindergärten
  • über die Verpflichtung, Masken in der Öffentlichkeit zu tragen,
  • die Rechtmäßigkeit der Schließung von Spielhallen,
  • die Verlängerung von Räumungsfristen,
  • die Durchführung einer Demonstration unter Auflagen
  • bis hin zur Rechtmäßigkeit der Schließung von Einzelhandelsgeschäften ist die Diversität der jeweiligen Einzelfälle äußerst umfangreich.2

Auf Grund der Vielfältigkeit der Verfahren setzt die Verwaltung teilweise externe Rechtsanwälte ein, die sich auf das jeweilige Gebiet spezialisiert haben.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. In wie viele Verfahren, die sich gegen die Coronamaßnahmen richten, ist das Land Nordrhein-Westfalen involviert? (Bitte aufschlüsseln nach Art des Verfahrens gemäß PEBB§Y und jeweiligem Streitwert)
  2. In wie vielen Verfahren, die sich gegen die Coronamaßnahmen richten, sind ein Kreis oder eine Gemeinde des Landes Nordrhein-Westfalen involviert? (Bitte aufschlüsseln nach Kreisen und Gemeinden sowie Art des Verfahrens gemäß PEBB§Y und jeweiligem Streitwert)
  3. Wie häufig mandatierten die Behörden des Landes NRW Rechtsanwälte in bezug auf Verfahren, die mit den Coronamaßnahmen im Zusammenhang standen? (Bitte aufschlüsseln nach Art des Verfahrens gemäß PEBB§Y, Auftraggeber und Streitwert)
  4. Wie häufig mandatierten die Behörden eines Kreises oder einer Gemeinde des Landes NRW Rechtsanwälte in bezug auf Verfahren, die mit den Coronamaßnahmen im Zusammenhang standen? (Bitte aufschlüsseln nach Art des Verfahrens gemäß PEBB§Y, Auftraggeber und Streitwert
  5. Auf welche Summe belaufen sich die Kosten für die unter den Punkten 3. und 4. mandatierten Verfahren und Rechtsanwälte?

Thomas Röckemann

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.drb.de/newsroom/presse-mediencenter/nachrichten-auf-einen-blick/nachricht/news/die-justiz-hat-sich-in-der-corona-krise-bewaehrt (abgerufen am 03.09.2021).

2 https://www.etl-rechtsanwaelte.de/aktuelles/erste-gerichtsentscheidungen-zum-coronavirus  (abgerufen am 03.09.2021).


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 5951 mit Schreiben vom 1. Oktober 2021 namens der Landesregierung 5951 im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten sowie allen übrigen Mitgliedern der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Eine statistische Erfassung der mit der Kleinen Anfrage erfragten Daten für Coronaverfahren bei der Justiz des Landes erfolgt nicht. Eine händische Ermittlung der Daten seitens der be­troffenen Gerichtsbarkeiten unter Berücksichtigung unter anderem aller dem Landtags-Rechtsausschuss seit April 2020 auf drei entsprechende Anfragen hin – lediglich – sukzessive berichteten Coronaverfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die sich allein dort bei dem letz­ten Bericht im März 2021 bereits auf mehrere tausend Verfahren summierten, ist innerhalb der zur Beantwortung Kleiner Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Die nachfolgenden Antworten beziehen sich daher auf Daten, welche die Ministerien des Lan­des im Rahmen der zur Verfügung stehenden Zeit hinsichtlich der von Klagen und Antrags­verfahren betroffenen Behörden ermitteln konnten.

Ergänzend wird auf die öffentlichen Berichte des Ministeriums der Justiz für den Landtags-Rechtsausschuss zu den mit Coronamaßnahmen im Zusammenhang stehenden Gerichtsver­fahren, die zuletzt für die 71. Sitzung des Rechtsausschusses am 21. April 2021 aktualisiert wurden, verwiesen.

