Nachfrage zur Kleinen Anfrage 1631: „Anzahl der diversen Personen in NRW“ – Warum ist das Bundesinnenministerium besser informiert als der Minister des Inneren in NRW?

Kleine Anfrage
vom 18.07.2023

Kleine Anfrage 1924

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias und Markus Wagner AfD

Nachfrage zur Kleinen Anfrage 1631: „Anzahl der diversen Personen in NRW“ – Warum ist das Bundesinnenministerium besser informiert als der Minister des Inneren in NRW?

Im Rahmen der Kleinen Anfrage 1631 fragten wir nach der Anzahl der Personen in NRW, die bisher von der Möglichkeit der Änderung gem. § 45b Personenstandsgesetz (PStG) Gebrauch gemacht haben.

Die Frage lautete:

„Wie viele Personen haben in Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2019 bis 2022 sowie bisher im Jahr 2023 die Möglichkeit genutzt, den Personenstandseintrag nach § 45b PStG in „divers zu ändern und wie viele Personen waren jeweils zuvor dem männlichen und wie viele dem weiblichen Geschlecht zugeordnet?“

In ihrer Antwort verwies die Landesregierung darauf, dass hierzu in den Bevölkerungsstatistiken noch keine Daten erhoben würden. Die Antwort sorgt für gewisse Irritationen unsererseits, da anders als die Landesregierung das Bundesinnenministerium in der Vergangenheit entsprechende Zahlen anbieten konnte.

So ist auf der Internetseite des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat1 eine entsprechende Übersicht zu Erklärungen nach §§ 22 Abs. 3 und 45b PStG abrufbar.2

Enthalten sind entsprechende Daten für das Jahr 2019 sowie für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 30.09.2020, differenziert nach den jeweiligen Bundesländern. Gemäß Tabelle 1 erfolgt eine Erhebung zur Angabe des Geschlechtseintrags „Divers“ oder „ohne Angabe“ bei der Geburt eines Kindes nach § 22 Abs. 3 PStG. Tabelle 2 enthält eine vorläufige Erhebung zu Erklärungen zum Geschlechtseintrag nach § 45 PStG, differenziert nach der Gesamtzahl der Erklärungen, dem Anteil „divers“ bzw. „ohne Angabe“ sowie dem Anteil „männlich“ zu „weiblich“ (und umgekehrt).

Vor diesem Hintergrund ist es mehr als verwunderlich, wenn die Landesregierung in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage angibt, dass keine statistische Aufarbeitung erfolgt.

Wie bitten daher um eine Beantwortung der Kleinen Anfrage analog zur statistischen Aufarbeitung des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Erklärungen gem. § 45b PStG gab es in NRW in den Jahren 2020 bis 2022 sowie bisher im Jahr 2023? (Bitte differenziert nach Jahr und Anzahl listen)
  2. In wie vielen dieser Fälle wurde der Geschlechtereintrag in „divers“ oder „ohne Angabe geändert“? (Bitte differenziert nach Jahr und Anzahl listen)
  3. In wie vielen dieser Fälle wurde der Geschlechtereintrag von „männlich“ zu „weiblich“ geändert bzw. umgekehrt?
  4. Welche Daten werden bei diesbezüglichen Änderungen des Personenstandseintrags erhoben und gespeichert? (Bitte alle Merkmale listen)

Markus Wagner

Enxhi Seli-Zacharias

Anfrage als PDF

1 Vgl. https:// www.personenstandsrecht.de/SharedDocs/kurzmeldungen/Webs/PERS/DE/rundschreiben/2021/geschlech tsangabe.html

2 Vgl. https:// www .personenstandsrecht.de/SharedDocs/downloads/Webs/PERS/DE/uebersicht-erklaerungen-nach-22-abs-3-und45b-PStG.pdf?__blob=publicationFile&v=2


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1924 mit Schreiben vom 4. Juli 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleich­stellung, Flucht und Integration beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Soweit in der Kleinen Anfrage auf die auf der Internetseite des Bundesministeriums des Innern und für Heimat abrufbare Übersicht zu Erklärungen nach §§ 22 Abs. 3 und 45b Personen-standsgesetz (PStG) hingewiesen wird, ist Folgendes anzumerken:

Die für die Zeiträume vom 01.01. bis 31.12.2019 und vom 01.01. bis 30.09.2020 erstellte und aus zwei Tabellen bestehende Übersicht zu einer vom damaligen Bundesministerium des In­nern, für Bau und Heimat (BMI) vorgenommenen Bewertung von Auswirkungen des am 22.12.2018 in Kraft getretenen „Gesetzes zur Änderung der in das Geburtenregister einzutra­genden Angaben“ ist das Ergebnis einer seinerzeit auf Wunsch des BMI in den Ländern durch­geführten retrograden Erfassung der in den Standesämtern bis zum 30.09.2020 aufgetretenen Fallzahlen.

