Kleine Anfrage 3970
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Migrationspolitische Kehrtwende in den Niederlanden – Welche Auswirkungen ergeben sich für NRW?
Nach dem Regierungswechsel in den Niederlanden plant die neue Regierung in Den Haag eine radikale Kehrtwende in der Asylpolitik, hin zu einem System der Abschreckung.1 Geert Wilders kündigte für die Niederlande die „härteste Asylpolitik aller Zeiten“ an. Betroffen wäre hiervon – in Form eines Anstiegs der Asylbewerberzahlen –auch das Nachbarland Deutschland und insbesondere Nordrhein-Westfalen. Personen, die ihr Asylgesuch in den Niederlanden stellen wollen und über Deutschland reisen, könnten an der EU-Binnengrenze zurückgewiesen werden und somit in der Bundesrepublik verbleiben.
Nach Polen, Tschechien und Dänemark wird sich ein weiteres Nachbarland Deutschlands in der Asylpolitik konträr zum Kurs der aktuellen Bundesregierung sowie zum Kurs der aktuellen NRW-Landesregierung aufstellen. Ohne Frage wird sich somit der Druck zu einer Kehrtwende auch hierzulande weiter erhöhen. Die Europawahl hat gezeigt, wohin der Weg mittelfristig auch hierzulande führen wird.
Als insbesondere NRW betreffende Maßnahme wurden bereits Zurückweisungen an der EU-Binnengrenze angekündigt, auch bei Personen, die nicht über gültige Papiere verfügen. Hiermit soll die Dysfunktionalität des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems durchbrochen werden, die sich insbesondere in der Unvereinbarkeit von Dublin und Schengen begründet. Vorgesehen ist in diesem Zusammenhang die Anwendung der sogenannten Opt-out-Klausel, quasi analog zur dänischen Asylpolitik.
Im Rahmen der Ausrufung eines Asylnotstands soll die Bearbeitung von Asylanträgen für zwei Jahre ausgesetzt werden. Vorgesehen ist zudem einer Beweislastumkehr im Asylverfahren. Personen ohne gültigen Aufenthaltstitel sollen konsequent abgeschoben werden. Der Familiennachzug von Asylbewerbern solle genauso wie die Gewährung von Sozialleistungen massiv eingeschränkt werden.
Innenministerin Faeser hielt sich auf Anfrage der NZZ bezüglich der Auswirkungen der Migrationswende im Nachbarland auf Deutschland bedeckt. Das Ministerium verwies stattdessen auf die geplante GEAS-Reform.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Inwiefern hat es im Zusammenhang mit den oben geschilderten Auswirkungen der Migrationswende in den Niederländen bereits erste Gespräche der neuen niederländischen Regierung mit der NRW-Landesregierung gegeben?
- In welcher Form wird die Landesregierung – in Abstimmung mit der Bundesregierung – auf mögliche negative Auswirkungen im Rahmen dieser Migrationswende auf NRW reagieren?
- Inwiefern plant die Landesregierung auf Bundesebene zusätzliche Maßnahmen zur Unterbindung der Sekundärmigration aus den Niederlanden nach Deutschland anzuregen?
- Wie gedenkt die Landesregierung zukünftig mit in den Niederlanden abgelehnten Asylbewerbern zu verfahren, wenn diese illegal die Grenze nach NRW überschreiten, um hier einen weiteren Asylantrag zu stellen?
- Inwiefern ist die Landesregierung ob der weiteren migrationspolitischen Isolierung Deutschlands endlich bereit, gegenüber der Bundesregierung eine migrationspolitische Kehrtwende einzufordern, wie sie im Bundestag mittlerweile auch von der in NRW regierungstragenden CDU wohlfeil eingefordert wird?
Enxhi Seli-Zacharias
1 Vgl. https://www.nzz.ch/international/deutschland-unter-zugzwang-die-niederlande-planen-die-harte-asylpolitik-ld.1832405 und https://www.nius.de/ausland/neue-knallhart-politik-niederlande-ruft-asyl-notstand-aus-die-knallharte-anti-asyl-wende-in-holland/ae3070d4-45fe-442b-9e3e-bf12bbc399cb
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3970 mit Schreiben vom 11. Juli 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei beantwortet.
- Inwiefern hat es im Zusammenhang mit den oben geschilderten Auswirkungen der Migrationswende in den Niederländen bereits erste Gespräche der neuen niederländischen Regierung mit der NRW-Landesregierung gegeben?
Die Landesregierung hat die Berichte der letzten Wochen über den Verlauf der Bildung einer neuen Regierung in den Niederlanden zur Kenntnis genommen. Es wurden bislang noch keine Gespräche mit der am 2. Juli 2024 vereidigten neuen Regierung geführt.
- In welcher Form wird die Landesregierung – in Abstimmung mit der Bundesregierung – auf mögliche negative Auswirkungen im Rahmen der Migrationswende auf NRW reagieren?
Die Frage ist spekulativ. Die Landesregierung beteiligt sich an solchen Spekulationen nicht.
- Inwiefern plant die Landesregierung auf Bundesebene zusätzliche Maßnahmen zur Unterbindung der Sekundärmigration aus den Niederlanden nach Deutschland anzuregen?
Die Landesregierung plant derzeit keine zusätzlichen Maßnahmen.
- Wie gedenkt die Landesregierung zukünftig mit in den Niederlanden abgelehnten Asylbewerbern zu verfahren, wenn diese illegal die Grenze nach NRW überschreiten, um hier einen weiteren Asylantrag zu stellen.
Es wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.
- Inwiefern ist die Landesregierung ob der weiteren migrationspolitischen Isolierung Deutschlands endlich bereit, gegenüber der Bundesregierung eine migrati-onspolitische Kehrtwende einzufordern, wie sie im Bundestag mittlerweile auch von der in NRW regierungstragenden CDU wohlfeil eingefordert wird?
Die Landesregierung teilt die mit der Frage zum Ausdruck gebrachte Annahme, Deutschland sei migrationspolitisch isoliert, nicht. Die Landesregierung orientiert sich bei asylpolitischen Fragen an Humanität und Steuerung von Migrations- und Integrationsprozessen.