Nachfrage zur Kleinen Anfrage 3296 „Warum scheitern auch in NRW so viele Abschiebungen vor der Übergabe an die Bundespolizei?“

Kleine Anfrage
vom 20.03.2024

Kleine Anfrage 3541

der Abgeordneten Enxhi Seli-Zacharias AfD

Nachfrage zur Kleinen Anfrage 3296 „Warum scheitern auch in NRW so viele Abschiebungen vor der Übergabe an die Bundespolizei?“

Im Rahmen der Kleinen Anfrage 3296 fragten wir nach den Gründen für gescheiterte Abschiebungen vor der Übergabe an die Bundespolizei, sprich im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei bzw. der Ausländerbehörden.

Grundlage war dabei eine Anfrage an die Bundesregierung,1 aus der die entsprechenden Zahlen für alle 16 Bundesländer für das erste Halbjahr 2023 hervorgehen. Bei der Übersicht der Gründe für eine gescheiterte Abschiebung vor der Übergabe an die Bundespolizei gab es vier mögliche Gründe. Leider wurde bei dieser Aufstellung dann aber nicht nach Bundesländern differenziert.

Diese Zahlen waren offensichtlich nur ermittelbar, nachdem die Bundesländer sie im Detail zur Verfügung gestellt haben. Von daher ist es verwunderlich, dass sich die gescheiterten Rückführungen vor der Übergabe an die Bundespolizei also noch im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei bzw. der Ausländerbehörden durch die Landesregierung nicht näher aufschlüsseln ließen. Aus der Antwort geht nicht einmal der Zeitpunkt des Scheiterns (vor bzw. nach der Übergabe an die Bundespolizei) hervor.

Noch erstaunlicher erscheint diese Antwort, nachdem das BMI am 29. Februar auf Nachfrage der AfD-Bundestagsfraktion entsprechende Zahlen für das Gesamtjahr 2023 anbieten konnte.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Im Jahr 2023 scheiterten in NRW 194 Abschiebungen nach der Übergabe an die Bundespolizei und 4.147 Abschiebungen vor der Übergabe an die Bundespolizei, also noch im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei bzw. der Ausländerbehörden. Welche Gründe lagen in den aufgeführten 194 Fällen für ein Scheitern nach der Übergabe an die Bundespolizei vor? (Bitte differenziert nach den in der Bundestagsanfrage aufgeführten Gründen listen3)
  2. Aus welchen Gründen scheiterten im Jahr 2023 insgesamt 4.147 Abschiebungen aus NRW vor der Übergabe an die Bundepolizei , also noch im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei bzw. der Ausländerbehörden? (Bitte differenziert nach den in der Bundestagsanfrage aufgeführten Gründen listen4)
  3. Auf welche Herkunftsländer verteilen sich die gescheiterten Abschiebungen aus NRW im Jahr 2023 insgesamt?
  4. Auf welche Herkunftsländer verteilen sich die gescheiterten Abschiebungen aus NRW im Jahre 2023 bei einem Scheitern vor bzw. nach der Übergabe an die Bundespolizei?
  5. Wie lassen sich die Gründe „nicht erfolgte Zuführung“ bzw. „Stornierung des Ersuchens“ bei einem Scheitern der Abschiebung vor der Übergabe an die Bundespolizei näher aufschlüsseln?

Enxhi Seli-Zacharias

 

MMD18-8536

 

1 Vgl. Drucksache Deutscher Bundestag 20/8280; Frage 15

2 Vgl. Drucksache Deutscher Bundestag 20/10120; Frage 15

3 Ebd.

4 Ebd.


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3541 mit Schreiben vom 29. April 2024 namens der Landesregierung im Ein­vernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Im Jahr 2023 scheiterten in NRW 194 Abschiebungen nach der Übergabe an die Bundespolizei und 4.147 Abschiebungen vor der Übergabe an die Bundespolizei, also noch im Zuständigkeitsbereich der Landespolizei bzw. der Ausländerbehör­den. Welche Gründe lagen in den aufgeführten 194 Fällen für ein Scheitern nach der Übergabe an die Bundespolizei vor? (Bitte differenziert nach den in der Bun­destagsanfrage aufgeführten Gründen listen).
  2. Aus welchen Gründen scheiterten im Jahr 2023 insgesamt 4.147 Abschiebungen aus NRW vor der Übergabe an die Bundespolizei, also noch im Zuständigkeitsbe­reich der Landespolizei bzw. der Ausländerbehörden? (Bitte differenziert nach den in der Bundestagsanfrage aufgeführten Gründen listen).

Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Eine Statistik, die hinsichtlich des Zeitpunktes der Übergabe an die Bundespolizei differenziert, liegt der Landesregierung nicht vor.

