Kleine Anfrage 3377des Abgeordneten Christian Loose vom 06.02.2020
„Muss der Steuerzahler ein Fernüberwachungssystem bezahlen, das nichts überwacht?“
In der Titelgruppe 96 „Errichtung und Betrieb eines automatisch arbeitenden radiologischen Fernüberwachungssystems für kerntechnische Anlagen in Nordrhein-Westfalen RFÜ“ des Haushaltsplans 2020, Kapitel 14010 findet sich für die Jahre 2019 sowie 2020 jeweils ein Ansatz von 322.000 Euro.1 Diese Mittel sind u. a. zur Fernüberwachung des Erhaltungsbetriebs des sicher eingeschlossenen Kernkraftwerks Hamm-Uentrop vorgesehen. „Als Sicherer Einschluss wird der durch technische und bauliche Maßnahmen hergestellte Zwischenzustand einer Anlage nach der endgültigen Einstellung des Leistungs- oder Produktionsbetriebs und nach Herstellung der Kernbrennstofffreiheit bezeichnet, in dem sie eine längere Zeit bestehen bleibt und das verbleibende radioaktive Inventar auch bei reduziertem Überwachungsaufwand sicher eingeschlossen ist.“2
Ich frage die Landesregierung:
1. Sind von den im Kraftwerk Hamm-Uentrop eingesetzten, kugelförmigen Brennelementen noch Bestände im Kraftwerk vorhanden?
2. Aus welchen Quellen wird dort eine zu messende und zu überwachende Radioaktivität vermutet?
3. Welche Messergebnisse ergaben sich dort in den letzten zehn Jahren?
4. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse gem. Frage 3 bezüglich einer Belastung der Bürger?
5. Welche Kosten sind für die Überwachung im Kraftwerk Hamm-Uentrop in den letzten zehn Jahren angefallen?
Christian Loose
1 Vgl. http://landtag/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-2328.pdf, Erläuterungsband zum Entwurf des Einzelplans 14 im Haushaltsjahr 2020, Seite 24, abgerufen am 09.09.19.
2 Vgl. http://www.entsorgungskommission.de/sites/default/files/reports/empfllstesk46hp.pdf, abgerufen am 10.09.19.
Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 05.03.2020
Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 3377 mit Schreiben vom 5. März 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt. Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Anlage THTR-300 ist eine kerntechnische Anlage nach § 2 Abs. 3a Nr. 1 AtG. Im Atomgesetz (AtG) ist festgelegt, dass kerntechnische Anlagen ständig überwacht werden müssen. Die Radiologische Fernüberwachung erlaubt der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde eine unmittelbare Wahrnehmung ihrer Aufsichtspflicht nach § 19 AtG durch eine Echtzeitüberwachung wichtiger Anlagenparameter. Damit ist auch sichergestellt, dass jederzeit eine unverzügliche Information der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde über sicherheitstechnisch bedeutsame Ereignisse erfolgt – auch außerhalb der üblichen Dienstzeit. Weitere Informationen können unter www.rfue.nrw.de entnommen werden.
1. Sind von den im Kraftwerk Hamm-Uentrop eingesetzten, kugelförmigen Brennelementen noch Bestände im Kraftwerk vorhanden?
In der sicher eingeschlossenen Anlage THTR-300 befindet sich kein Kernbrennstoff mehr in Form von kugelförmigen Brennelementen. Ein noch vorhandenes Aktivitätsinventar, welches im Betrieb bei der Kernspaltung, der Aktivierung oder als Zerfallsprodukte aus den Spalt- oder Aktivierungsprodukten entstanden ist, befindet sich zu mehr als 99 % im Innern des Spannbetonreaktorbehälters, der nicht zugänglich ist. Im übrigen Bereich des THTR-300 befindet sich weniger als 1 % der Aktivität. Alle dort gelagerten radioaktiven Stoffe sind in geeigneten Behältern verpackt und damit sicher eingeschlossen.
2. Aus welchen Quellen wird dort eine zu messende und zu überwachende Radioaktivität vermutet?
Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.
3. Welche Messergebnisse ergaben sich dort in den letzten zehn Jahren?
Das Spektrum der aus der sicher eingeschlossenen Anlage THTR 300 im bestimmungsgemäßen Betrieb in die Umgebung abgeleiteten radioaktiven Stoffe ist sehr eingeschränkt. Die Jahresgenehmigungswerte für die luftgetragenen Emissionen sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt.
Edelgase | *1,00E+02 |
Aerosole | 3,70E-02 |
C14 | 3,70E+01 |
H-3 | 8,10E+02 |
*Jahresgenehmigungswerte in Gigabecquerel
Die ermittelten Emissionen lagen für das Nuklid Tritium (H-3) im Maximum bei 0,02 % (Jahr 2009) des Jahresgenehmigungswertes. Für das Nuklid C14 und die Aerosole lagen die ermittelten Werte bei 0,00 % der Jahresgenehmigungswerte. Für Edelgase (Kr85) liegen keine kontinuierlichen Messwerte vor, da diese nur im Ereignisfall ermittelt werden.
4. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse gem. Frage 3 bezüglich einer Belastung der Bürger?
Eine Belastung durch radioaktive Emissionen ist nicht zu besorgen.
5. Welche Kosten sind für die Überwachung im Kraftwerk Hamm-Uentrop in den letzten zehn Jahren angefallen?
Für Maßnahmen der staatlichen Aufsicht nach § 19 AtG sind nach § 5 der Kostenverordnung zum AtG und zum Strahlenschutzgesetz (AtSKostV) Kosten zu erheben, die dem Betreiber in Rechnung gestellt werden und nachfolgender Tabelle zu entnehmen sind:
Haushaltsjahr * | Kosten in € |
2008 | 18.670,63 |
2009 | 11.530,76 |
2010 | 11.649,70 |
2011 | 8.874,59 |
2012 | 5.006,52 |
2013 | 3.121,44 |
2014 | 708,08 |
2015 | 583,54 |
2016 | 747,37 |
2017 | 900,37 |
* Anmerkung: Die Haushaltsjahre 2018 und 2019 sind derzeit noch nicht abgerechnet.
In den Jahren 2008 bis 2013 sind höhere Kosten der radiologischen Fernüberwachung durch Errichtungs- und Ersatzmaßnahmen sowie Anpassungen an den Stand von Wissenschaft und Technik angefallen.