Nachfrage zur Antwort (Drs. 17/15676) auf die Kleine Anfrage 6082 – Was ist für die Landesregierung wirkliche Meinungspluralität und wie stellt sie das an den Kölner Schulen im anstehenden Landtagswahlkampf sicher?

Kleine Anfrage
vom 17.03.2022

Kleine Anfrage 6491der Abgeordneten Sven W. Tritschler und Iris Dworeck-Danielowski vom 17.03.2022

 

Nachfrage zur Antwort (Drs. 17/15676) auf die Kleine Anfrage 6082 Was ist für die Landesregierung wirkliche Meinungspluralität und wie stellt sie das an den Kölner Schulen im anstehenden Landtagswahlkampf sicher?

Die Landtagswahl 2022 wirft ihre Schatten voraus. Im Rahmen dieses Wahlkampfs wird es auch wieder zu Podiumsdiskussionen an Schulen und ggf. bei anderen staatlichen Institutionen kommen.

Die Landesregierung hat in Ihrer Antwort ((Drs. 17/15676)) auf die Kleine Anfrage 6082 ausgeführt, dass es aus ihrer Sicht zulässig war, die AfD nicht zu einer Podiumsdiskussionen am 06. September 2021 an der Gesamtschule in Köln-Holweide einzuladen. Alle Parteien, die im 19. Bundestag Mitglied waren, waren mit Ausnahme der AfD eingeladen. Die Landesregierung führte hierzu aus:

„Ein Verstoß gegen die vorstehend genannten Grundsätze bei der Zusammen-setzung des Teilnehmerkreises konnte bei der in der Vorbemerkung angeführten Veranstaltung der Gesamtschule Holweide nicht festgestellt werden. Die Podiums-diskussion anlässlich der Bundestagswahl 2021 hat mit Bundestagskandidierenden des Wahlkreises Köln-Leverkusen IV stattgefunden. Teilnehmende waren die Kandidierenden Karl Lauterbach (SPD), Serap Güler (CDU), Nyke Slavik (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Beate Hane-Knoll (DIE LINKE) sowie Conny Besser (FDP). Veranstaltet wurde die Diskussion durch die Fachschaft Sozialwissenschaften und die Vertretung der Schülerinnen und Schüler. Die Schule musste bei der Bestimmung des Teilnehmerkreises eine Abwägung zwischen der Abbildung eines möglichst großen Spektrums einerseits und organisatorischen und inhaltlichen Begrenzungen einer solchen Veranstaltung andererseits vornehmen. Es wurden nicht einseitig einzelne Kandidierende zu Lasten anderer eingeladen, vielmehr wurden sehr unterschiedliche politische Positionen in der Zusammensetzung der Veranstaltung abgebildet. Dem Gebot zu ausgewogener Darstellung und Zurückhaltung wurde seitens der Schule damit hinreichend Rechnung getragen.“

Wir halten diese Ausführungen für rechtlich nicht haltbar und möchten in diesem Zusammenhang auf den Beschluss des OVG Münster vom 21.04.2017, Az.: 5 B 467/17 = BeckRS 2017, 108291 in einem Rechtsstreit der Linkspartei hinweisen.

Darüber hinaus sind wir der Ansicht, dass auch Schulen in freier Trägerschaft ähnlich den staatlichen Schulen an das Neutralitätsgebot des Staates gebunden sind. Andernfalls würde dies zu einer Art von pädagogischem Sektierertum führen. Diese Schulen dürfen nämlich nach

Art 7 Abs. 4 S. 3 GG in ihren Lernzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Hält die Landesregierung an ihren Aussagen in Drs. 17/15676 zur Nicht-Einladung der AfD an Podiumsdiskussionen fest? (Wir bitten hier um eine detaillierte Begründung. Diese Frage gilt gleichermaßen für staatliche wie Schulen in privater Trägerschaft.)
  2. Wie und in welchem Umfang, auch mit Blick auf zukünftige Veranstaltungen, wird die Landesregierung die in der Kleinen Anfrage 6082 aufgeführte Schule über ihr Fehlverhalten informieren und daraus resultierend anweisen?
  3. Hält die Landesregierung es für zulässig, wenn im anstehenden Landtags-wahlkampf die Linkspartei und alle im Landtag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD zu Podiumsdiskussionen an Schulen eingeladen werden? (Wir bitten auch hier um eine detaillierte Begründung. Auch diese Frage gilt gleichermaßen für staatliche wie Schulen in privater Trägerschaft.)
  4. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass auch die AfD zu Podiums­diskussionen zur Landtagswahl, insbesondere in Köln aber auch in anderen Städten und Orten in NRW, eingeladen wird? (Wie bereits bei den vorangegangenen Fragen gilt auch diese gleichermaßen für staatliche wie Schulen in privater Trägerschaft.)
  5. Welche disziplinarrechtlichen Hinweise lässt die Landesregierung den Schulen zukommen, damit diese in dem anstehenden Wahlkampf das Neutralitätsgebot auch wirklich beachten? (Wir bitten hier mögliche Unterschiede zwischen staatlichen und öffentlichen Schulen näher zu erläutern. )

Sven W. Tritschler
Iris Dworeck-Danielowski

 

Anfrage als PDF


Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 6491 mit Schreiben vom 25. April 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration und dem Minister des Innern beantwortet.