Nach hier vorliegenden Erkenntnissen sind im Jahr 2023 3.967 Rückführungsflüge von Per­sonen in der Zuständigkeit nordrhein-westfälischer Ausländerbehörden gescheitert. Eine Sta­tistik zu der Gesamtzahl der gescheiterten Abschiebungen und Überstellungen, die auf dem Landweg vollzogen werden sollten, liegt der Landesregierung hier nicht vor.

Es wird darauf hingewiesen, dass diese Zahl sowohl Flugabschiebungen in die jeweiligen Her­kunftsländer als auch Überstellungen mittels Flug in das nach der Dublin-III-Verordnung für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige EU-Land enthalten.

Nach hier vorliegenden Erkenntnissen scheiterten die Rückführungsflüge vorranging aus den folgenden Gründen:

Stornierungsgrund Anzahl der stornierten Flüge
Person nicht anwesend 1.366
Person untergetaucht 511
Person nicht reisefähig 250
Kirchenasyl 231
Annahmeverweigerung durch den Zielstaat 221
Widerstand 178

 

Eine Aufschlüsselung, ob die jeweiligen Maßnahmen vor oder nach der Übergabe an die Bun­despolizei scheiterten, ist nicht möglich. Neben den in der Tabelle genannten Stornierungs­gründen sind in weiteren 220 Fällen die Personen freiwillig ausgereist.

  1. Auf welche Herkunftsländer verteilen sich die gescheiterten Abschiebungen aus NRW im Jahr 2023 insgesamt?
  2. Auf welche Herkunftsländer verteilen sich die gescheiterten Abschiebungen aus NRW im Jahre 2023 bei einem Scheitern vor bzw. nach der Übergabe an die Bun­despolizei?

Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Nach hier vorliegenden Erkenntnissen verteilen sich die gescheiterten Rückführungsflüge ins­besondere im Kontext von Dublin-Überstellungen auf die jeweiligen Staatsangehörigkeiten wie folgt:

 

Staatsangehörigkeit Anzahl der gescheiterten Rückführungsflüge
Syrien 922
Afghanistan 366
Irak 356
Türkei 230
Georgien 199
Nordmazedonien 171
Russische Föderation 160
Algerien 155
Albanien 145
Serbien 144
Guinea 106
Aserbaidschan 94
Iran 88
Armenien 79
Nigeria 76
Marokko 69
Bosnien und Herzegowina 49
Pakistan 45
Ghana 44
Kosovo 42
Burundi 40
Ägypten 39
Libanon 31
Ungeklärt 31
Angola 26
Bangladesch 25
Tadschikistan 23
Indien 21
Somalia 19
Mongolei 17
China 16
Sri Lanka 15
Montenegro 13
Usbekistan 12
Tunesien 12
Moldau 9
Mali 7
Turkmenistan 6
Jordanien 5
Senegal 5
Mauretanien 4
Rumänien 4
Staatenlos 4
Kamerun 3
Peru 3
Demokratische Republik Kongo 2
Jamaika 2
Spanien 2
Philippinen 2
Gambia 2
Kuba 2
Malawi 2
Südafrika 2
Venezuela 2
Argentinien 1
Burkina Faso 1
Äthiopien 1
Dänemark 1
Nepal 1
Bulgarien 1
Cote d´lvoire 1
Dschibuti 1
Republik Kongo 1
Litauen 1
Nambia 1
Sierra Leone 1
Togo 1
Uganda 1
Ungarn 1
Vietnam 1
Mexiko 1
Tansania 1
Vereinigte Staaten von Ame- rika 1
Gesamt 3.967

 

Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 2 verwiesen.

  1. Wie lassen sich die Gründe „nicht erfolgte Zuführung“ bzw. „Stornierung des Ersuchens“ bei einem Scheitern der Abschiebung vor der Übergabe an die Bundes­polizei näher aufschlüsseln?

Rückführungsmaßnahmen können bereits im Vorfeld als auch während der Maßnahme aus unterschiedlichen Gründen scheitern. Scheitert eine Rückführung bereits im Vorfeld einer Maßnahme, so wird der Flug bereits vor dem Rückführungstermin durch die zuständige Aus­länderbehörde storniert. Gründe hierfür sind etwa das Untertauchen der ausreisepflichtigen Person, gesundheitliche Probleme des Ausreisepflichtigen oder eine zwischenzeitlich erfolgte freiwillige Ausreise. Scheitert eine Rückführungsmaßnahme am Tag der

Rückführung, etwa durch das Nichtantreffen oder Widerstandhandlungen der betroffenen Per­son, so erfolgt dementsprechend keine Zuführung zur Bundespolizei, die Maßnahme wird ebenfalls storniert.

 

MMD18-9079