1. In wie viele Verfahren, die sich gegen die Coronamaßnahmen richten, ist das Land Nordrhein-Westfalen involviert? (Bitte aufschlüsseln nach Art des Verfahrens ge­mäß PEBB§Y und jeweiligem Streitwert)

Die Landesregierung hat unter Beachtung des Vorstehenden folgende Gerichtsverfahren er­mitteln können, an denen das Land Nordrhein-Westfalen seit Beginn der Pandemie und der Einführung der damit zusammenhängenden Schutzmaßnahmen beteiligt war oder ist:

a) Verfahren gegen die Verordnungen: 225 Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, 530 Eil­verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht, 307 Hauptsacheverfahren vor dem Oberverwal­tungsgericht sowie 11 Verfassungsbeschwerden vor dem Verfassungsgerichtshof.

b) 13 Verfahren vor den Landgerichten, welche die Zahlung einer Entschädigung wegen der Maßnahmen zum Gegenstand haben.

c) 20 Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, die sich gegen die Impf-Priorisierung richten.

2. In wie vielen Verfahren, die sich gegen die Coronamaßnahmen richten, sind ein Kreis oder eine Gemeinde des Landes Nordrhein-Westfalen involviert? (Bitte auf­schlüsseln nach Kreisen und Gemeinden sowie Art des Verfahrens gemäß PEBB§Y und jeweiligem Streitwert)

Eine Erfassung der angefragten Daten auf Landesebene erfolgt nicht. Von einer Abfrage der vorgenannten Daten bei sämtlichen Gemeinden und Kreisen des Landes – insgesamt über 400 Gebietskörperschaften – wurde mit Blick auf die zur Beantwortung Kleiner Anfragen zur Verfügung stehende Zeit abgesehen.

3. Wie häufig mandatierten die Behörden des Landes NRW Rechtsanwälte in Bezug auf Verfahren, die mit den Coronamaßnahmen im Zusammenhang standen? (Bitte aufschlüsseln nach Art des Verfahrens gemäß PEBB§Y, Auftraggeber und Streit­wert)

Hinsichtlich der unter Frage 1. aufgeführten Verfahren konnte insoweit folgendes ermittelt wer­den:

a) Verfahren gegen die Verordnungen: Von den 225 Verfahren vor den Verwaltungsgerichten wurden in 104 Verfahren Rechtsanwälte mandatiert. Von den 530 Eilverfahren vor dem OVG wurden in 413 Verfahren Rechtsanwälte mandatiert. Von den 307 Hauptsacheverfahren vor dem OVG wurden in 272 Verfahren Rechtsanwälte mandatiert. Von den 11 Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof NRW wurden in allen Verfahren Rechtsanwälte mandatiert.

b) Von den 13 Verfahren vor den Landgerichten, die auf Zahlung einer Entschädigung wegen der Maßnahmen gerichtet sind, wurden in allen Verfahren Rechtsanwälte mandatiert.

c) Von den 20 Verfahren, die sich gegen die Impf-Priorisierung richten, wurden in keinem Ver­fahren Rechtsanwälte mandatiert.

4. Wie häufig mandatierten die Behörden eines Kreises oder einer Gemeinde des Landes NRW Rechtsanwälte in Bezug auf Verfahren, die mit den Coronamaßnah-men im Zusammenhang standen? (Bitte aufschlüsseln nach Art des Verfahrens gemäß PEBB§Y, Auftraggeber und Streitwert)

Es wird auf die Antwort zu Frage 2. verwiesen.

5. Auf welche Summe belaufen sich die Kosten für die unter den Punkten 3. und 4. mandatierten Verfahren und Rechtsanwälte?

Aufgrund der zum Teil noch nicht abgeschlossenen Verfahren bzw. der noch nicht erfolgten Begleichung der Erstattungsansprüche durch die Gegenseite ist eine Beantwortung dieser Frage in dem für eine Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitraum nicht möglich.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2. verwiesen.

 

Antwort als PDF