1. Wie viele Erklärungen gem. § 45b PStG gab es in NRW in den Jahren 2020 bis 2022 sowie bisher im Jahr 2023? (Bitte differenziert nach Jahr und Anzahl listen)

Aktuell werden in den Bevölkerungsstatistiken hierzu noch keine Daten erhoben. Es sind je­doch Änderungen im Bevölkerungsstatistikgesetz (BevStatG) geplant, die eine Erhebung zu Änderungen des Geschlechtseintrags ermöglichen sollen. Hierzu wird auf die Beantwortung der Frage 4 verwiesen.

Unabhängig von den Datenerhebungen in den Bevölkerungsstatistiken wurden anlässlich der vom BMI erbetenen retrograden Erfassung in den Standesämtern in dem Zeitraum vom 01.01. bis 30.09.2020 in Nordrhein-Westfalen insgesamt 139 Erklärungen zum Geschlechtseintrag nach § 45b PStG verzeichnet.

2. In wie vielen dieser Fälle wurde der Geschlechtereintrag in „divers“ oder „ohne Angabe geändert“? (Bitte differenziert nach Jahr und Anzahl listen)

Im Jahr 2020 wurde in dem Zeitraum vom 01.01.2020 bis 30.09.2020 in Nordrhein-Westfalen der Geschlechtseintrag in insgesamt 27 Fällen der in der Beantwortung der Frage 1 angeführ­ten 139 Erklärungen in „divers“ (23 Fälle) oder „ohne Angabe“ (4 Fälle) geändert.

3. In wie vielen dieser Fälle wurde der Geschlechtereintrag von „männlich“ zu „weib­lich“ geändert bzw. umgekehrt?

Im Jahr 2020 wurde in dem Zeitraum vom 01.01.2020 bis 30.09.2020 in Nordrhein-Westfalen der Geschlechtseintrag in insgesamt 112 Fällen der in der Beantwortung der Frage 1 ange­führten 139 Erklärungen von „männlich“ zu „weiblich“ und von „weiblich“ zu „männlich“ geän­dert.

Nach Aufschlüsselung entfallen hiervon 53 Fälle auf eine Änderung von „männlich“ zu „weib­lich“ und 59 Fälle auf eine Änderung von „weiblich“ zu „männlich“.

4. Welche Daten werden bei diesbezüglichen Änderungen des Personenstandsein-trags erhoben und gespeichert? (Bitte alle Merkmale listen)

Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung von den Standesämtern bzw. Personenstandre-gister führenden Stellen an die Statistischen Landesämter ist das BevStatG. Gemäß der aktu­ellen Fassung werden Änderungen des Personenstandseintrags bislang nicht an die Statisti­schen Landesämter übermittelt.

Eine hierfür notwendige Gesetzesänderung des BevStatG befindet sich derzeit im Gesetzge­bungsprozess (siehe BT-Drs. 20/6436 vom 19.04.2023). Laut aktuellem Entwurf des Gesetzes zur Änderung des BevStatG, den der Deutsche Bundestag am 15.06.2023 beschlossen hat (siehe BR-Drs. 274/23 vom 16.06.2023), sind folgende Erhebungsmerkmale vorgesehen, die zukünftig von Personenstandsregister führenden Stellen aus Anlass der Änderung des Ge­schlechtseintrags im Geburtenregister an die Statistischen Landesämter zu übermitteln sind:

  1. Land, in welchem der Wohnort liegt,
  2. Geschlechtseintrag vor und nach der Änderung,
  3. Tag der Änderung des Geschlechtseintrags und Standesamt, das die Änderung eingetragen hat.

Im Zuge der Umstellung der Bevölkerungsfortschreibung auf die Ergebnisse des Zensus 2022 sollen dann alle zulässigen Ausprägungen des Geschlechtseintrags in der Bevölkerungssta­tistik verarbeitet werden. Einen Bevölkerungsbestand, der auch die Geschlechtsausprägun­gen „divers“ bzw. keine Angabe zum Geschlecht ausweist, wird es daher erst mit der Veröf­fentlichung der Zensus-2022-Ergebnisse – voraussichtlich im Frühjahr 2024 – geben. Ab dann soll in der amtlichen Statistik zusätzlich eine Bewegungsstatistik zu Änderungen des Ge­schlechtseintrags geführt werden.

 

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