Kleine Anfrage 478
der Abgeordneten Markus Wagner und Dr. Martin Vincentz vom 22.09.2022
Mitarbeiterin mit Messer im Evangelischen Krankenhaus (EvK) in Castrop-Rauxel angegriffen
Am 20. August wurde eine 40-jährige Mitarbeiterin des EvK in Castrop-Rauxel in der geschlossenen Psychiatrie von einem 32-jährigen Mann mit einem Messer angegriffen. Dieser trat von hinten an die Mitarbeiterin heran, als diese in der Mittagszeit im Dienstzimmer saß. Während der Attacke soll der mutmaßliche Angreifer „Ich muss euch alle abstechen“ gerufen haben. Nur durch das Eingreifen mindestens eines weiteren Mitarbeiters gelang es, den Angreifer zu überwältigen.1
In einem Schreiben der Mitarbeitervertretung (MAV) werden Vorwürfe erhoben, wonach eine „Hilfestellung von außerhalb der Station“ nicht möglich war, „da die Elektronikschlüssel der Stationseingangstür nicht funktionierten, ebenso zum Dienstzimmer, in dem die Tat stattfand“.2
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Welche Gründe lagen vor, dass die Elektronikschlüssel der Stationseingangstür nicht funktionierten und somit eine Hilfestellung von außen nicht möglich war?
- Durch welche Maßnahmen will die Landesregierung in Krankenhäusern – vorrangig in (geschlossenen) psychiatrischen Einrichtungen – sicherstellen, dass elektronische Zugangsbeschränkungen im Falle eines mehrtägigen Blackouts funktionieren?
- Inwiefern ist in Absprache und Kooperation zwischen der Landesregierung und Krankenhäusern geplant, das Krankenhauspersonal im Umgang mit unvorhersehbaren Ereignissen, wie z. B. einem Blackout auch über mehrere Tage, zu schulen, um die Sicherheit der Patienten und des Personals zu gewährleisten?
Markus Wagner
Dr. Martin Vincentz
1 Vgl. https://www.ruhrnachrichten.de/castrop-rauxel/messerangriff-in-geschlossener-psychiatrie-evk-krankenschwester-verletzt-w1790127-p-2000624183/.
2 Vgl. https://www.ruhrnachrichten.de/castrop-rauxel/messerangriff-evk-psychiatrie-mitarbeitervertretung-mav-vorwuerfe-zu-wenig-personal-schliessanlage-w1791248-p-2000626877/.
Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 478 mit Schreiben vom 24. Oktober 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz zu dem in der Kleinen Anfrage angesprochenen Sachverhalt am 28. September 2022 u.a. berichtet, dass die Ermittlungen andauern. Der deutsche Beschuldigte sei wegen des dringenden Tatverdachts eines versuchten Tötungsdelikts in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung seit dem 21. August 2022 einstweilig nach § 126a StPO untergebracht. Seine Begutachtung von einem forensisch-psychiatrischen Sachverständigen zu den Voraussetzungen einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sei veranlasst. Der Beschuldigte sei bisher einmal wegen eines Vermögensdeliktes zu einer Verwarnung mit Strafvorbehalt verurteilt worden.
Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat in ihrem Randbericht vom 4. Oktober 2022 dem Ministerium der Justiz mitgeteilt, der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund habe ergänzend berichtet, die Geschädigte sei durch den Messereinsatz an der Hand verletzt worden.
Von der Mitteilung weiterer Details, die eine Identifizierung des Beschuldigten ermöglichen könnten, sieht die Landesregierung im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten und die Unschuldsvermutung ab.
- Welche Gründe lagen vor, dass die Elektronikschlüssel der Stationseingangstür nicht funktionierten und somit eine Hilfestellung von außen nicht möglich war?
Laut Mitteilung der Klinik hat eine Überprüfung des elektronischen Schließsystems stattgefunden, wobei keine technischen Defekte festgestellt wurden.
- Durch welche Maßnahmen will die Landesregierung in Krankenhäusern – vorrangig in (geschlossenen) psychiatrischen Einrichtungen – sicherstellen, dass elektronische Zugangsbeschränkungen im Falle eines mehrtägigen Blackouts funktionieren?
Es ist nach § 10 Abs. 2 KHGG NRW eigenverantwortlich die Aufgabe der Betreiber kritischer Infrastrukturen, sich soweit wie möglich präventiv vorzubereiten. Die Krankenhäuser sind zur Aufstellung von Einsatz- und Alarmplänen verpflichtet, um eine ausreichende Vorsorge zur Vermeidung / Bewältigung des genannten Szenarios zu betreiben. Dies gilt sowohl für organisatorische Abläufe als auch für technische Vorkehrungen.
- Inwiefern ist in Absprache und Kooperation zwischen der Landesregierung und Krankenhäusern geplant, das Krankenhauspersonal im Umgang mit unvorhersehbaren Ereignissen, wie z. B. einem Blackout auch über mehrere Tage, zu schulen, um die Sicherheit der Patienten und des Personals zu gewährleisten?
Die Einsatz- und Alarmpläne sind mit den zuständigen kommunalen Gefahrenabwehrbehörden abzustimmen und in angemessenen Abständen zu erproben. Zur Gestaltung dieser Alarmpläne hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Empfehlungen in einem Handbuch „Krankenhausalarm und -einsatzplanung (KAEP)“ zusammengefasst. Eine entsprechende Sensibilisierung der Krankenhäuser ist durch die Landesregierung über die kommunalen Strukturen bereits veranlasst worden. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales steht weiterhin im Kontakt mit den zuständigen Bezirksregierungen und der Krankenhausgesellschaft, um eine möglichst gute Vorbereitung der Krankenhäuser auf Ausfallereignisse zu unterstützen und auf eine enge Kooperation aller Beteiligten im regionalen Kontext hinzuwirken.