Antragder AfD-Fraktion vom 29.09.2020
Mit gutem Beispiel vorangehen – verantwortungsvoller Umgang mit Corona statt existentieller Panikmache!
I. Ausgangslage
Die Zahl der registrierten positiven Corona-Tests liegt abermals über der Schwelle von 2000. Innerhalb eines Tages haben die Gesundheitsämter in Deutschland 2.143 neue Corona Infektionen gemeldet; diese Zahl gab das Robert-Koch-Institut am Morgen des 24. September 2020 bekannt. Am vorausgegangenen Wochenende wurde mit 2.297 neuen Corona-Infektionen der höchste Wert seit April 2020 erreicht – allerdings wurden damals auch wesentlich weniger Tests durchgeführt .1
Der Höhepunkt der gemeldeten Neuansteckungen wurde Ende März, Anfang April mit mehr als 6.000 täglich erreicht. Diese Zahl sank dann in der Tendenz und stieg dann im Juli wieder an. Allerdings war im statistischen Rückblick die Zahl der erkannten Neuinfektionen in erster Linie davon abhängig, wie viele Tests durchgeführt wurden.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Infektion mit SARS-CoV-2 festzustellen. Die gängigste Variante sind derzeit die sogenannten PCR-Tests. Dabei wird aus dem Rachen und/oder der Nase ein Abstrich genommen, der im Labor auf Genmaterial der Viren untersucht wird.
Dieser Test, mit dem bundesweit Menschen auf das Coronavirus getestet werden, hat einen großen Vorteil, der jedoch zugleich ein Nachteil ist: er ist sehr sensitiv. Das bedeutet einerseits (und das ist sein Vorteil), dass bei richtiger Probenentnahme kaum ein Infizierter unentdeckt bleibt. Andererseits (und das ist der Nachteil) führt diese hohe Sensitivität dazu, dass zahlreiche Menschen ein positives Testergebnis erhalten, obwohl die Infektion bei ihnen schon so weit fortgeschritten ist, dass sie kaum noch Viren im Körper haben – und daher auch niemand anderen mehr anstecken können.
Einen Hinweis auf die aktuelle Virusmenge, die ein Patient in sich trägt, gibt der so genannte Ct-Wert. Er zeigt an, wie viele Runden die PCR laufen muss, bis Virus-Erbgut entdeckt wird. Nach Aussage von Labormedizinern schlägt der Test bei einem Patienten mit viel Virusmaterial im Körper häufig schon nach 10 bis 15 Ct-Runden an. Wenn die PCR aber mehr als 30 Runden braucht, um Virusmaterial zu entdecken, ist ein Patient sehr wahrscheinlich gar nicht mehr ansteckend.
Der Webseite des Robert-Koch-Instituts zufolge lässt sich aus den Proben von Menschen mit einem Ct-Wert von mehr als 30 in Laborversuchen kein Virus mehr vermehren.2 Dies hat zur Folge, dass die Zahl der Neuinfektionen ein völlig verzerrtes Bild des eigentlichen Infektionsgeschehens und somit den Pandemieverlauf verfälscht wiedergeben kann. Ein weiteres Problem ergibt sich aus den meist willkürlich anmutenden Massentestungen, unter anderen an Personengruppen, welche über keinerlei Symptome klagen. Treffen nun diese beide Faktoren aufeinander, erhält man einen völlig verzerrten und willkürlichen Infektionsverlauf, welcher keine verlässlichen Daten mehr zu liefern im Stande ist. Daraus resultiert insbesondere für die Politik die Gefahr, dass fehlgeleitete Maßnahmen getroffen werden, um einen nicht vorhandenen Infektionsverlauf einzudämmen.
Dieser Entwicklung aufgrund systematisch erzeugter Ahnungslosigkeit der handelnden Akteure muss ein organisiertes Konzept entgegengestellt werden. Durch die anlasslosen Massentestungen symptomloser Menschen erhält man zunehmend mehr falsche Testergebnisse, sowohl positive als auch negative. Falsch positiv getestete Menschen müssen grundlos Quarantänemaßnahmen auf sich nehmen. Falsch negativ Getestete wiegen sich in falscher Sicherheit, stecken gleichzeitig möglicherweise andere Menschen an.
Man muss klüger und bedacht auswählen, welche Personen getestet werden und welche nicht. Die entsprechenden Proben müssen umgehend ausgewertet werden, mittels eines landesweit standardisierten Testverfahrens. Noch arbeiten die Labore mit unterschiedlichen Testverfahren, welche keine einheitlichen Einschätzungen auf Landesebene ermöglichen. Deswegen benötigen wir standardisierte Testverfahren, welche insbesondere die Infektiosität der Getesteten berücksichtigen und somit ein verlässliches Bild der tatsächlichen Ausbreitung des Infektionsgeschehens liefern können. Hier muss insbesondere eine Berücksichtigung der Ct-Werte im Fokus stehen, welche eine Differenzierung zwischen einer Besiedlung mit Viruspartikeln und einer tatsächlichen Infektion ermöglicht. Nur so sind Schlüsse über die tatsächliche Infektiosität der getesteten Personen zu gewinnen, welche erst eine Einschätzung des einzelnen Falles ermöglichen und daraus resultierende, sinnvolle Quarantänemaßnahmen legitimieren.
II. Der Landtag stellt fest,
- dass die Aussage, dass es sich bei positiv getesteten Personen grundsätzlich um Infizierte handelt, nicht den international geltenden Regeln für die Erfassung von Infiziertenzahlen entspricht.
- dass bei einer geringen Prävalenz der Bevölkerung es bei Massentestungen häufiger zu falsch-positiven Tests kommt.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- eine landesweit einheitliche Teststrategie auszuarbeiten, welche für alle Beteiligten bindend ist, ein nachverfolgbares, verlässliches Bild des Infektionsgeschehens in Nordrhein Westfalen ermöglicht und in einem landesweiten, einheitlichen Infektionsplan zusammenfasst ist;
- eine Expertenkommission einzusetzen, welche sich mit den verschiedenen Testungsstrategien auseinandersetzt und die Landesregierung bei der Ausarbeitung eines landesweiten Infektionsplans unterstützt;
- gemeinsam mit den Gesundheitsämtern der Kommunen Handlungsstrategien, insbesondere zu Massentestungen, zu entwickeln, welche sich an der neuen landesweiten Teststrategie orientieren;
- die Entwicklung und Einführung spezieller Testungsstandards voranzutreiben, welche insbesondere die Ct-Werte und die daraus resultierende Infektiosität in ihrer Auswertung mit einbeziehen.
Dr. Martin Vincentz
Markus Wagner
Andreas Keith
und Fraktion
1 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html Datum des Originals: 29.09.2020/Ausgegeben: 29.09.2020
2 https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/gesundheitsaemter-corona-tests-101.html