Massiver Ausbau der Erneuerbaren Energien auf Forstflächen

Kleine Anfrage

Antwort

der Landesregierung
auf die Kleine Anfrage 840 vom 28. November 2022
der Abgeordneten Andreas Keith und Christian Loose AfD

Drucksache 18/1850

Massiver Ausbau der Erneuerbaren Energien auf Forstflächen

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

In einer Pressemitteilung1 der Landesregierung vom 31. August 2022 heißt es:

„Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen treibt den Ausbau der Erneuerbaren Energien vo­ran. Um damit gerade in der aktuellen Energieversorgungskrise zügig zu starten, hat sich das Landeskabinett in einem ersten Schritt auf Eckpunkte zur notwendigen Änderung des Landes-entwicklungsplans (LEP) verständigt, die das federführende Ministerium für Wirtschaft, Indust­rie, Klimaschutz und Energie erarbeitet hat.“

Die geplanten Änderungen des Landesentwicklungsplans der Landesregierung beinhalten ins­besondere die Aufhebung des 1500-Meter Abstands zur Wohnbebauung. Außerdem soll künf­tig die Erzeugung von Windenergie auf geeigneten Waldflächen möglich sein.

Die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie hat die Kleine Anfrage 840 mit Schreiben vom 3. Januar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung, dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr und der Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz beant­wortet.

  1. Welche Voraussetzungen müssen nach den Plänen der Landesregierung künftig vorliegen, damit Windindustrieanlagen auf Kalamitätsflächen bzw. beschädigten Forstflächen gebaut werden können?

Die Landesregierung hat sich darauf verständigt, Kalamitätsflächen und beschädigte Forstflä­chen für die Windenergie zu öffnen. Hierzu wurde am 28. Dezember 2022 der Erlass zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien in Nordrhein-Westfalen in Kraft gesetzt. Er bringt weitreichende Erleichterungen insbesondere beim Ausbau der Windkraft im Wald: Künftig können Windenergieanlagen auf geschädigten Waldflächen und in anderen Nadelholzwäldern errichtet werden. Parallel arbeitet die Landesregierung weiter an der Ände­rung des Landesentwicklungsplans.

  1. Viele Kalamitätsflächen wurden bzw. werden derzeit wieder aufgeforstet. Inwie­weit sind aufgeforstete Flächen ein Hindernis für den Bau von Windindustrieanla­gen auf ehemaligen Kalamitätsflächen?

Jede Änderung der Nutzungsart stellt im Wald eine genehmigungspflichtige Waldumwandlung dar. Das gilt auch für wiederbewaldete Flächen, unabhängig davon, ob sie mit Laub- oder mit Nadelholz aufgeforstet wurden.

  1. Inwieweit soll nach dem Bau einer Windindustrieanlage auf einer Kalamitätsfläche die restliche Freifläche wieder aufgeforstet werden?

Nicht umgewandelte (Kalamitäts-)Flächen unterliegen der gesetzlichen Wiederaufforstungs-verpflichtung nach § 44 LFoG.

  1. Bei der Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen besteht aufgrund der großen Freiflächen ein erhöhtes abiotisches und biotisches Waldschutzrisiko. Inwieweit wird das abiotische und biotische Waldschutzrisiko durch den Bau von Windin­dustrieanlagen auf Kalamitätsflächen verstärkt?

Die Wiederbewaldung von Kalamitätsflächen verringert das Risiko für abiotische und biotische Waldschäden, da die verlorengegangenen Waldfunktionen sukzessive wiederhergestellt wer­den. Z. B. wird Bodenerosion verhindert und die Wasserspeicherkapazität im Boden erhöht, was einem Austrocknen der Fläche entgegenwirkt. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich durch die Errichtung oder durch eine Windenergieanlage selbst das Risiko für biotische Wald­schäden, z. B. Borkenkäferbefall erhöht. Zu den abiotischen Waldschutzrisiken gehören neben Stürmen auch Waldbrände. Entsprechende bauliche Anforderungen an Windenergieanlagen beugen Brandschäden vor.

  1. Von den sogenannten Schlagfluren profitieren derzeit viele Insekten- und Vogel­arten, die auf lichte Flächen, vertikale Strukturen und Grenzlinien angewiesen sind, wie zum Beispiel der Baumpieper oder der Grauspecht. In den letzten Jahren konnten mit dem Wendehals und dem Raubwürger sogar zwei vom Aussterben bedrohte Arten die durch Kalamitäten entstandenen offenen Flächen neu besie­deln und sich so im Land wieder ausbreiten. Inwieweit spielt die Biodiversität bei der Auswahl von geeigneten Flächen für Windindustrieanlagen auf Kalamitätsflä-chen eine Rolle?

Im Zusammenhang mit dem beschleunigten Ausbau der Windenergienutzung in Nordrhein-Westfalen ist es das Ziel der Landesregierung, zügige und rechtssichere Planungs- und Ge­nehmigungsverfahren für die Windenergienutzung zu ermöglichen, unter gleichzeitiger Wah­rung hoher und insbesondere unionsrechtlich gebotener ökologischer Standards. Die Auswei­sung von Windenergiegebieten sowie die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfah­ren von Windenergieanlagen erfolgen in Nordrhein-Westfalen unter Einhaltung der geltenden naturschutzrechtlichen Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), insbeson­dere der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des § 44 f BNatSchG. Diesbezüglich gilt keine der in Frage 5 erwähnten Vogelarten als eine „kollisionsgefährdete Brutvogelart“ im Sinne des § 45b BNatSchG i.V.m. Anlage 1 des BNatSchG.

 

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1 Htt p s : / / www. L a n d .nrw/presse mitteilung/erster-s c h r i t t-f u e r-m a s s i v e n-a u s b a u-der-erneuerbaren-energien-l a n d e s r e g i e r u n g