Mikropartikel-Abrieb bei Windindustrieanlagen

Kleine Anfrage
vom 18.07.2023

Kleine Anfrage 1945

des Abgeordneten Christian Loose AfD

Mikropartikel-Abrieb bei Windindustrieanlagen

Die zunehmende Verbreitung von Windindustrieanlagen hat zu einer Zunahme von Mikropartikel-Abrieb geführt, der aus den Rotorblättern entsteht. Durch immer höhere Windindustrieanlagen und damit einhergehend größeren Rotorblättern, erhöht sich auch der Radius der möglicherweise betroffenen Umgebung. Die Rotorwülste von Windindustrieanlagen sind der Witterung besonders stark ausgesetzt und nutzen sich schneller als andere Teile der Anlage ab.1 Dadurch entstehen feine Mikropartikel, die bei starkem Wind in die Umgebung ausgestoßen werden können. Ein Teil dieser Mikropartikel ist toxisch und kann Materialien wie Carbon, GFK oder das gefährliche Bisphenol-A – welches im Verdacht steht, fortpflanzungsgefährdend und krebserregend zu sein – enthalten. Diese Partikel können in die Luft, den Boden und das Wasser gelangen und die umliegende Umwelt verschmutzen.2

Besonders landwirtschaftliche Flächen und Oberflächengewässer, einschließlich Grundwasser, können dadurch kontaminiert werden und eine Bedrohung für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. So können die betroffenen Partikel in landwirtschaftliche Erzeugnisse eindringen, die auf den kontaminierten Böden wachsen, und sich im Laufe der Zeit in höheren Konzentrationen in Lebensmitteln ansammeln. Dadurch kann es zu einer Belastung von Obst, Gemüse, Getreide und anderen Lebensmitteln kommen, die Menschen täglich konsumieren. Zudem kann der Abrieb das Trinkwasser belasten, das von vielen Menschen als Hauptquelle für den täglichen Wasserbedarf genutzt wird.3

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die möglichen Gesundheitsrisiken durch den Mikropartikel-Abrieb von Windindustrieanlagen für Menschen und Umwelt, insbesondere in der Nähe von landwirtschaftlichen Flächen und Wohngebieten?
  2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sicherzustellen, dass der Abrieb von Windindustrieanlagen nicht in die Nahrungskette gelangt und somit Lebensmittel und Trinkwasser belastet werden?
  3. Wie viele Windindustrieanlagen befinden sich in Nordrhein-Westfalen auf bzw. in der Nähe von landwirtschaftlichen Flächen?
  4. Inwieweit plant die Landesregierung Maßnahmen zur Reduzierung des Mikropartikelabriebs von Windindustrieanlagen und zur Verbesserung des Umweltschutzes in diesem Zusammenhang?
  5. Inwiefern sind die Betreiber von Windindustrieanlagen in NRW verpflichtet, eventuell mit Mikropartikel-Abrieb belastete Böden im Umfeld von Windindustrieanlagen auf ihre Kosten hin auszutauschen?

Christian Loose

Anfrage als PDF

1 Die Windindustrie hat das Problem der Vorderkantenerosion erkannt, betrachtet es allerdings lediglich aus Sicht der damit einhergehenden Leistungsreduktionen. Vgl. https:// www .windindustrie-in-deutschland.de/fachartikel/schutzsysteme-und-massnahmen-zur-praevention-von-vorderkantenerosion?utm_source=Branchenticker&utm_medium=Newsletter&utm_campaign=BT+ Analytics&utm_content=Text, abgerufen am 16.05.2023.

2 Eine mögliche Kontamination des Bodens ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass CFK-Fasern nicht deponiert werden dürfen, ein ernstzunehmender Punkt. Vgl. auch den Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (Entsorgung faserhaltiger Abfälle), insbesondere S. 28 und 29. Vgl. https:// www .laga-online.de/documents/bericht-laga-ausschuss-entsorgung-faserhaltige-abfaelle_juli-2019_1574075541.pdf, abgerufen am 16.05.2023.

3 Vgl. hierzu u. a. die Stellungnahme der Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit e. V. mit der Drucksache 18/292, u. a. Seite 40, 45-46 und 49, 54, https:// www .landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMST18-292.pdf, abgerufen am 16.05.2023.


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1945 mit Schrei­ben vom 11. Juli 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und der Ministerin für Landwirtschaft und Ver­braucherschutz beantwortet.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die möglichen Gesundheitsrisiken durch den Mikropartikel-Abrieb von Windindustrieanlagen für Menschen und Umwelt, insbe­sondere in der Nähe von landwirtschaftlichen Flächen und Wohngebieten?

Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer (Feinstaub) können sich negativ auf die menschliche Gesundheit auswirken. In der 39. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz (39. BImSchV) sind Grenzwerte für Feinstaub zum Schutz der menschlichen Gesundheit festgelegt.

Hauptquellen für Feinstaub sind Verbrennungsprozesse (z.B. Straßenverkehr, Industrie, Klein-feuerungsanlagen) sowie Reifen- oder Bremsabrieb im Straßenverkehr oder die Landwirt­schaft. Welche Mengen an Partikeln aus Mikropartikel-Abrieb von Windkraftanlagen herrüh­ren, ist nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass der Mikropartikel-Abrieb von Windener­gieanlagen verglichen mit den vorgenannten Hauptquellen einen außerordentlich geringen bis hin zu vernachlässigbaren Beitrag zur Luftbelastung und zur Schadstoffdeposition leistet.

  1. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um sicherzustellen, dass der Abrieb von Windindustrieanlagen nicht in die Nahrungskette gelangt und somit Lebensmittel und Trinkwasser belastet werden?

Es liegen keine Erkenntnisse oder Hinweise auf eine relevante Belastung von Böden, Trink­wasser oder Lebensmittel durch Mikropartikel vor, die durch den Abrieb von Windenergiean­lagen hervorgerufen werden. Deshalb werden im Hinblick auf den Betrieb von Windenergie­anlagen aktuell keine Maßnahmen für erforderlich gehalten. Im Übrigen wird auf die Antwort auf die Kleine Anfrage 1132 (Drucksache 18/3258) verwiesen.

  1. Wie viele Windindustrieanlagen befinden sich in Nordrhein-Westfalen auf bzw. in der Nähe von landwirtschaftlichen Flächen?

Mit Stand vom 31.12.2022 waren in Nordrhein-Westfalen insgesamt 3.770 Windenergieanla­gen in Betrieb. Da „landwirtschaftliche Fläche“ keine fest definierte Gebietskategorie darstellt, wurde durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) auf Basis des vorhandenen ALKIS-Datensatzes zu Ackerflächen eine Auswertung erstellt. Insgesamt befin­den sich danach 3.080 Windenergieanlagen auf Ackerflächen (81,7 Prozent).

  1. Inwieweit plant die Landesregierung Maßnahmen zur Reduzierung des Mikropartikelabriebs von Windindustrieanlagen und zur Verbesserung des Umweltschut­zes in diesem Zusammenhang?

Die Landesregierung plant derzeit keine konkreten Maßnahmen zur Reduzierung des Mikropartikelabriebs von Windindustrieanlagen (s. Antwort auf Frage 2).

  1. Inwiefern sind die Betreiber von Windindustrieanlagen in NRW verpflichtet, even­tuell mit Mikropartikel-Abrieb belastete Böden im Umfeld von Windindustrieanla­gen auf ihre Kosten hin auszutauschen?

Siehe Antwort auf Frage 2. Eine gesetzliche Pflicht zum Austausch der Böden aufgrund von Mikropartikeln gibt es daher derzeit nicht.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Christian Loose