Maßnahmen gegen Vielehen in NRW

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 312
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias vom 10.08.2022

 

Maßnahmen gegen Vielehen in NRW

Polygamie ist – gemäß deutscher Rechtssprechung – strafbar. In diesem Zusammenhang können Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen verhängt werden.1 Da Ehen oft im Ausland geschlossen werden, ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, insbesondere, wenn es sich um rein religiöse Eheschließungen handelt. Selbst in Deutschland ist die lückenlose Erfassung rein kirchlicher Ehen nicht vollumfänglich sichergestellt.

Eine effektive Straferkennung und Verfolgung ist daher von großer Bedeutung.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Was unternimmt das Land NRW, um Vielehen zu erkennen?
  2. Was unternimmt das Land NRW um Vielehen zu unterbinden?
  3. Wie viele eingeleitete Ermittlungsverfahren gab es in den Jahren 2020, 2021 und 2022 im Zusammenhang mit Vielehen??
  4. Wie viele Verurteilungen gab es in den Jahren 2020, 2021 und 2022 in diesem Zusammenhang?
  5. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer in Polygamie lebender Personen in NRW?

Enxhi Seli-Zacharias

 

Anfrage als PDF

 

1 Vgl. § 172 StGB


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 312 mit Schreiben vom 5. September 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Was unternimmt das Land NRW, um Vielehen zu erkennen?
  2. Was unternimmt das Land NRW um Vielehen zu unterbinden?

Aufgrund des Sachzusammenhangs werden beide Fragen gemeinsam beantwortet:

Sofern der Polizei Nordrhein-Westfalen ein Sachverhalt zur Doppelehe (§ 172 des Strafge­setzbuches [StGB]) bekannt wird, bei dem ein Anfangsverdacht einer Straftat gemäß § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO) vorliegt, wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Thematik „Vielehen“ wird zudem im Rahmen der Polizeilichen Kriminalprävention im Kon­text von Vorträgen zu Zwangsverheiratung und arrangierten Ehen durch polizeiliche Informa­tionsangebote mit behandelt.

Im Rahmen der Prüfung der Ehevoraussetzungen prüfen die nordrhein-westfälischen Stan­desämter nach § 13 des Personenstandsgesetzes (PStG) im Vorfeld der Durchführung von Eheschließungen unter anderem, ob der beabsichtigen Eheschließung nach § 1306 des Bür­gerlichen Gesetzbuches (BGB) das Ehehindernis einer bereits bestehenden Ehe eines oder beider Verlobten entgegensteht. Zur Ermöglichung dieser Prüfung sind die Eheschließenden verpflichtet, dem Standesamt bei der Anmeldung der Eheschließung diverse Urkunden und Nachweise beizubringen, die von ihnen je nach Sachverhaltskonstellation gegebenenfalls auch aus dem Ausland zu beschaffen sind.

  1. Wie viele eingeleitete Ermittlungsverfahren gab es in den Jahren 2020, 2021 und 2022 im Zusammenhang mit Vielehen?

In den Jahren 2020 bis 2022 kam es – den Berichten der Generalstaatsanwältin und der Ge­neralstaatsanwälte des Landes zufolge – bei nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften zu insgesamt 43 eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Tatvorwurfs der Doppelehe ge­mäß § 172 StGB (2020: 16 Verfahren; 2021: 17 Verfahren; 2022: 10 Verfahren). Eines der im Jahr 2020 eingeleiteten Ermittlungsverfahren sei – dem Bericht eines Generalstaatsanwalts zufolge – innerhalb von Nordrhein-Westfalen zuständigkeitshalber an eine andere Staatsan­waltschaft abgegeben worden. Es ist daher nicht auszuschließen, dass dieses Verfahren in der vorstehenden Auflistung doppelt erfasst worden ist.

  1. Wie viele Verurteilungen gab es in den Jahren 2020, 2021 und 2022 in diesem Zu­sammenhang?

In den Jahren 2020 und 2021 erfolgten in Nordrhein-Westfalen keine Verurteilungen wegen eines Verstoßes gegen § 172 StGB. Hinsichtlich der Anzahl der entsprechenden Verurteilun­gen im Jahr 2022 liegen die für eine Beantwortung der Frage erforderlichen Daten der Lan­desregierung noch nicht vor.

  1. Wie hoch schätzt die Landesregierung die Dunkelziffer in Polygamie lebender Per­sonen in NRW?

Eine Schätzung der Dunkelziffer ist der Landesregierung aufgrund der in den Antworten zu den Fragen 3 und 4 aufgeführten (geringen) Anzahl von Ermittlungsverfahren und Verurtei­lungen sowie dem Fehlen sonstiger Anknüpfungstatsachen nicht möglich.

 

Antwort als PDF