Muslimische Kita in Dortmund

Kleine Anfrage
vom 26.02.2024

Kleine Anfrage 3377

der Abgeordneten Zacharias Schalley und Enxhi Seli-Zacharias AfD

Muslimische Kita in Dortmund

In Dortmund soll im Kindergartenjahr 2026/27 eine muslimische Kita mit insgesamt 105 Betreuungsplätzen eröffnet werden. Der Träger, der Verein Lalezar aus Mannheim, verfolgt hierbei ein spezielles Konzept: überwiegend vegetarische Ernährung, Tischgebete vor und nach dem Essen sowie gemeinsames Singen und Händewaschen. Die Stadt Dortmund betont dabei, dass die pädagogischen Fachkräfte in der Kindertagesstätte den Kindern die Möglichkeit bieten sollen, Erfahrungen mit islamischen Traditionen, Ritualen und Symbolen zu sammeln, zu praktizieren und weiterzugeben.

Die Einrichtung soll für Kinder aller Glaubensrichtungen zugänglich sein und vorwiegend die deutsche Sprache verwenden. Allerdings wird betont, dass es während der Eingewöhnungsphase hilfreich sei, wenn die Kinder mit den Erziehern in ihrer Muttersprache kommunizieren können. Das Ziel ist, die Kinder dort abzuholen, wo sie stehen, um die Integration zu fördern.

Vor allem der künftige Träger der Kita, der dem umstrittenen Verein Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) angehört, löst Kritik aus. Ditib wird von vielen als verlängerter Arm des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und seiner Partei AKP betrachtet.

Bildungsexperten in Nordrhein-Westfalen kritisieren insbesondere die Pläne der Stadt und des Trägers. Sie zweifeln an der Unabhängigkeit des Trägers von seinem Dachverband. Zudem sei es nicht förderlich für die Integration, Kinder in der Kindertagesstätte zu separieren und ihnen dadurch zu vermitteln, dass sie sich von ihren Altersgenossen unterscheiden.

Der Vorstand des Vereins Lalezar weist die Vorwürfe zurück und betont die Unabhängigkeit der Kindertageseinrichtung. Auch die AWO, einer der größten Kitaträger in Nordrhein-Westfalen, sieht grundsätzlich keine Probleme darin, wenn eine religiös ausgerichtete Erziehung auch für muslimische Kinder möglich sei.1

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele muslimische Kindertageseinrichtungen gibt es in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Kindertageseinrichtung, Standort, Anzahl der betreuten Kinder und Träger aufschlüsseln)
  2. Welche Qualifikationen und Kriterien müssen von pädagogischen Fachkräften erfüllt werden, um in einer muslimische Kindertageseinrichtung angestellt zu werden?
  3. Auf welche Weise wird sichergestellt, dass der Verein Ditib keinen Einfluss auf die vermittelten Werte und Inhalte in den Kindertageseinrichtungen ausübt?
  4. Wie bewertet die Landesregierung die Verflechtung des Kita-Trägers zum Verein Ditib?
  5. Inwiefern sind Kinder, die sich in einer muslimischen Kindertageseinrichtung befinden, dazu angehalten, an den islamischen Traditionen, Riten und anderen zeremoniellen Praktiken teilzunehmen?

Zacharias Schalley
Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-8183

 

1 https://www.waz.de/region/rhein-und-ruhr/muslimische-kita-in-dortmund-schon-vor-start-gibt-es-kritik-id241420770.html (abgerufen am 23.01.2024)


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3377 mit Schreiben vom 16. April 2024 namens der Landesregierung beant­wortet.

  1. Wie viele muslimische Kindertageseinrichtungen gibt es in Nordrhein-Westfalen? (Bitte nach Kindertageseinrichtung, Standort, Anzahl der betreuten Kinder und Träger aufschlüsseln)

Aus den der Landesregierung vorliegenden Verwaltungsdaten lässt sich nicht abschließend erkennen, ob eine Kindertageseinrichtung sich in muslimischer Trägerschaft befindet. Insofern kann keine Auskunft über die Anzahl von Kindertageseinrichtungen in muslimischer Träger­schaft gegeben werden.

  1. Welche Qualifikationen und Kriterien müssen von pädagogischen Fachkräften erfüllt werden, um in einer muslimische Kindertageseinrichtung angestellt zu wer­den?

Grundsätzlich entscheidet der Träger einer Kindertageseinrichtung im Rahmen seiner Ge­samtverantwortung und in eigener Zuständigkeit über die Einstellung und den Einsatz des Personals. Dabei muss er die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten. Für den Personal­einsatz in Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen gelten die gesetzlichen Regelun­gen des Kinderbildungsgesetzes Nordrhein-Westfalen. Diese werden konkretisiert durch die sogenannte Verordnung zu den Grundsätzen über die Qualifikation und den Personalschlüs­sel (Personalverordnung) nach § 54 Abs. 3 Nr. 4 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förde­rung von Kindern (KiBiz). Diese Personalverordnung ist eine Verordnung, die mit den relevan­ten Akteuren im Bereich der Kindertagesbetreuung abgestimmt ist.

  1. Auf welche Weise wird sichergestellt, dass der Verein Ditib keinen Einfluss auf die vermittelten Werte und Inhalte in den Kindertageseinrichtungen ausübt?

Nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch müssen alle Kitas in Deutschland über ein pädago­gisches Konzept für die Einrichtung verfügen. Im Rahmen eines Betriebserlaubnisverfahrens werden die Konzepte entsprechend durch die Landesjugendämter inhaltlich geprüft. Die Er­stellung und Umsetzung eines frühpädagogischen Konzepts liegt gemäß § 17 Kinderbildungs-gesetz in der Verantwortung des Trägers der Kindertageseinrichtung. Die pädagogische Praxis in den nordrhein-westfälischen Kindertageseinrichtungen orientiert sich dabei an den „Bil­dungsgrundsätzen von 0-10 Jahren“.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Verflechtung des Kita-Trägers zum Verein Ditib?

Die Landesregierung bewertet einzelne Träger nicht.

  1. Inwiefern sind Kinder, die sich in einer muslimischen Kindertageseinrichtung befinden, dazu angehalten, an den islamischen Traditionen, Riten und anderen zeremoniellen Praktiken teilzunehmen?

Nach § 17 Kinderbildungsgesetz führen Kindertageseinrichtungen die Bildung, Erziehung und Betreuung nach einer eigenen Konzeption durch, wobei die pädagogische Arbeit sich an den Grundsätzen zur Bildungsförderung orientiert. Das ganzheitliche Bildungsverständnis dieser Bildungsgrundsätze stellt das einzelne Kind in den Mittelpunkt im Bewusstsein, dass Kinder ein Bildungsumfeld brauchen, das einerseits ihren Autonomiebestrebungen Raum gibt und andererseits genügend Sicherheit, Schutz und Unterstützung bietet. Dieses ganzheitliche Bil­dungsverständnis schließt religiöse Bildung mit ein.

Die konkrete Ausgestaltung der Konzeption nach § 17 Kinderbildungsgesetz NRW obliegt in dieser Rahmung dem Träger. Im Rahmen des Betriebserlaubnisverfahrens werden die Kon­zepte durch die Landesjugendämter inhaltlich geprüft.

 

MMD18-8930