Kleine Anfrage 3378
der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD
Nachfrage zur Kleinen Anfrage 3140: 5,1 Mio. Euro für die 6-wöchige Unterbringung von 210 Asylsuchenden in der Kölner Messehalle – Wie kam es zu diesen exorbitant hohen Kosten?
Wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage 3140 hervorgeht, unterbreitete die Koelncongress GmbH am 6. Oktober 2023 dem Land auf dessen Anforderung ein Angebot zur Anmietung von Notflächen zur Unterbringung von Geflüchteten für den Zeitraum 28. November 2023 bis 12. Januar 2024. Dieses Angebot wurde der Bezirksregierung Köln am 24. Oktober 2023 weitergeleitet mit der Bitte, angesichts der aktuellen Zugangs- und Kapazitätslage und der akuten Überbelegung der Landeseinrichtungen schnellstmöglich mit der Koelncongress GmbH Kontakt mit dem Ziel des Abschlusses eines Mietvertrages aufzunehmen.1
Letztendlich wurden zwischen dem 1. Dezember 2023 und dem 12. Januar 2024 – also über einen Zeitraum von ca. 6 Wochen – insgesamt 210 Personen in der Notunterkunft Köln-Messe untergebracht. Unklar bleibt nach der Antwort der Landesregierung, wie viele Personen durchschnittlich pro Tag untergebracht waren. Daher lassen sich die angefallenen Kosten in Höhe von 5.131.761,70 EUR nicht umrechnen auf die Höhe der Kosten pro Person und Tag bzw. Monat.
Unter der (für die Landesregierung günstigsten) Annahme, dass 210 Personen konstant, also über 6 Wochen, in der Notunterkunft Köln-Messe untergebracht waren, ergeben sich Kosten in Höhe von umgerechnet ca. 16.300 Euro pro Person und Monat bzw. ca. 540 Euro je Person und Tag. Vor diesem Hintergrund wäre eine nähere Aufschlüsselung der Kosten von größtem Interesse – also Zahlungen an die Koelncongress GmbH insbesondere für die Miete sowie weitere Kostenbestandteile.
Von besonderem Interesse ist zudem die Frage, inwiefern der ehemalige Landtagsabgeordnete Bernd Petelkau, Aufsichtsratsvorsitzender der Koelncongress GmbH sowie Vorsitzender der Kölner CDU-Ratsfraktion, in diese Angelegenheit involviert war.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele Personen waren zwischen dem 1. Dezember 2023 und dem 12. Januar 2024 jeweils pro Nacht bzw. im Durchschnitt in der Notunterkunft Köln-Messe untergebracht? (Bitte entweder die Unterbringungszahlen pro Nacht oder den Durchschnittswert angeben)
- Wie setzen sich die angefallenen Kosten in Höhe von 5.131.761,70 EUR im Detail zusammen? (Bitte insbesondere den durch die Koelncongress GmbH in Rechnung gestellten bzw. vertraglich vereinbarten Kostenanteil angeben)
- Selbst unter der günstigsten Annahme ergeben sich – wie oben berechnet – durchschnittliche Kosten in Höhe von ca. 540 Euro je Person und Tag. Warum wurde für den begrenzten Zeitraum von lediglich 6 Wochen keine günstigere Alternative genutzt, z. B. ein Hotel oder eine Jugendherberge?
- Inwiefern war der Aufsichtsratsvorsitzende der Koelncongress GmbH an der Erstellung des Angebots beteiligt?
- Inwiefern war der Aufsichtsratsvorsitzende der Koelncongress GmbH an den Vertragsverhandlungen sowie am Vertragsabschluss beteiligt?
Enxhi Seli-Zacharias
1 Vgl. Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 3140
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3378 mit Schreiben vom 17. April 2024 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Im letzten Herbst kamen viele Schutzsuchende nach Deutschland und auch nach Nordrhein-Westfalen. So war in den Monaten August bis Oktober 2023 im Vergleich zum Vorjahr 2022 ein Anstieg von rund 27 % an Asylanträgen zu verzeichnen. Im Vergleich zum Jahr 2021 erfolgte sogar ein Anstieg von 109%.
2021 | 2022 | 2023 | |
August | 2.630 | 4.243 | 7.025 |
September | 3.140 | 6.308 | 8.089 |
Oktober | 3.985 | 6.234 | 9.545 |
Bezüglich der zahlenmäßigen Darstellung des Zugangsgeschehens wird zudem auch auf den regelmäßigen Bericht „Aktueller Sachstand zu Zugängen, Zuweisung, Unterbringung und Versorgung von geflüchteten Menschen in Nordrhein-Westfalen“ verwiesen.