1. Hält die Landesregierung an ihren Aussagen in Drs. 17/15676 zur Nicht-Einladung der AfD an Podiumsdiskussionen fest? (Wir bitten hier um eine detaillierte Be­gründung. Diese Frage gilt gleichermaßen für staatliche wie Schulen in privater Trägerschaft.)

2. Wie und in welchem Umfang, auch mit Blick auf zukünftige Veranstaltungen, wird die Landesregierung die in der Kleinen Anfrage 6082 aufgeführte Schule über ihr Fehlverhalten informieren und daraus resultierend anweisen?

Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet.

Die Landesregierung hat den Sachverhalt bereits im Zusammenhang mit der Beantwortung der Kleinen Anfrage 6082 (Drucksache 17/15443) geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Gebot zu ausgewogener Darstellung und Zurückhaltung seitens der Schule hinrei­chend Rechnung getragen wurde. Sie sieht keinen Anlass für eine erneute Prüfung.

Es wird insoweit vollumfänglich auf die Antwort zu Frage 2 der Kleinen Anfrage 6082 (LT-Drucksache 17/15676) verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Frage 2 der Kleinen Anfrage 6082 sich ausdrücklich auf „staatliche Podiumsdiskussionen“ bezog, wie im Übrigen auch die gesamte Kleine Anfrage mit dem Titel „Podiumsdiskussionen an staatlichen Institutionen während des Bundestagswahlkampfs – Nicht-Einladung von bestimmten Parteien in Köln“ überschrieben war. Bei Schulen in freier Trägerschaft handelt es sich aber gerade nicht um staatliche Institutionen.

Schulen in freier Trägerschaft sind – anders als öffentliche Schulen – zur staatlichen Neutralität nicht verpflichtet. Dies folgt für Ersatzschulen aus § 2 Absatz 12 Schulgesetz NRW. Hiernach gelten die Regelungen zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule (§ 2 Absatz 1 bis 11 SchulG) für Ersatzschulen gleichermaßen, jedoch mit Ausnahme der sich aus der staatlichen Neutralität für das Schulpersonal nach § 2 Absatz 8 Satz 3 Schulgesetz NRW ergebenen Ver­pflichtungen. Für (anerkannte) Ergänzungsschulen gilt § 2 Schulgesetz NRW nicht. Diese sind ebenfalls nicht zur staatlichen Neutralität verpflichtet.

3. Hält die Landesregierung es für zulässig, wenn im anstehenden Landtagswahl­kampf die Linkspartei und alle im Landtag vertretenen Parteien mit Ausnahme der AfD zu Podiumsdiskussionen an Schulen eingeladen werden? (Wir bitten auch hier um eine detaillierte Begründung. Auch diese Frage gilt gleichermaßen für staatliche wie Schulen in privater Trägerschaft.)

Die Landesregierung bewertet nicht abstrakt und im Vorfeld verschiedene Möglichkeiten der Zusammensetzung von Podiumsdiskussionen an Schulen. Dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien ist bei der Bestimmung des Teilnehmerkreises für eine solche schulische Veranstaltung Rechnung zu tragen.

Das Ministerium für Schule und Bildung hält, wie bereits bei der Beantwortung der Frage 2 der Kleinen Anfrage 6082 ausgeführt, im Bildungsportal hierfür Hinweise bereit.

4. Wie wird die Landesregierung sicherstellen, dass auch die AfD zu Podiumsdis­kussionen zur Landtagswahl, insbesondere in Köln aber auch in anderen Städten und Orten in NRW, eingeladen wird? (Wie bereits bei den vorangegangenen Fra­gen gilt auch diese gleichermaßen für staatliche wie Schulen in privater Träger­schaft.)

Das Ministerium für Schule und Bildung hat bereits mit Runderlass vom 3. Februar 2022 die Schulaufsichtsbehörden angesichts der bevorstehenden Landtagswahl nochmals auf Grunds­ätze der Unparteilichkeit von Schulen im Vorfeld vor Wahlen hingewiesen (Anlage) und diese gebeten, die Schulen in geeigneter Form zu informieren. Auf den Grundsatz der Chancen­gleichheit der Parteien ist in dem Erlass ausdrücklich Bezug genommen.

5. Welche disziplinarrechtlichen Hinweise lässt die Landesregierung den Schulen zukommen, damit diese in dem anstehenden Wahlkampf das Neutralitätsgebot auch wirklich beachten? (Wir bitten hier mögliche Unterschiede zwischen staatli­chen und öffentlichen Schulen näher zu erläutern.)

Es gelten die auch ansonsten bestehenden allgemeinen Regelungen.

 

Antwort als PDF