Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3525: Was ist aus dem Asyl-Stufenplan der vorherigen Landesregierung geworden?

Kleine Anfrage
vom 03.05.2024

Kleine Anfrage 3784

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Nachfrage zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3525: Was ist aus dem Asyl-Stufenplan der vorherigen Landesregierung geworden?

Im Rahmen der Antwort der Landesregierung auf die Kleinen Anfrage 3525 wurden einzelne Fragen nicht bzw. nicht umfassend beantwortet.

In der 2. Frage ging es um Fallzahlen bezüglich des beschleunigten Verfahrens gem. § 30a Absatz 1 Asylgesetz. Durch die gemeinsame Antwort mit der 3. Frage ging die Antwort zur 2. Frage verloren. Zudem stellt sich die Nachfrage, inwiefern das beschleunigte Verfahren überhaupt noch zur Anwendung kommt, wie oft also noch im Zuge dieses Verfahrens direkt aus den Landeseinrichtungen heraus die Abschiebung bzw. Dublin-Rücküberstellung erfolgt. Die Antworten der Landesregierung zu den Fragen 4 und 5 lassen die Frage aufkommen, inwiefern der Landesregierung der Beschluss aus der vorherigen Legislaturperiode (§ 47 (1b) AsylG, Verlängerung von 18 auf 24 Monate) überhaupt noch bekannt ist und inwiefern unter Ministerin Paul die Anwendung dieses Beschlusses überhaupt noch erwünscht ist.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Landeseinrichtungen in NRW wurden seit der Einführung des beschleunigten Asylverfahrens gem. § 30a AsylG als besondere Aufnahmeeinrichtung im Sinne dieses Verfahrens genutzt? (Bitte alle diesbezüglichen Einrichtungen inklusive des jeweiligen Nutzungszeitraums als besondere Aufnahmeeinrichtung in genanntem Sinne listen)
  2. Da es gemäß der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3525 derzeit keine besondere Aufnahmeeinrichtung im Sinne des beschleunigten Verfahrens gemäß § 30 a AsylG gibt, stellt sich die Frage, inwiefern das beschleunigte Verfahren überhaupt noch zur Anwendung kommt. Wie viele Personen wurden seit 2018 im Rahmen bzw. in Folge des beschleunigten Verfahrens direkt aus den Landeseinrichtungen heraus zurückgeführt bzw. rücküberstellt? (Bitte differenziert nach Jahr, Anzahl, Herkunftsland sowie den gemäß § 30a Absatz 1 Asylgesetz genannten acht verschiedenen Gründen für eine beschleunigtes Verfahren differenziert listen)
  3. Bedingt durch die lange durchschnittliche Asylverfahrensdauer und die im Schnitt kurze Verweildauer in den Landeseinrichtungen (trotz rechtlicher Möglichkeit einer Verweildauer von bis zu 24 Monaten) wird automatisch von einem weiteren Grundsatz des Asyl-Stufenplans abgewichen, nämlich dem, Personen, die nach Prüfung in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht schutzberechtigt sind, möglichst konsequent und schnell bereits aus den Landeseinrichtungen heraus in ihre Heimatländer zurückzuführen. Inwiefern ist es zutreffend, dass die Landesregierung diesen Grundsatz aufgegeben hat? (Bitte im Detail ausführen)
  4. Die Landesregierung verweist in ihrer Antwort auf die 5. Frage der Kleinen Anfrage 3525 bezüglich der maximalen Verweildauer in den Landeseinrichtungen auf den § 47 AsylG; demnach sind bereits 18 Monate vorgesehen. Durch die beschlossene Anwendung des § 47 (1b) AsylG in der 17. Legislaturperiode wurde diese Zeitspanne seinerzeit auf maximal 24 Monate erhöht. Auf Basis welcher rechtlichen Grundlage bzw. mit welcher generellen Begründung wird von diesen Bestimmungen derart massiv abgewichen?1
  5. Inwiefern ist es zutreffend, dass die Nutzung der maximalen Verweildauer von 24 Monaten in den Landeseinrichtungen – in Folge des anhaltenden, massiven Zuzugs von Asylsuchenden – mit den vorhandenen Unterbringungskapazitäten unmöglich ist?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-9109

 

1 Vgl. Lt.-Vorlage 18/2314; S. 6 f.; Verweildauer länger als 6 Monate nur 8 % bzw. länger als 12 Monate nur 3 % trotz einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 17,6 Monaten (Stand 2023) https://rp-online.de/nrw/landespolitik/schnellere-asylverfahren-nrw-richter-halten-das-fuer-unrealistisch_aid-108356755


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3784 mit Schreiben vom 28. Mai 2024 namens der Landesregierung beantwor­tet.