Viele der Geflüchteten haben eine gute Bleibeperspektive, weil sie z.B. aus Kriegsgebieten kommen (Syrien und Afghanistan z.B.) oder weil sie aufgrund individueller Abschiebehinde-rungen oder der Situation in ihren Herkunftsländern nicht oder nur sehr schwierig zurückgeführt werden können.
Auch wenn Zugänge erfahrungsgemäß u.a. jahreszeitlich bedingten Schwankungen unterliegen, war die dargestellte Zugangsentwicklung für das Land in dieser Größenordnung nicht vorhersehbar. Die Entwicklung von Zugängen Asylsuchender hängt insbesondere von den politischen und wirtschaftlichen Bedingungen in den Herkunftsländern ab. Wie sich diese Bedingungen zukünftig weiterentwickeln, kann seriös nicht beantwortet werden. Eine belastbare Prognose war nicht zuletzt deshalb schwierig, weil das Bundesministerium des Innern oder eine von ihm bestimmte Stelle der aus § 44 Abs. 2 AsylG resultierenden Verpflichtung, den Ländern die voraussichtliche Entwicklung und den voraussichtlichen Bedarf an Unterbringungsplätzen für Asylbegehrende mitzuteilen, nicht nachkommt. Auch die vor diesem Hintergrund seitens des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration erstellte eigene Zugangsprognose, die von zunächst 60.000 und im weiteren Jahresverlauf von rund 65.000 Asylbegehrenden für Nordrhein-Westfalen im gesamten Jahr 2023 ausging, kann eine bundesseitige Prognose nicht ersetzen und insbesondere spontane und beträchtliche Zugangssteigerungen nicht monatsscharf abbilden.
Angesichts der Zugangssteigerungen seit August 2023 und mit Blick auf eine mögliche weitere Steigerung der Zugangszahlen musste sich die Landesregierung auch mit Blick auf eine mögliche weitere Steigerung der Zugangszahlen vorbereiten.
Diese Befürchtungen haben sich im Nachhinein erfreulicher Weise als unberechtigt erwiesen. Gleichwohl waren die getroffenen Vorsorgemaßnahmen wichtig und richtig, wenn auch retrospektiv die geschaffenen Kapazitäten nicht genutzt werden mussten.
- Wie viele Personen waren zwischen dem 1. Dezember 2023 und dem 12. Januar 2024 jeweils pro Nacht bzw. im Durchschnitt in der Notunterkunft Köln-Messe untergebracht? (Bitte entweder die Unterbringungszahlen pro Nacht oder den Durchschnittswert angeben)
Es waren durchschnittlich 46 Personen pro Nacht in der NU Köln-Messe untergebracht.
- Wie setzen sich die angefallenen Kosten in Höhe von 5.131.761,70 EUR im Detail zusammen? (Bitte insbesondere den durch die Koelncongress GmbH in Rechnung gestellten bzw. vertraglich vereinbarten Kostenanteil angeben)
Die 5.131.761,70 € setzen sich aus den Kosten für die Miete, den anfallenden Kosten für die Bewirtschaftung der Räumlichkeiten sowie den Kosten für Verpflegung, Betreuung und Sicherheit zusammen. Zum Schutze eines fairen Wettbewerbs und des Geschäftsgeheimnisses der beteiligten Unternehmen ist eine differenziertere Darstellung der Beträge, die auf die Koeln-congress GmbH entfallen sind, nicht möglich.
- Selbst unter der günstigsten Annahme ergeben sich – wie oben berechnet – durchschnittliche Kosten in Höhe von ca. 540 Euro je Person und Tag. Warum wurde für den begrenzten Zeitraum von lediglich 6 Wochen keine günstigere Alternative genutzt, z. B. ein Hotel oder eine Jugendherberge?
Das Angebot der Koelncongress GmbH zur Anmietung von Notflächen zur Unterbringung von Geflüchteten war geeignet, um mögliche Zugangsspitzen für den Zeitraum 28. November 2023 bis 12. Januar 2024 in das Landessystem abzupuffern und Vorsorge für die Zeit über den Jahreswechsel 2023/2024 zu treffen.
- Inwiefern war der Aufsichtsratsvorsitzende der Koelncongress GmbH an der Erstellung des Angebots beteiligt?
- Inwiefern war der Aufsichtsratsvorsitzende der Koelncongress GmbH an den Vertragsverhandlungen sowie am Vertragsabschluss beteiligt?
Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Für die Landesregierung ist nicht ersichtlich, ob der Aufsichtsratsvorsitzende der Koelncon-gress GmbH bei der Erstellung des Angebots oder dem Vertragsabschluss beteiligt gewesen war.
Im Rahmen der Vertragsverhandlungen hatte die zuständige Bezirksregierung Köln keinen Kontakt mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Koelncongress GmbH.