Mitglied des Deutschen Bundestags fordert Innenminister Reul auf bei der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung zu intervenieren – Welchen Zusammenhang gibt es mit dem aktuellen Schleuserskandal?

Kleine Anfrage
vom 10.06.2024

Kleine Anfrage 3934

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias, Markus Wagner, Carlo Clemens und Klaus Esser AfD

Mitglied des Deutschen Bundestags fordert Innenminister Reul auf bei der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung zu intervenieren Welchen Zusammenhang gibt es mit dem aktuellen Schleuserskandal?

Im Rahmen der Sondersitzung des Innenausschusses am 28.05.2024 sagte Innenminister Herbert Reul (CDU) zum Abschluss der Sitzung:

„Ich habe hier noch einen Brief vorliegen von einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages, der mir vor geraumer Zeit am 5.6.2023 geschrieben hat. Ich zitiere mal einen Teil:

„Mir wurde im Rahmen direkter Besuche wie auch auf schriftlichem Wege mitgeteilt, dass es in Nordrhein-Westfalen im Hinblick auf das beschleunigte Fachkräfteverfahren vielfach Probleme gebe, da die Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung bei der Bezirksregierung Köln erhebliche Bearbeitungszeiten für entsprechende Anträge benötigt. Mir wurde von den Anfragenden mitgeteilt, dass die Anträge teils mehrere Monate in Anspruch nehmen und damit in dieser Zeit die Fachkräfte aus ihren Heimatländern nicht nach Deutschland kommen können. Mir wurde mitgeteilt, erklärte die Behörde auf Nachfrage der Firmen, dass sie personell zu gering ausgestattet seien und so weiter. [Das stellt] ein großes Problem dar. […] Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn sich um das Thema kümmern würden.“

Was mache ich denn mit so einem Brief? Ich kann sagen, Gott sei Dank habe ich nichts gemacht. In dem Fall da wäre ich jetzt voll am Fliegenfänger, Fachkräfte aus China.

Ich wollte es nur mal sagen, wir sollten alle sorgfältig sein bei Anschuldigungen, die nötig sind. Die müssen gemacht werden, aber immer drüber nachdenken, was das für eine Folge Wirkung haben kann.

Ich werde den Namen dieses Abgeordneten nicht bekannt geben. Das ist schon mal klar, so mache ich das nicht. Der hatte nämlich ein berechtigtes Anliegen, genau wie ich – da hat irgendjemand ihn angesprochen, hat gesagt, kümmere dich bitte drum, und das macht man dann und das hat er gemacht und hat das von mir auch erbeten. Ich weiß nicht, aus welchem Grunde wir da nichts gemacht haben. Heute kann ich sagen Gott sei Dank.

So das wollte ich nur zur Kenntnis geben – und kann Ihnen – es gibt Briefe diese Art öfter.“1

Irritierend ist zunächst der Umstand, dass die Anfrage des Bundestagsabgeordneten nicht an die eigentlich zuständige Ministerin Josefine Paul (Bündnis 90/Die Grünen) ging. Ob die vermutete Antwort als voraussehbar unerheblich bzw. nicht zielführend erachtet wurde, muss in diesem Zusammenhang offenbleiben.

Offen blieb bei den Ausführungen des Innenministers auch, welche Firmen sich an den Bundestagsabgeordneten gewandt hatten und welche Kontakte dieser Firmen nach China bestehen.

Auch der Nachsatz des Ministers, dass es Briefe dieser Art öfter gebe, wirft Fragen auf. Völlig offen bei dieser proaktiven Auskunft des Innenministers blieb zudem der Zusammenhang mit dem aktuellen Schleuserskandal.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Um welche Firmen handelte es sich bei der Unterstützungsanfrage des Bundestagsabgeordneten? (Bitte mindestens das Land des Firmensitzes benennen)
  2. Inwiefern pflegen bzw. pflegten diese Firmen (so es sich um Firmen mit deutschen Unternehmenssitz handelt) Geschäftsbeziehungen nach China?
  3. Inwiefern gibt es nach derzeitigem Ermittlungsstand eine Verbindung dieser Firmen zum aktuellen Schleuserskandal?
  4. Wie viele Visaverfahren hat die Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung bisher bearbeitet? (Bitte differenziert nach Jahren listen und jeweils auch den Anteil der beschleunigten Verfahren angeben)
  5. Wie verteilen sich diese Visaverfahren auf die Herkunftsländer der Fachkräfte? (Bitte differenziert nach Jahr, Anzahl und Herkunftsland listen)

Enxhi Seli-Zacharias
Markus Wagner
Carlo Clemens
Klaus Esser

 

MMD18-9545

 

1 Vgl. https://www.landtag.nrw.de/home/mediathek/video.html?kid=15ea92ad-5038-40db-8d54-2da9ee2c8ab6 ab 01:41:55


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3934 mit Schreiben vom 4. Juli 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleich­stellung, Flucht und Integration und dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Um welche Firmen handelte es sich bei der Unterstützungsanfrage des Bundes­tagsabgeordneten? (Bitte mindestens das Land des Firmensitzes benennen)
  2. Inwiefern pflegen bzw. pflegten diese Firmen (so es sich um Firmen mit deutschen Unternehmenssitz handelt) Geschäftsbeziehungen nach China?
  3. Inwiefern gibt es nach derzeitigem Ermittlungsstand eine Verbindung dieser Fir­men zum aktuellen Schleuserskandal?

Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Der Bundestagsabgeordnete hat in seinem Schreiben vom 05.06.2023 lediglich auf „mehrfachen Hinweis von Unternehmen“ verwiesen, aber kein konkretes Unternehmen benannt.

  1. Wie viele Visaverfahren hat die Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung bisher bear­beitet? (Bitte differenziert nach Jahren listen und jeweils auch den Anteil der be­schleunigten Verfahren angeben)

Die Durchführung von Visaverfahren obliegt der Zuständigkeit der vom Auswärtigen Amt er­mächtigten Auslandsvertretungen, § 71 Abs. 2 AufenthG.

Die Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung (ZFE) wird jedoch im Rahmen der im Ausland bei der jeweils zuständigen Auslandsvertretung gestellten Visumanträge im regulären Verfahren nach § 71 Abs. 1 S. 5 AufenthG beteiligt oder spricht im Verfahren nach § 81a AufenthG eine Vorabzustimmung aus.

Seit März 2020 ergeben sich insgesamt folgende Vorgangszahlen für die oben genannten Verfahren bei der ZFE:

 

Jahr Verfahren
2020 (ab 01.03.) 5.468
2021 18.850
2022 30.835
2023 34.626
2024 (Stand 31.05.) 16.356

 

  1. Wie verteilen sich diese Visaverfahren auf die Herkunftsländer der Fachkräfte? (Bitte differenziert nach Jahr, Anzahl und Herkunftsland listen)

Eine Statistik zu dieser Frage liegt nicht vor. Für die Beantwortung wäre daher die manuelle Auswertung sämtlicher bei der ZFE geführter Verfahren nach §§ 81a und 71 AufenthG seit März 2020 erforderlich. Dies ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

 

MMD18-9836