  1. Welche Landeseinrichtungen in NRW wurden seit der Einführung des beschleu­nigten Asylverfahrens gem. § 30a AsylG als besondere Aufnahmeeinrichtung im Sinne dieses Verfahrens genutzt? (Bitte alle diesbezüglichen Einrichtungen inklu­sive des jeweiligen Nutzungszeitraums als besondere Aufnahmeeinrichtung in ge­nanntem Sinne listen)

Folgende Zentrale Unterbringungseinrichtungen (ZUE) wurden als sog. Verfahrenseinrichtun­gen genutzt: ZUE Hamm, ZUE Möhnesee, ZUE Oerlinghausen, ZUE Ratingen, ZUE Willich, ZUE Viersen, ZUE Bonn, ZUE Kerpen, ZUE Ibbenbüren.

Mit Erlass vom 07.01.2020 wurden sämtliche zu diesem Zeitpunkt noch bestehende Widmun­gen als Verfahrenseinrichtung aufgehoben.

  1. Da es gemäß der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3525 derzeit keine besondere Aufnahmeeinrichtung im Sinne des beschleunigten Verfahrens gemäß § 30 a AsylG gibt, stellt sich die Frage, inwiefern das beschleunigte Verfahren überhaupt noch zur Anwendung kommt. Wie viele Personen wurden seit 2018 im Rahmen bzw. in Folge des beschleunigten Verfahrens direkt aus den Lan-deseinrichtungen heraus zurückgeführt bzw. rücküberstellt? (Bitte differenziert nach Jahr, Anzahl, Herkunftsland sowie den gemäß § 30a Absatz 1 Asylgesetz ge­nannten acht verschiedenen Gründen für eine beschleunigtes Verfahren differen­ziert listen)

Eine statistische Auswertung der Rückführungen von Personen im beschleunigten Verfahren ist über die hierfür zur Verfügung stehenden Datenbanken bzw. Datensammlungen nicht mög­lich.

  1. Bedingt durch die lange durchschnittliche Asylverfahrensdauer und die im Schnitt kurze Verweildauer in den Landeseinrichtungen (trotz rechtlicher Möglichkeit einer Verweildauer von bis zu 24 Monaten) wird automatisch von einem weiteren Grundsatz des Asyl-Stufenplans abgewichen, nämlich dem, Personen, die nach Prüfung in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht schutzberechtigt sind, möglichst konsequent und schnell bereits aus den Landeseinrichtungen heraus in ihre Heimatländer zurückzuführen. Inwiefern ist es zutreffend, dass die Landesregierung diesen Grundsatz aufgegeben hat? (Bitte im Detail ausführen)

Die in der Frage geäußerte Annahme ist nicht zutreffend. Vielmehr konnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der gestellten Asyl­anträge deutlich beschleunigen.

Die Landesregierung hält auch weiterhin daran fest, Personen nach finalem, negativen Ab­schluss ihres Asylverfahren möglichst schnell und konsequent aus den Landeseinrichtungen in ihre Heimatländer zurückzuführen. Allerdings kann die Durchführung einer Rückführungs­maßnahme aufgrund einer Vielzahl von Hindernissen bereits im Vorfeld oder während der Maßnahme scheitern. Hierzu zählen u. a. das Nichtantreffen oder Untertauchen der ausreise­pflichtigen Person, gesundheitliche Probleme in der Person des Ausreisepflichtigen oder eine zwischenzeitlich erfolgte freiwillige Ausreise. In manchen Fällen können auch mehrere Sach­verhalte einer Rückführung entgegenstehen.

  1. Die Landesregierung verweist in ihrer Antwort auf die 5. Frage der Kleinen Anfrage 3525 bezüglich der maximalen Verweildauer in den Landeseinrichtungen auf den § 47 AsylG; demnach sind bereits 18 Monate vorgesehen. Durch die beschlossene Anwendung des § 47 (1b) AsylG in der 17. Legislaturperiode wurde diese Zeitspanne seinerzeit auf maximal 24 Monate erhöht. Auf Basis welcher rechtlichen Grundlage bzw. mit welcher generellen Begründung wird von diesen Bestimmungen derart massiv abgewichen?
  2. Inwiefern ist es zutreffend, dass die Nutzung der maximalen Verweildauer von 24 Monaten in den Landeseinrichtungen – in Folge des anhaltenden, massiven Zu­zugs von Asylsuchenden – mit den vorhandenen Unterbringungskapazitäten un­möglich ist?

Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Eine Abweichung von den Bestimmungen des § 47 AsylG i.V.m. dem Ausführungsgesetz zu § 47 Absatz 1b des Asylgesetzes (AG AsylG) findet nicht statt.

Die vorhandenen Unterbringungskapazitäten sind ausreichend, um die Dauer der Wohnver­pflichtung von Asylbewerberinnen und -bewerber, deren Asylantrag als unzulässig oder offen­sichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, auszuschöpfen.

 

MMD18-9377